Kerwe

Feudenheimer-Kerwe-Aufregung: Schlumbel doppelt entführt

Das größte Stadtteilfest in Mannheim, das zweitgrößte Fest überhaupt nach dem Stadtfest ist die Feudenheimer Kerwe. Das war das Besondere in diesem Jahr.

Von 
Peter W. Ragge
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Entführung beendet: v. l. Diana Nicolaus, Christina Nicolaus-Bauer und die „Teutonies“ haben die Kerweschlumbel an Kerwebürgermeisterin Irmi Benz und ihren Hofstaat zurückgegeben. © Markus Proßwitz | masterpress

Feudenheim. Was für eine Aufregung! Denn aus dem geplanten Spaß ist plötzlich ernst geworden bei der traditionellen Entführung der Kerwe-Schlumbel. Dass die am Rathaus hängende Puppe, das Symbol der Feudenheimer Großveranstaltung, irgendwann mal abgehängt wird - das ist üblich. „Meist von jungen Männern, manchmal auch von älteren Herren“, wie Kerwebürgermeisterin Irmi Benz schon bei der Eröffnung des Fests etwas spöttisch bemerkt. Aber als diesmal ganz junge Entführer zu Werke gehen wollen, ist die Puppe weg - und die Aufregung groß.

„Klein, aber genial“ seien sie, so die Entführer. Mit aus Zeitungen ausgeschnittenen Buchstaben hatten die Mitglieder vom „Teutonia“-Kinderchor „Teutonies“ eigens einen „Erpresserbrief“ hergestellt, ihn an vielen Stellen in der Hauptstraße aufgehängt. Sie wollen nicht, wie frühere Entführer, einen Kasten Bier. „Uns fehlt Bares für ein Jugendmaskottchen. Wie viel ist sie euch wert?“, so ihre Frage an den Kerweverein. Aber als sie die Puppe abhängen wollen, ist sie bereits weg - „entführt“ von jungen Männern der DJK Feudenheim, wie sich herausstellt.

Ein Prost auf die Kerwe: vl. Boris Weirauch, Christian Sandner, Karsten Schüssler, Olita Steger, Irmi Benz und Kerstin Bäumer-Ampersberger. © Elvira Jakobi

„Die Kinder waren super traurig“, so Diana Nicolaus, Jugendwartin der „Teutonia“: „Sie haben das so lange geplant, und dann kommen ihnen hemmungslose Entführer zuvor!“ Aber dann schaltet sich „Badenia“-Vorsitzender Tobias Günther als Vermittler ein. Die DJK-Fußballer überlassen die Puppe den „Teutonia“-Kindern. „Bei uns ging es ihr gut. Nach einem Schorle beim Lallehaag und einer Pause im Ochsen gab es für sie einen kleinen Wellness-Aufenthalt mit Gurkenmaske“, so Christina Nicolaus-Bauer, ebenfalls „Teutonia“-Jugendwartin. „Ich glaube, sie hat sich wohlgefühlt bei Euch“, ist Irmi Benz dann sicher und nimmt mit der Kerwevereins-Vorsitzenden Kerstin Bäumer-Ampersberger die Puppe gegen eine Spende von 100 Euro an die „Teutonies“ wieder entgegen - und das Fest kann weitergehen.

Umzug erstmals mit eigener Musik

Eröffnet wird es wie immer durch einen Umzug durch die Feudenheimer Hauptstraße, für den die Karlsternhexen trommelnd den Weg freimachen. Ob Landfrauen, „Lallehaag“, Freiwillige Feuerwehr, Feudenheimer Frauenfasnacht oder „Teutonia“, viele Vereine geben Kerwebürgermeisterin Irmi Benz und der Kerweschlumbel das Geleit. Tim Heckmann und Fabian Hettinger ziehen nicht nur den Wagen mit der Schlumbel. Weil Tim Heckmann einen tragbaren Lautsprecher schultert, hat der Umzug erstmals eigene Musik.

