Rheinau. Am Vormittag versammelte sich eine bunte Truppe, um dem Dossenwald im Stadtteil Rheinau etwas Gutes zu tun: Mitarbeitende des Forstamts, interessierte Waldbesucher, Familien und Bundeswehr-Reservisten rüsteten sich mit Zangen und Mülltüten aus, um Müll aus dem beliebten Erholungsgebiet zu entfernen. „Ich finde es toll, dass sich so viele unterschiedliche Leute hier einbringen“, meinte Annette Schlez, die eine der sechs Sammelgruppen anleitete.
Zigaretten, Sekt und Autoreifen
Besonders häufig wurden Zigarettenstummel und kleine Picollo-Sektflaschen gefunden. Die Giftstoffe in den Zigarettenstummeln sind in dem Wasserschutzgebiet Dossenwald besonders problematisch. „Der Dossenwald ist eine von zwei großen Wasserquellen in Mannheim. Der Waldboden hat dabei eine wichtige Filterfunktion für späteres Trinkwasser“, berichtet Förster Norbert Krotz.
Außerdem hat er das Gefühl, dass das Problem von Sondermüll im Wald zunimmt - zuletzt hat ein Betrieb 30 alte Reifen abgeladen. Manchmal gibt das Forstamt bei solchen Aktionen eine Strafanzeige auf, denn Müll im Wald zu entsorgen ist verboten und wird immer wieder als bequeme und kostenlose Variante zum Recyclinghof benutzt. Für haushaltsübliche Mengen sind auch Recyclinghöfe in der Regel kostenlos.
Im Wohnzimmer von Hase und Igel zu Gast
Im Dossenwald gibt es einen Grillplatz und einen Hubschrauberlandeplatz, die gerne für Partys genutzt werden. Manche Gruppen sammeln ihren Müll zumindest in großen Säcken, andere lassen ihn auf dem Boden verstreut liegen. Annette Schlotz brachte während der Müllsammelaktion einen Lösungsansatz aus Berlin ins Gespräch: In der Hauptstadt werden sogenannte Parkranger eingesetzt, die oft mit dem Fahrrad unterwegs sind und am frühen Abend an öffentlichen Plätzen Freundesgruppen ansprechen, bevor die Partys richtig losgehen.
Sie bringen dann zum Beispiel Aschenbecher mit und weisen darauf hin, dass man respektvoll mit der Natur umgehen solle. „Ich möchte ihre Partys ja nicht stören, nur eben sagen, dass sie gewissermaßen zu Gast im Wohnzimmer von Hase und Igel sind“, übertrug Schlotz die Idee auf den Dossenwald. Aktuell werde häufig die Polizei gerufen, wenn eine Party ausartet. Die weise dann zwar auch auf den Müll hin, werde aber in dieser Hinsicht weniger respektiert, weil sie erst dann komme, wenn die Party schon unterbrochen werden muss.
Als Parkranger könnte laut Annette Schlez die Gruppe „Arbeitsgelegenheit Dossenwald“ eingesetzt werden, die sie selbst anleitet. Insbesondere Langzeitarbeitslose bekommen in diesem freiwilligen Programm durch tägliche Aufgaben im Wald eine feste Struktur und lernen, im Team zusammenzuarbeiten. „Manche mussten nach Corona erst einmal das Reden wieder lernen“, scherzt Schlez und betont die Gemeinschaft, die durch die gemeinsame Arbeit entsteht.
Deshalb sollte man mit Kindern in den Wald gehen
Einige der teilnehmenden Kinder hatten selbst ihre Eltern überredet, an der Aktion teilzunehmen. Eine Mutter erzählte, sie sei in Griechenland aufgewachsen und habe als Kind mitbekommen, wie in Athen nach Waldbränden viele neue Bäume gepflanzt wurden: „Ich liebe die Natur. Wenn so eine Aktion stattfindet, sind wir als Familie immer dabei.“ Was man als Kind von der Natur mitbekommt, beeinflusst oft, wie man später beispielsweise mit dem Wald umgeht. Wer selbst einmal bei einer Müllsammelaktion geholfen hat, wird sich als Teenager wahrscheinlich zweimal überlegen, ob die McDonalds Abfälle nicht doch wieder mitgenommen werden können oder ganz vermeidbar sind.
Aus diesem Grund gibt es im den Mannheimer Stadtwäldern auch Waldpädagogen, die Schulklassen bei Ausflügen in den Wald anleiten können. Ausstellungen von den kuriosesten Fundstücken nach einer Müllsammelaktion sind eine Möglichkeit, den Waldbesuch zu einem spaßigen Erlebnis zu machen.
Bisher haben Schulklassen auch immer gerne geholfen, die Schilder des Waldlehrpfades zu putzen, aber inzwischen werden die Anfragen an die Schulen meistens abgelehnt – wahrscheinlich, weil Ausflüge wegen Lehrermangels reduziert werden müssen.
Förster passen den Wald dem Klima an
„Dosse“ ist ein altdeutsches Wort für Kiefer. Im Dossenwald wurden besonders viele Kiefern gepflanzt, weil diese mit dem sandigen, trockenen Boden dort gut klarkommen und zusätzlich gutes Bau- und Brennholz liefern. Die häufigen sehr hohen Temperaturen im letzten Sommer wurden jedoch auch den Kiefern zu viel. Sie wurden geschwächt und dadurch auch anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Ein spezifisches Problem in den Mannheimer Wäldern ist außerdem die spätblühende Traubenkirsche, die sich viel zu schnell unter den anderen Bäumen vermehrt. Sie gilt als invasive Art, verdrängt also andere Arten und konkurriert mit ihnen um Ressourcen wie Wasser und Licht.
Seit einigen Jahren ist das Forstteam dabei, den Wald umzustrukturieren und widerstandsfähig gegenüber dem Klimawandel zu gestalten. Dafür werden vermehrt Eichen gepflanzt, sodass langfristig ein Mischwald entsteht. Kiefern werden gezielt gefällt, wenn sie vom Borkenkäfer befallen sind oder wenn nebenstehende Bäume mehr Platz für ihre Kronen brauchen.
Bei belegten Brötchen und Getränken wurde am Ende der Müllsammelaktion das Ergebnis verkündet: 242 kg Müll. Die Aktion war ein gelungenes Gemeinschaftsprojekt, bei dem die Teilnehmenden auch auf die Probleme des Dossenwaldes aufmerksam wurden.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-stadtteile-das-holten-freiwillige-aus-dem-dossenwald-in-mannheim-rheinau-_arid,2285359.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/rheinau-hochstaett.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html