Rheinau

Was Kinder in ihrem Stadtteil Mannheim-Rheinau verbessern wollen

Von 
Katja Geiler
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Die jungen Teilnehmerinnen führen Erwachsene beim Jane-Jacobs-Walk durch die Nachbarschaft und machen auf gute und schlechte Orte aufmerksam. © Geiler

Mannheim. An welchen Orten auf der Rheinau gibt es etwas zu verbessern, was läuft schon gut? Mit diesen Fragen und Antworten im Gepäck sind am Wochenende junge Mädchen gemeinsam mit dem Quartiermanagement durchs Viertel gezogen. Das ist die Idee hinter dem Jane-Jacobs-Walk, zu Deutsch: Nachbarschaftsspaziergang. Die gibt es bereits seit 2007, der erste fand in der kanadischen Stadt Toronto statt. Sie werden weltweit in etwa 200 Städten am ersten Maiwochenende durchgeführt.

Eine wichtige Bedeutung hat dabei die Sicht der Fußgänger. Ein funktionierendes Stadtviertel könne nicht nur aus der Perspektive von wenigen Experten geschaffen werden, sondern müsse von seinen Einwohnern mitgeprägt werden, heißt es. Autozentrierte Stadtkonzepte lehnen sie ab. Der jetzige Jane’s Walk, der im Rahmen des Projekts „Observe“ stattfand, hatte zehn Stationen, die die Mädchen vorher mit Alice van Scoter und Christiane Rudic vom Quartiermanagement abgegangen waren.

Bei jeder Station kamen leere Getränkekästen als Rednerpodest zum Einsatz. Start war der TV Rheinau, bei dem einige der Mädchen Mitglied sind. Hinter dem Gebäude führt ein Weg in den Wald, bei dem die Vortragenden Emily und Helene kritisierten, dass er oft mit Dornen zugewachsen war. Positiv bewerteten sie, dass sich der Wald für viele Aktivitäten eignet - im Winter gibt es sogar einen Hügel zum Schlittenfahren - und die Heimat für viele Tiere ist. „Es ist spannend, den Ort durch andere Augen kennenzulernen“, sagte Tobias Vahlpahl, Leiter des Quartiermanagement.

Vom „Horror Haus“ bis grüne Oase

In der Zwischenstraße, einer Arbeitersiedlung der Firma Goldschmidt, erbaut um 1900, hatten sie in Erfahrung gebracht, dass ein Haus nach dem Krieg von Amerikanern belegt war, über ein weiteres erfuhren sie vom Besitzer, dass hier früher ein Laden war. Spannend daran war, dass keiner der Erwachsenen sich an das Geschäft erinnern konnte, es muss also sehr lange her gewesen sein.

Am Haus konnte man die Veränderungen noch erkennen. Weniger historisch war der Vortrag beim Kiosk auf der Relaisstraße. Hier kritisierten die Mädchen, dass zu bestimmten Zeiten Leute, die Alkohol gekauft hatten, davorstanden und tranken und an einem Fenster in der Nähe ein Hund durch die Scheibe kläffte - Grund genug, öfter einen Bogen zu machen. „Es ist beeindruckend, wie die Mädchen ihren Stadtteil präsentieren. Das ist genau richtig für das Selbstbewusstsein und schafft Identität mit dem Stadtteil“, so Elke Zimmer (Grüne), die den Mannheimer Süden im Landtag vertritt.

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Über den rundum erneuerten Marktplatz gibt es viel Gutes zu berichten: Weihnachtsbaum, Pizzeria, Metzgerei und die Möglichkeit zum Rollerfahren. Allerdings gibt es wenig Schatten, und die Jugendlichen sitzen auf den Bänken und rauchen. Weiter führte der Weg zur Rheinau-Grundschule, die die Mädchen besuchen. Bei der Schule war der größte Kritikpunkt der sich hinziehende Umbau der Toiletten, die durch Container im Hof vorübergehend ersetzt werden. Diese Ersatz-Klos seien ziemlich verschmutzt.

Unterführung unter Riedbahn ist Angstraum

Der Weg führte weiter durch die Karlsruher Straße, bei der es zu kritisieren gab, dass Hundebesitzer den Kot der Vierbeiner mitten auf dem Gehweg liegen lassen. Ein historisches Schmankerl hatten die Mädchen in einem Hinterhof entdeckt, ein Schild, das an der Wand eines ehemaligen Handwerksbetriebs angebracht war: „Rühr dich, deutscher Mann und merk’ Handwerk heisst: Die Hand ans Werk!“

Ein Angstraum ist die Unterführung, die unter der Riedbahn und der Rhenania-Straße hindurchführt, abenteuerlich ist der Zugang zum Hafen. Hier haben die Mädchen einem unheimlich wirkenden Haus mit zerrissenen Fliegengittern am Fenster den Namen „Horror-Haus“ gegeben. „In dem Haus ist noch eine Firma mit drin. Wir haben einfach dort geklingelt und gefragt, was hier passiert ist. Es hat gebrannt“, so eine Teilnehmerin.

Den Abschluss machte der Stengelhofweiher, eine grüne Oase in der Nähe des Karlsplatzes. Hier ging 30 Jahre lang das Gerücht herum, dass ein Mädchen und ein Junge ertrunken seien, auf Kinder wirkte die Geschichte angsteinflößend. Die Mädchen beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Sie riefen bei der Polizei an und fragten nach: Die Geschichte stimmte nicht.

Freie Autorin Ich schreibe für alle Mannheimer Stadtteile und für Viernheim

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