Einzelhandel

Nach Lufticus-Aus: Keine Postfiliale mehr im Zentrum der Neckarstadt-Ost

Die Neckarstadt-Ost in Mannheim verliert ihre Postfilialen: Nach der Schließung der Postbank-Filiale gibt auch Lufticus auf. Die Einnahmen decken die Kosten nicht.

Von 
Roland Schmellenkamp
Lesedauer: 

Mannheim. In der zentralen Neckarstadt-Ost gibt es keine Postfiliale mehr: Nachdem die in der Langen Rötterstraße vor einigen Monaten geschlossen wurde, hat Ende April auch der privat geführte Laden Lufticus einige Meter weiter überraschend zugemacht. Dort wurde wie in der Postfiliale der gesamte Service angeboten. Nun gibt es im Stadtteil nur noch in der Nebeniusstraße einen Kiosk, der DHL-Dienstleistungen anbietet.

Ein Sprecher der DHL Group sagt zur Versorgung: „Die Vertriebsleitung arbeitet mit Hochdruck an einer Lösung. Anwohnern empfehlen wir unsere Postfilialen in der Riedfelderstraße 35, Kiosk Buwekipp, und Mittelstraße 37, Paradies Kiosk.“ Die geschlossene „Post“ war übrigens eine Filiale der Postbank, die wiederum seit zehn Jahren zur Deutschen Bank gehört und nicht mehr zu DHL.

Bei Lufticus sind noch die Regale voll mit Schreibbedarf, Geschenkartikeln und mehr. „Ende April ist mein Vertrag abgelaufen. Dreimal habe ich versucht, einen Termin auszumachen, um neue Konditionen zu verhandeln. Aber niemand hat sich dafür Zeit genommen“, erklärt Mariola Gebhardt, die das Geschäft fünf Jahre betrieben hatte.

Problem: Zu großer Andrang seit Schließung der Postbank-Filiale

Die Konditionen seien vertraulich, darüber dürfe sie nicht sprechen. Aber: „Zum Schluss haben die Einnahmen nicht gereicht, um die laufenden Kosten zu decken.“ Wer dort Kunde war, dürfte sich wundern: Manchmal war die Warteschlange so lang, dass Leute auf dem Gehweg standen. Der Andrang ist vor allem nach der Schließung der Postbank-Filiale größer geworden.

Doch genau das, so Gebhardt, war für ihr Geschäft ein Problem: „Kunden, die Lotto spielen oder Schreibwaren kaufen wollten, haben das nicht mehr gemacht, weil sie zu lange warten mussten.“ Personal hätte sie gern eingestellt, doch dazu hätte DHL die Konditionen ändern müssen. Die aktuellen hätten gerade die Kosten gedeckt. Sie selbst habe bis zu 260 Stunden im Monat gearbeitet.

Wie DHL seine Dienstleister bezahlt, verrät der Konzern nicht. Nur so viel: Es gibt einen Festbetrag und eine Pauschale. Der Sprecher: „Klar ist aber auch, dass das Postgeschäft finanziell nicht das Gesamtgeschäft des Einzelhändlers allein ‚tragen‘ kann. Die Bezahlung ist so, dass sie dem Aufwand des Einzelhändlers für das Brief- und Paketgeschäft gerecht wird – nicht mehr, aber auch nicht weniger.“ Es wird also lediglich der „Aufwand“ bezahlt, selbst DHL rechnet nicht damit, dass ein Dienstleister vom Postgeschäft leben kann. Der Sprecher weiter: „So erzielt der Einzelhändler – als Ergänzung zu seinem eigentlichen Geschäft – zusätzliche Einnahmen, sichert seinen Standort und bekommt zusätzliche Kunden in sein Geschäft.“ Doch bei Lufticus ist laut Mariola Gebhardt das Gegenteil geschehen – weniger Kunden und Umsatz fürs Geschäft außerhalb des Postbereichs.

Geschäft lohnt sich offenbar nicht immer für die Filialbetreiber

Das „Filialgeschäft ist volatil und sehr dynamisch“ erklärt der Sprecher – was man übersetzen kann mit: Viele Geschäftsinhaber fangen als Post-Dienstleister an, hören jedoch auch wieder auf. Der wichtigste Grund dürfte die Bezahlung sein. Zwar verrät der Konzern die Konditionen nicht, aber beispielsweise bei Paketen hängt es von der Größe und davon ab, ob sie bereits frankiert abgegeben werden oder dies im Laden geschieht. Laut einer Recherche des NDR vom vergangenen Jahr sind es für frankierte Pakete 20 Cent, für unfrankierte und Retouren 40 Cent, die DHL zahlt.

Dass es bei DHL auch an anderen Stellen hakt, wurde beim Gesprächstermin bei Lufticus am 12. Mai deutlich: An diesem Tag hat DHL die dort mit Monatsende gelagerten Pakete abgeholt – laut Mariola Gebhardt war es bereits der fünfte Termin, den sie mit dem Konzern ausgemacht hatte, bei den vieren zuvor sei niemand erschienen. Dass die Pakete fast zwei Wochen dort standen, habe viele Kunden erbost: „Bei uns klebten Zettel an der Scheibe, darauf standen Mitteilungen mit dem Tenor, wir hätten die Pakete unterschlagen!“ Dass das so gelaufen ist, tut ihr leid, und auch, dass die Leute nun keinen Post-Dienstleister zentral in der Neckarstadt-Ost haben.

Mehr zum Thema

Einzelhandel

Warum Tegut in Mannheim schon wieder schließt

Veröffentlicht
Von
Christian Schall
Mehr erfahren
Mannheim und Umgebung

In RNV-Bussen keine Barzahlung mehr möglich

Veröffentlicht
Von
Steffen Mack
Mehr erfahren
Ratgeber Geld

Für wen sich ein kostenloses Girokonto lohnt – und für wen nicht

Veröffentlicht
Von
Sabine Rößing
Mehr erfahren

In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Anzahl der Verkaufsstellen und Paketannahmepunkte von DHL laut dem Konzern mehr als verdoppelt. Bundesweit betreibt das Unternehmen aktuell rund 12.700 Partner-Filialen (gesetzlich gefordert sind 12.000 Filialen), circa 10.100 DHL-Paketshops (Annahme von Paketen, Päckchen und Retouren sowie Verkauf von Marken), rund 1.600 Verkaufspunkte (Verkauf von Marken für Briefe, Einschreiben, Päckchen und Pakete), rund 14.600 Packstationen und mehr als 900 Poststationen (Kauf von Brief- und Paketmarken, Versand von Briefen und Paketen).

In Baden-Württemberg ist die Zahl der Partnerfilialen von 1553 im Jahr 2009 auf 1766 im Jahr 2024 gestiegen. Die Zahl der Paketshops von 0 auf 1023. Gesunken ist die Anzahl der Postbank-Filialen, die auch Postdienstleistungen anbieten: von 92 auf 56.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke