Mannheim. Das Engagement der Anwohner und Gewerbetreibenden auf dem Waldhof hat sich gelohnt: Als bei der jüngsten Bezirksbeiratssitzung im Kulturhaus die neuen Pläne zur Speckwegsanierung vorgestellt werden, klatschen die zahlreichen Besucher erleichtert. Die meisten Parkplätze sollen bleiben.
„Unser Kompromiss sieht vor, dass wir nur die Fahrbahn sanieren, wir reißen alles raus, aber der Bordstein rechts und links bleibt“, stellt René Herb von der Planungsgesellschaft Durth Roos Consulting die aktuellen Pläne vor. Eine Sanierung der Gehwege ist nicht mehr vorgesehen: „Nur dort, wo es nötig ist, finden kleinere Arbeiten statt.“ Von derzeit 88 Parkplätzen gehen nun vier verloren. Bei der ersten Planung waren es noch 24 Stellflächen weniger – außerdem sollten 21 Plätze „ab vom Schuss“ vor Daimler platziert werden. Das Projekt wird zudem günstiger als die ursprünglichen 6,6 Millionen Euro: „Die Gesamtkosten liegen jetzt bei rund fünf Millionen Euro“, berichtet Herb.
Tempo 30 im Speckweg?
Die neuen Unterlagen sehen im Abschnitt West (Alte Frankfurter Straße) nach wie vor einen Kreisverkehr vor. Hier müssen sich Autofahrer künftig hinter den Radfahrern einordnen. Für die Bezirksbeirätinnen Pia Becker (Grüne) und Nadja Fakesch (SPD) eine Gefahrenstelle. „Außer Markierungen können wir aber nicht viel anbieten“, erklärt Herb. Ein gekennzeichneter Zwei-Wege-Radweg, den Markus Corcelli (Grüne) sich vor der Post gut vorstellen kann, ist wegen zu geringer Breiten nicht umsetzbar.
Hier müsse eine Mittelinsel entstehen, um zu verhindern, dass Autos den Bus überholen und andere Verkehrsteilnehmer übersehen, erklärt Herb. Stefan Fulst-Blei (SPD) schlägt vor der Post Poller vor: „Das haben wir uns tatsächlich überlegt, um ein Zuparken zu verhindern“, sagt der Planer.
Im Bereich Wetzlarer Winkel soll – wie am Speckwegkreisel – ein baulich getrennter Radweg den Radstreifen ablösen. Und im Guten Fortschritt, am Zugang zur Friedrich-Ebert-Schule, plant die Verwaltung eine zusätzliche Ampel.
Bezirksbeirat Thomas Steitz (ML) und Stadtrat Stefan Höß (SPD) freuen sich über die neuen Pläne. Für Chris Rihm (Grüne) sind sie „ein Kompromiss, mit dem man arbeiten kann“. Er bittet darum, zu prüfen, welche Möglichkeiten ein Lärmgutachten für eine Tempo-30-Zone im Speckweg geben könnte. Eine flächendeckende Anordnung ist laut Stadt allerdings derzeit nicht möglich und lediglich an Teilstellen wie derzeit vor St. Lioba machbar. Grundsätzlich befürwortet die Stadt aber Tempo 30 und ermittelt derzeit die Lärmbelästigung im Speckweg.
Was zuvor geschah
- Ende März 2022 hatten der städtische Ausschuss für Umwelt und Technik und der Betriebsausschuss Technische Betriebe (AUT) für eine Variante der Speckweg-Sanierung gestimmt, die den Radweg auf dem Gehweg vorsah.
- Der Käfertaler Beirat hatte sich zuvor tatsächlich für diese Pläne ausgesprochen, doch die Waldhöfer Räte beklagten in einer denkwürdigen Sitzung im Mai 2022, dass sie gegen diese Variante votiert hatten, weil damit mehr als die Hälfte der Parkplätze wegfallen würden. Bürger und Gewerbetreibende befürchteten ein Absterben des Einzelhandels, fühlten sich schlichtweg übergangen, hatten sie doch schon bei der Bürgerbeteiligung im Vorfeld auf die schwierige Parksituation aufmerksam gemacht.
