Welch ein Glück, wenn man Geburtstag hat und die größte Party-Location der Stadt sein Eigen nennt. Ideal zum Feiern mit Freunden. Und derer hat Karlheinz Spieß viele. Mit ihnen feiert der Vorsitzende der Winzergenossenschaft Schriesheim an diesem Mittwochabend denn auch auf seinem Hof seinen 60. Geburtstag.
Doch seine Hauptbeschäftigung ist natürlich nicht Party, sondern im Gegenteil: harte Arbeit in der Landwirtschaft. Seinen Betrieb im Rindweg leitet er in dritter Generation. Vater Heinrich musste ihn bereits in jungen Jahren übernehmen, weil wiederum dessen Vater im Krieg blieb. Bald war klar, dass Karlheinz als ältester Sohn den Hof fortführen würde. Er machte die nötige Ausbildung mit Meisterschule und Abschluss als Landwirtschaftsmeister.
Doch Spieß ist kein Chef, der nur ab und an nach dem Rechten guckt. Er packt mit an, steht im Sommer um 5 Uhr auf, um gegen halb sieben bei seinen Zwetschgen und Kirschen zu sein und dann, in der Mittagshitze, ausspannen zu können.
Danach geht es bis abends, zuweilen bis nachts, wenn die Weinberge gespritzt werden. Das alles ist richtig harte körperliche Arbeit. Trotzdem mag er sich nichts Anderes vorstellen: „Ich bin Landwirt mit Leib und Seele“, sagte er einmal: „Bürojob wäre für mich der Tod.“
Sein Hof ist daher mehr als Arbeitsplatz, er ist Heimat. Die Saisonkräfte, zumeist aus Polen, gehören zur Familie dazu. Abends sitzet man bei einem Bierchen zusammen.
Doch auch dieser Hof hat sich gewandelt. Schweinezucht und Tabakanbau, für den er in früheren Jahren viele Preise errungen hat, sind inzwischen aufgegeben, was auch seine guten Seiten hat: Im Winter Tabakblätter zu sortieren, das war hart.
Angebaut wird Mais für Biogas und natürlich Obst mit Schwerpunkt Zwetschgen und Kirschen. Dabei waren die letzten Jahre nicht einfach: Mal verregnet, mal zu heiß; mal zu geringe Ernte, mal Überangebot.
Ende der 1980er Jahre entschloss er sich zum Einstieg in den Weinbau, der immer wichtiger wird. Sein Sortiment sind vor allem Spät-, aber auch Grau- und Weißburgunder. Beim St. Laurent ist er einer von nur ganz wenigen hier, die ihn anbauen. Weiteres Standbein wurde die Duwag-Scheier, die sich, professionell gemanagt von seiner Lebensgefährtin Joana, zu einer beliebten Veranstaltungsstätte entwickelt hat.
Vom Weinbau ist es in Schriese ja nicht weit zur Genossenschaft: Seit fast 30 Jahren sitzt Spieß im Vorstand, davon 20 Jahre lang als Stellvertreter und nunmehr sechs Jahren als Chef. Als Friedrich Ewald den Vorsitz nach fast 40 Jahren abgab, war Spieß sein Wunschkandidat.
Das waren große Schuhe, in die er trat. Doch er hat es geschafft. Während ihm bei seiner ersten Rede zur Vorstellung der Weinhoheiten 2019 noch ein guter Freund hilfreich zur Seite stand, absolviert er heute seine Auftritte souverän und unaufgeregt.
Karlheinz Spieß arbeitet hart. Aber er feiert auch gerne, nicht zuletzt im „Kakadu“ in der Talstraße. Hier war denn auch der Ursprung eines Vereins, der heute zu den engagiertesten in Schriesheim gehört: der Baseballclub „Raubritter“.
Wie das vor sich ging, ist legendär. Donnerstags saßen Spieß und die Fußballer immer im ‘Kak‘. Irgendwie kam das Gespräch auf Baseball. Man traf sich auf dem Bolzplatz, schlug ein paar Bälle, fand Gefallen am Sport. Und wie es so ist: Flugs war ein Verein gegründet. Spieß wurde Vorsitzender und blieb es fünf Jahre, bis Michael Mittelstädt übernahm, der heutige Fraktionschef der CDU.
Apropos: Für die Union saß Spieß neun Jahre im Gemeinderat - mit zwiespältigem Fazit: „Langes Diskutieren ist nicht so meine Sache“, sagte er einmal: „Ich packe lieber an.“
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