Schnelles Internet - Auch in Mannheim sind viele Haushalte noch nicht versorgt, und zwischen den Stadtteilen gibt es große Unterschiede

Zwei Drittel Mannheims noch ohne Glasfaser-Anschluss

Von 
Martin Geiger
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Mannheim. Internetanschlüsse aus Glasfaser werden in Homeoffice-Zeiten immer wichtiger. Auch in Mannheim sind allerdings viele Haushalte noch nicht versorgt, und zwischen den Stadtteilen gibt es große Unterschiede. 

Die Corona-Pandemie beeinflusst zurzeit mehr oder weniger das gesamte Leben, auch das berufliche: Homeoffice ist das Gebot der Stunde. So mancher merkt dabei jedoch, dass sein Internetanschluss den neuen Anforderungen nicht gewachsen ist. Glasfaser ist darum vielerorts ein wichtiges Thema – doch für die meisten Mannheimerinnen und Mannheimer ist die schnelle Verbindung noch gar nicht verfügbar. Ein Überblick.

Was ist Glasfaser denn überhaupt?

Es handelt sich um eine andere, vergleichsweise neue Art von Kabeln, die eine Alternative zum klassischen Kupferkabel darstellen: Im Gegensatz zu diesem werden die Daten hier nicht mittels Strom übertragen, sondern durch Lichtimpulse. Das Licht wird dabei in kleinen Fasern aus Glas geführt: daher der Name.

Welche Vorteile bietet ein Glasfaseranschluss?

Der Hauptvorteil ist eindeutig die höhere Datenübertragungsrate. „Bei einem herkömmlichen VDSL-Anschluss liegt das Maximum bei 250 Megabit pro Sekunde“ (Mbit/s), sagt Michael Gundall, Digital-Experte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Bei einem Glasfaseranschluss seien dagegen 500 bis 1000 Mbit/s Standard. „Und das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange.“ Darum ist Gundall überzeugt: „Mit Glasfaser in der Wohnung habe ich hinsichtlich der Bandbreite locker für die nächsten 30 bis 40 Jahre ausgesorgt.“

Hat diese Technik noch weitere Vorteile?

Ja, sagt Sven Knapp, Leiter des Hauptstadtbüros des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (Breko), einem Zusammenschluss des Großteils der deutschen Festnetzbewerber, der sich für den Glasfaserausbau einsetzt. Bei gewissen bisherigen Techniken werde die verfügbare Bandbreite zwischen einer Vielzahl von Nutzern aufgeteilt. „Vor allen Dingen abends merkt man dann, dass die Leistungsfähigkeit des Internetanschlusses nachlässt“, sagt Knapp. Bei der Glasfaser gebe es diese Aufteilung dagegen nicht. „Jeder Nutzer bekommt die hohen Bandbreiten.“ Zudem sei sie weniger störanfällig und verbrauche bis zu 17 Mal weniger Strom als Kupferkabel. Darüber hinaus würden die Daten praktisch in Echtzeit übertragen, was vor allen Dingen für viele Computerspieler von Bedeutung sei.

Was für eine Datenübertragungsrate brauche ich eigentlich?

Das hängt natürlich vom Nutzungsverhalten ab. „Ein durchschnittliches Ehepaar kann mit 50 Mbit/s schon alles machen, was es will“, sagt Verbraucherschützer Gundall. „Bei einer vierköpfigen Familie, wo die Kinder vielleicht Netflix schauen und die Eltern parallel dazu im Homeoffice sind und Videokonferenzen haben, würde ich dagegen schon auf 100 bis 200 Mbit/s gehen.“

Ist die Geschwindigkeit der einzig relevante Faktor?

Nein, sagt Gundall. Es komme beispielsweise auch auf die Laufzeit an, also darauf, wie schnell man einen Server erreiche. Außerdem rät er Verbrauchern, neben der hohen Download- auch auf die Upload-Geschwindigkeit zu achten. Diese sei dann wichtig, wenn man selbst große Daten senden will, beispielsweise in eine Cloud, oder man im Homeoffice mit dem Server der Arbeit verbunden ist. Gerade bei vermeintlich schnellen Internet-Anschlüssen über das TV-Kabelnetz sei dies oft ein Schwachpunkt.

Wie gut ist Mannheim mit Glasfaser-Anschlüssen versorgt?

Das ist sehr unterschiedlich und von Stadtteil zu Stadtteil, von Straße zu Straße verschieden (siehe Grafik im Internet unter www.breitbandatlas.de, auf FTTB/H wechseln). Laut dem sogenannten Breitbandatlas des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur haben 33 Prozent aller Privathaushalte in der Stadt (Stand: Dezember 2020) theoretisch die Möglichkeit, einen Glasfaseranschluss zu nutzen – natürlich nur, wenn sie einen Vertrag mit einem entsprechenden Anbieter abschließen. Allerdings gelten hierbei beispielsweise in einem Mehrfamilienhaus bereits alle Wohnungen als versorgt, wenn im Keller ein solches Kabel liegt. Denn für den hausinternen Anschluss sind die Anbieter in der Regel nicht zuständig. Das ist Sache des Immobilieneigentümers beziehungsweise seiner Mieter.

Wie ist die bundesweite Versorgungslage?