- Zudem räumten im Laufe der emotionalen Sitzung auch einige Stadträte ein, dass sie anders gestimmt hätten, wenn ihnen der Verlust so vieler Parkplätze bewusst gewesen wäre. Die Verwaltung räumte schließlich ein, die Lage im Vorort unterschätzt zu haben.
- Die Waldhöfer legten sich nach der Sitzung ins Zeug: Mit Geschäftsleuten gründeten sie die Interessengemeinschaft Zukunft Speckweg (IG), sammelten in kürzester Zeit mehr als 1500 Unterschriften. Die Verwaltung stoppte schließlich ihre ursprünglichen Pläne.
Bürger Jens Röder bittet, bei der Sanierung den Ausbau der Fernwärmeleitungen zu prüfen. Sven Lehr vom städtischen Eigenbetrieb Stadtraumservice versichert, dass Träger aller Leitungen angeschrieben werden, um die Straße nicht zweimal hintereinander aufzureißen. Bis Ende 2023 will er Bürgern und Beiräten die Verkehrsführung vorstellen.
Einer Einbahnstraßen-Regelung in Seitenstraßen erteilt Sitzungsleiter und Erster Bürgermeister Christian Specht eine Absage: „Da gehen die Anwohner auf die Barrikaden, wir erzeugen Mehrverkehr durch Umfahrungen.“ Anwohner Jürgen Giehl weist auf das gefährliche Parken an den Einmündungen zum Speckweg hin. Hier verweist die Verwaltung darauf, dass sie derzeit stadtweit das Gehwegparken prüfe: Der Waldhof ist 2023 an der Reihe.
Jetzt für MM+ Abonnenten: Das E-Paper am Sonntag
Jetzt neu für MM+ Abonnenten: Lesen Sie kostenfrei unser E-Paper am Sonntag - mit allem Wichtigen aus Mannheim und der Region, dem aktuellen Sport vom Wochenende sowie interessanten Verbraucher-Tipps und Reportagen. Das Geschehen in Deutschland und der Welt ordnen unsere Korrespondenten für Sie ein.
Hier geht es zum E-Paper - ab dem frühen Sonntagmorgen für Sie verfügbar
Sie haben noch kein MM+ Abo? Dann sichern Sie sich den MM+ Kennenlernmonat
Für Käfertal erkundigt sich Bezirksbeirat Thomas Gögel (FDP) nach dem Zeitplan, hier tagt der Beirat nämlich erst nach dem AUT wieder öffentlich. „Wir stellen ihnen das Ganze schon bei der vorbereitenden Sitzung am 8. Februar vor, dass wir den Zeitplan einhalten können“, so Specht. In den Ausschuss würden zudem beide Beiräte zugeladen.
David gegen Goliath
Kritik kommt vom Mannheimer ADFC, der die Pläne als ein „Weiter so“ bezeichnet. Die IG Zukunft Speckweg äußert sich dagegen erleichtert: „Ein bisschen kam es mir vor wie David gegen Goliath“, sagt Sprecher Ralph Kaiser. „Unser Engagement hat sich gelohnt.“ Dennoch habe der Einsatz „sehr viel Kraft und Zeit“ gekostet. Auch Specht zeigt sich dankbar: „Es war die Mühe des Aufwands wert, den Prozess anzuhalten.“
Die Sanierung des Areals zwischen der Alten Frankfurter Straße (Waldhof) und der Sibylla-Merian-Straße (Käfertal) sollte ursprünglich im Frühjahr beginnen. Nun erstellt die Verwaltung eine Beschlussvorlage für die AUT-Sitzung am 16. März. Dort kann der alte Beschluss dann aufgehoben werden, die Arbeiten könnten im Frühjahr 2024 starten.
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Erfolgreicher Protest - Waldhöfer können sich auf die Schulter klopfen