Enorm viel los war auf der Haupstraße vor Bühnen und an den Ständen der Geschäftsleute, Vereine und Schausteller. © Markus Proßwitz | masterpress

Dann eröffnet Irmi Benz „das größte Stadtteilfest Mannheims im allerschönsten Vorort von Mannheim“, wie sie stolz und unter Beifall zahlreicher Gäste sagt. „Wir sind stolz, dass wir das größte Stadtteilfest in Mannheim sind und haben alles gegeben, eine so große, schöne Festmeile zu haben“, sagt Kerstin Bäumer-Ampersberger, die Vorsitzende des Kerwevereins, zur Eröffnung. Diesmal sei die Auswahl bei der komplett ehrenamtlich organisierten Veranstaltung noch größer, „so groß wie nie“, betont sie.

Dazu gratuliert Olita Steger, die Bezirks-Bürgerserviceleiterin der Stadtverwaltung. Seit etwas mehr als einem Jahr sei sie jetzt im Amt, so Steger. „Und ich habe von Anfang an gespürt, Feudenheim ist mehr als ein Stadtteil. Es ist ein Ort mit Herz, mit lebendiger Tradition, mit starkem Vereinsleben und vor allem Menschen, die zusammenhalten und füreinander da sind“, so Steger. Dafür sei die Kerwe das beste Beispiel. Diesem Lob schließt sich die Kerwebürgermeisterin an, ehe sie mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Boris Weirauch das Fest offiziell eröffnet. „Geht nicht fort, kauft vor Ort!“, ruft der Abgeordnete die Gäste auf, den örtlichen Handel zu unterstützen.

Geddränge auch abends auf der Hauptstraße bei der Feudenheimer Kerwe. © Markus Proßwitz | masterpress

Damit unterstreicht er, was Irmi Benz sagt. „Wir haben das Privileg einer sehr lebendigen Hauptstraße, um das uns viele andere Vororte beneiden“, doch sollten die Feudenheimer alles tun, dass es so bleibt. Wieder nutzt Benz die Eröffnung der Kerwe, mit teils herrlicher, mal auch bitterbös-treffender Ironie die Kommunalpolitik auf die Schippe zu nehmen, von dem nicht beleuchteten Weg zum Skaterpark über den in einem Feldweg endenden Radschnellweg auf der Spessartstraße bis überfälligen Baumpflanzungen oder ewigen Baustellen. Dafür bekommt die RNV Lob, dass sie die Arbeiten am Aubuckel pünktlich abgeschlossen hat: „Die Projektleterin war ja auch eine Frau aus Feudenheim“, so Benz. Sie wirkt auch beim Ökumenischen Kerwegottesdienst mit, bei dem Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche sowie der Liebenzeller Gemeinde in der Johanneskirche die Bedeutung der Kerwe für den Zusammenhalt der Menschen betonen - flott begleitet von der Band der Liebenzeller Gemeinde.

Kerweverein zu „100 Prozent zufrieden“

Ein Dutzend Bands sind es, die das ganze Wochenende über auf den drei Bühnen auftreten. Und stets bildet sich darum ein dichter Pulk von Zuhörern. Besondere Akzente aus dem Stadtteil setzen etwa die „Lallehaag“-Garde oder der Harmoika-Club. Nicht fehlen darf aber auch das Nationaltheater, das - heiter moderiert von Bloomaul Joachim Goltz - mit fünf Opernsolisten sowie drei Mitgliedern des Performance-Studios aufwartet und auf große Resonanz stößt.

Joachim Goltz mit Tänzerinnen des Performance-Studios vom Nationaltheater auf der Bühne bei der Kerwe. © Markus Proßwitz | masterpress

Zum Finale kommt schließlich der Star Gringo Mayer nach Feudenheim, ermöglicht durch Metzgermeister Horst Trautmann. „Servus, liewe Leit“, grüßt er im Dialekt, und gleich seinen ersten Song singt das Publikum mit. „Jetzt bin ich schon drei Mol hier, und immer noch uffgeregt wie ein kleiner Bub“, sagt er. „aber wenn ich gehe, bin ich ein Riese“, dankt er den Feudenheimern für den enormen Beifall. „Super“ sei alles gelaufen, schaut da Christian Sandner, zweiter Vorsitzender des Kerwevereins und Bühnenmanager, zufrieden. „100 Prozent zufrieden“ äußert sich Kerstin Bäumer-Ampersberger. „Es war echt viel los, alle hatten zu tun, alle haben gut verkauft!“, freut sie sich.

Redaktion Chefreporter

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