Mannheim. Immerhin beim Namen attestiert Christiane Säubert eine gewisse Besserung. Nach sieben Jahren Debatte darüber spreche die Stadt jetzt wenigstens nicht mehr „beschönigend“ von einem neuen zentralen Grünhof auf Spinelli, sondern endlich ehrlicherweise von einem Betriebshof, lobt die Feudenheimer Bezirksbeiratssprecherin der Mannheimer Liste (ML).
Wie so oft im Leben liegt die Wahrheit indes in der Mitte. In den Einladungen der Stadt für den Spatenstich, der nächsten Mittwoch um 13 Uhr in der Talstraße erfolgen soll, ist von einem „Grünen Betriebshof“ die Rede. Und die zehnseitige Präsentation, die dazu in der jüngsten Sitzung des Feudenheimer Bezirksbeirats gezeigt wurde, ist mit „Betriebshof Grün“ überschrieben. Nun muss sich die Verwaltung nur noch intern auf die richtige Reihenfolge einigen. Also frei nach Monty Pythons „Leben des Brian“ quasi, ob es „Volksfront von Judäa“ oder „judäische Volksfront“ heißen soll.
Kritik am Standort des Betriebshofs auf Spinelli
Die Fronten im Feudenheimer Bezirksbeirat jedenfalls sind klar. Nicht nur Säubert sieht noch „ganz, ganz viele Fragen“, die problematisch seien. Solche stellen auch ihre CDU-Kolleginnen Heidrun Back und Elvira Will sowie Nicole Roeseler von der FDP. Diese Parteien hatten wie ML und AfD im Gemeinderat gegen das Projekt gestimmt, sich gegen die damalige rot-grün-rote Mehrheit allerdings nicht durchsetzen können. Auch Christine Schaefer von der Bürgerinitiative Grünzug Natur Klima befindet abermals: Der Standort auf Spinelli sei „sehr ungeeignet“.
Dagegen erläutert Klaus Bernd Schwennen vom Stadtraumservice ein weiteres Mal, warum die Verwaltung anderer Auffassung ist. Er zeigt eine Karte aller Grünflächen im Stadtgebiet. Da liegt die Feudenheimer Talstraße genau in der Mitte.
In dem Vorort wird vor allem eine erhebliche Verkehrs- und Lärmbelastung befürchtet, die der Betriebshof mit sich bringen könnte. Zu dessen Fahrzeugflotte zählen laut Schwennen unter anderem 20 Lkw, 46 Transporter, neun Schlepper und Traktoren sowie drei Großrasenmäher. Er versichert zwar, nach und nach sollten möglichst alle auf Elektro-Antrieb umgestellt werden. Doch Back bezweifelt, ob das bei der städtischen Finanzlage so schnell geht. Die CDU-Bezirksbeiratssprecherin fragt auch, ob bei so vielen E-Fahrzeugen auf engem Raum - einige hat der Betriebshof bereits - eine erhöhte Brandgefahr bestehe.
Oberbürgermeister Specht zählt zu Befürwortern des Betriebshofs
Dazu meint Schwennen: „Die GBG hat sicher ein Interesse daran, dass das Gebäude möglichst lange steht, statt abzubrennen.“ Die Tochtergesellschaft wird den Bau übernehmen und nach der für Anfang 2027 geplanten Fertigstellung der Stadt vermieten. Somit übernimmt sie zunächst die mittlerweile auf fast 70 Millionen Euro geschätzten Kosten. Anfangs waren es 48 Millionen.
Auch daran erinnern die Kritikerinnen im Bezirksbeirat. Wortmeldungen von Befürwortern des Projekts - zu denen bei der finalen Abstimmung im Gemeinderat vor einem Jahr immerhin auch CDU-Oberbürgermeister Christian Specht zählte - äußern sich nicht.
Zwischendurch wird die Diskussion eher kleinteilig, als es etwa um die Ausstattung des Mittagspausenraums und mutmaßliche Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten der rund 200 Betriebshof-Beschäftigten hat. Befürchtet werden Staus aber vor allem am Morgen. Schon heute herrsche am Aubuckel gegen 7.30 Uhr ein „Verkehrschaos“, so CDU-Stadtrat Jürgen Dörr.
Positive Bilanz fürs „Testival“, aber wirtschaftliche Bedenken
Nach rund einstündiger, mutmaßlich für alle in der Feudenheimer Kulturhalle wenig befriedigender Debatte geht es um das zweite große Thema auf der Tagesordnung, das „Testival“ auf Spinelli. Nachtbürgermeister Robert Gaa zieht eine unterm Strich sehr positive Bilanz. Beim vielfältigen Programm sei „für alle was dabei“ gewesen. Zu den sieben Veranstaltungstagen - acht hätten es sein sollen, aber ein Kurzfilmfestival fiel dem Wetter zum Opfer - seien insgesamt rund 2000 Menschen gekommen. Lärm-Grenzwerte habe man „zu keinem Zeitpunkt“ überschritten, auch hätten sich nur wenige Anwohner beschwert.
Problematisch sind jedoch die Finanzen. Das Geld reichte laut Gaa nur „gerade so“, weil das Kulturamt das Festival mit 47 000 Euro bezuschusst und die Mannheimer Runde sowie die Bürgerstiftung je 10 000 gespendet hätten. Einmalige Events in der U-Halle dagegen seien „wirtschaftlich nicht darstellbar“. Auch für mehrtätige müsse man erst die nötige Infrastruktur - insbesondere Strom- und Wasserleitungen - schaffen. Nach grober Schätzung würde das 100 000 bis 150 000 Euro kosten, so der Nachtbürgermeister.
Im Bezirksbeirat wird das „Testival“ parteiübergreifend gelobt. SPD-Sprecher Klaus Glas schwärmt: „Kultur können wir gar nicht genug haben.“ Allerdings werden auch viele Zweifel laut, ob die Stadt bei ihren massiven Haushaltsnöten zu den benötigten Investitionen in die U-Halle imstande ist. Back regt an, an jenen Ort „den man sicher und beleuchtet erreichen kann“, auch andere Veranstaltungen zu holen.
Das hält Gaa ebenfalls für möglich. Außer dem Maimarktgelände existierten in Mannheim etwa keine Flächen, die für Open-Air-Konzerte in Frage kämen. Und Bürgermeister Dirk Grunert gibt als Sitzungsleiter zu bedenken, dass eine Investition von 100 000 Euro für eine Stadt wie diese trotz aller Probleme nicht völlig unerschwinglich ist.
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