Die Drogerie sieht aus, als wäre sie schon immer hier gewesen. Mit dem Schaufenster, aus dem eine Großmutter auf die Passanten schaut, den Besen in der einen, eine Saugglocke in der anderen Hand. Um sie herum jede Menge Putzmittel und Bürsten, unter ihr die zurückhaltend-freundliche Aufschrift: "stets im Dienste des Kunden". Auch innen sieht es so aus, als hätte sich seit der Eröffnung nicht viel getan. Die dunklen Buchenholzregale sind vollgestellt bis unter die Decke, rechts reihen sich sorgfältig beschriftete Standgefäße aneinander. Zwischen all den Flaschen und Tuben, Dosen und Schachteln steht Inhaber Frank Didwißus und begrüßt seine Kunden in Hemd und Weste, mit Fliege, Schürze und einem freundlichen Lächeln.
Dabei gibt es die Raben-Drogerie in der Traitteurstraße in der Schwetzingerstadt noch gar nicht so lange. Angefangen hat ihre Geschichte 1955 in Dannstadt, als Dannstadt-Drogerie, die Didwißus 1990 nach seiner Ausbildung übernahm. Da viele Kunden aus Mannheim kamen und er immer mehr Waren in der Stadt auslieferte, eröffnete er zehn Jahre später eine Filiale in der Seckenheimer Straße. Das Geschäft in der Stadt lief so gut, dass er die Drogerie in Dannstadt schloss. 2011 zog er in die Traitteurstraße. "Es läuft sogar besser als vorher in der Seckenheimer Straße", sagt Didwißus. "Ich habe viel Laufkundschaft, vorne ist gleich die Haltestelle, nebenan die Metzgerei Bäurle und direkt vor der Tür gibt es Parkplätze."
Denn die Kundschaft kommt aus der ganzen Region. Ein älterer Herr betritt den Laden und bestellt 50 Milliliter Lavendelöl. Während Didwißus das Öl abfüllt, fragt der Mann, der sich als Herr Lutz vorstellt, nach "diesem Erkältungsöl". Didwißus nickt, verschwindet kurz in seinem Lager und kommt mit einem kleinen Fläschchen wieder. "Zum Einatmen", erklärt Herr Lutz. "Bevor der Schnupfen so richtig kommt." Der Rheinauer kommt regelmäßig in die Raben-Drogerie. "Das ist der einzige Laden, wo's die Sachen noch gibt - das bekommt man ja sonst nirgends mehr", sagt er. "Und hier gibt es eine solche Vielzahl und immer genau die Menge, die man braucht." Didwißus lächelt, nickt zufrieden und reicht Herrn Lutz die Öle über die Theke. "Es geht so viel Vielfalt und Wissen verloren", erzählt der Drogist. Er liebt seinen Beruf - genau so wie er ihn in den 1980er Jahren noch erlernt hat. "Fragen Sie doch mal in einem Drogeriemarkt danach, wie ein bestimmtes Waschmittel zusammengesetzt ist", sagt er.
Kosmetik selbst herstellen
"Die Angestellten werden Ihnen sagen, dass Sie halt die Rückseite lesen sollen. Ich kann Ihnen die Inhaltsstoffe genau erklären." Mittlerweile, stellt der 55-Jährige fest, gebe es jedoch bei immer mehr Menschen eine Rückbesinnung. Sie setzen sich mit den Inhaltsstoffen auseinander und achten mehr auf natürliche Zutaten. "Seit einigen Jahren kommen zum Beispiel öfter Frauen zu mir, die ihre Kosmetik selbst herstellen wollen." Er steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite, gibt Buchtipps und verbessert auch mal die Rezepte. Inzwischen, erzählt Didwißus, gehören auch Pferde zu seinen Kunden. Er deutet auf eine Dose mit der Aufschrift "Pferdelippenbalsam". "Das wird tatsächlich gekauft!"
"15 Jahre mindestens", will Didwißus noch in seinem Laden hinter der Theke stehen. Dann würde er gerne einen Nachfolger ausbilden. Er hätte auch schon früher einen Lehrling angestellt. "Aber es bringt ja nichts, jemanden hier auszubilden und später steht er dann in einem Drogeriemarkt und verkauft nur." Doch er freut sich darauf, sein Wissen an eine neue Generation weiterzugeben und dafür zu sorgen, dass sein Beruf weiterlebt. "Der Bedarf ist ja nach wie vor da." Kunden mit speziellen Wünschen und Problemen, die nicht im Sortiment eines Drogeriemarktes vorgesehen sind, werde es immer geben.
H.P. Jöst, ein Stammkunde, betritt den Laden und bestellt 50 Gramm Salbei. "Da freuen sich die Nasennebenhöhlen", sagt er. Er wohnt in der Schwetzingerstadt und kommt oft vorbei und holt sich hier Heilkräuter oder -wurzeln. Für ihn ist es also tatsächlich sein Laden um die Ecke? "Nein", korrigiert er gleich. "Es sind vier Ecken!"
Raben-Drogerie
- Adresse: Raben-Drogerie, Traitteurstr. 56, Telefon: 0621/4014845, E-Mail: raben-drogerie@arcor.de
- Inhaber: Frank Didwißus
- Angebot: Heilkräuter, ätherische Öle, Gewürze, Teemischungen, Fein- und Grobchemikalien und mehr.
- Öffnungszeiten: Mo. bis Sa., 9 bis 12.30 Uhr, Mo., Di., Do. und Fr., 15 bis 18.30 Uhr.
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