Geht so. Bei seiner letzten Erhebung Mitte des vergangenen Jahres hat der Verband Breko ermittelt, dass 15 Prozent der Haushalte und Unternehmen in Deutschland einen Glasfaser-Anschluss buchen können. „Im internationalen Vergleich sind wir da weit hintendran“, kritisiert Hauptstadtbüroleiter Knapp. In Frankreich liege die Quote bei rund 70 Prozent, in Spanien sogar bei mehr als 80 Prozent.

Wer ist für den Glasfaser- Ausbau verantwortlich?

In der Regel sind das die privaten Telekommunikationsunternehmen. Diese haben jedoch keine Ausbau-Pflicht, sondern verlegen die Leitungen nur, wenn es sich voraussichtlich für sie lohnt, sprich: Wenn es genügend zahlende Kunden gibt. Das Kuriose dabei ist: In den allermeisten Gegenden in Deutschland sind nach Angaben von Verbraucherschützer Gundall bereits vielerorts leistungsstarke Glasfaserkabel verlegt – allerdings nur bis zu den bekannten grauen Verteilerkästen. Von dort führen dann oftmals Kupferkabel zu den Häusern. „Die Anbieter haben sich lange darum gedrückt, Glasfaserkabel bis in die Keller zu legen“, sagt Gundall. „Denn die letzte Meile ist die teuerste.“

Warum kommt der Ausbau hierzulande so schleppend voran?

Unter anderem aus dem eben beschriebenen Grund. Doch es gibt noch weitere, gibt Interessensvertreter Knapp zu bedenken: „Bei den Tiefbauunternehmen stehen nicht genügend Kapazitäten zur Verfügung. Und die behördlichen Genehmigungsverfahren verlaufen oft sehr langsam.“ Zudem habe die Politik lange Zeit Ziele in Form von Übertragungsgeschwindigkeiten vorgegeben, die auch mit Kupferkabeln erreicht werden konnten. „Der Anreiz für Glasfaser war nicht da“, sagt Knapp. Zumal auch die Nachfrage bei den Kunden nicht groß genug gewesen sei. Viele Anbieter seien daher dazu übergegangen, Ausbau-Projekte erst zu realisieren, wenn beispielsweise mindestens 40 Prozent der potenziellen Kunden einen Vertrag unterschrieben hätten. Zuletzt sei jedoch einiges an Bewegung in den Markt gekommen.

Welche Ausbau-Initiativen gibt es zurzeit in Mannheim?

Einige. Die Telekom etwa baut aktuell nicht nur für Gewerbe-Kunden in Käfertal-Süd, sondern auch ihr Netz in der Schwetzingerstadt aus: Mehr als 12 000 Haushalte können demnach dort in den nächsten Monaten einen Glasfaser-Anschluss erhalten. Ab September soll dann die Neckarstadt-Ost dran sein, wo weitere rund 10 000 Haushalte angebunden werden. Darüber hinaus will 1&1 Versatel den Mühlauhafen und somit eigenen Angaben zufolge mehrere Hundert Unternehmen dort an das schnelle Netz anschließen. Zudem plant Vodafone im Wohlgelegen einen Ausbau für Gewerbe-Kunden, der sich allerdings verzögert.

Was kostet mich als Verbraucher ein Glasfaser-Anschluss?

Das hängt vom jeweiligen Anbieter und der Übertragungsgeschwindigkeit ab. Im Durchschnitt müsse man mit monatlichen Kosten von etwa 40 bis 50 Euro rechnen, sagt Verbraucherschützer Gundall. Für die erstmalige Installation könnte zudem eine Anschlussgebühr von ungefähr 600 bis 700 Euro hinzukommen – die in manchen Fällen, etwa bei einer Förderung durch die Kommune, jedoch entfalle. Zudem gibt er zu bedenken: „Wenn ich mir in einem neuen Haus erstmalig einen Telefon- oder einen Kabelanschluss verlegen lasse, kostet das auch etwa 800 Euro.“ Darum ist sein Urteil klar: „Wenn man die Möglichkeit hat, einen Glasfaser-Anschluss ins Haus zu kriegen, sollte man das nutzen.“

Woher weiß ich, ob für meine Adresse ein Glasfaseranschluss verfügbar ist?

Erste Hinweise liefert der Breitbandatlas des Ministeriums. Auch Vergleichsportale wie beispielsweise Check24, bei denen man Adressen eingeben kann, können hilfreich sein. Ansonsten müsste der Immobilienbesitzer Bescheid wissen – oder eventuell auch die Nachbarn.

Welche Anbieter gibt es denn überhaupt?

Natürlich die großen Telekommunikationskonzerne wie Telekom, Vodafone oder 1+1. Aber auch sehr viele kleine und regionale Unternehmen mischen in diesem Markt mit. „Wir vertreten über 200 Anbieter“, sagt Knapp. Der Breitbandatlas listet auch eine Auswahl an Anbietern auf.

Wann wird Glasfaser flächendeckend verfügbar sein?

Seriös lässt sich das nicht sagen. Die Bundesregierung hat als Ziel ausgegeben, dass 2025 praktisch flächendeckend 1000 Mbit/s verfügbar sein sollen – was theoretisch jedoch auch mit einem Internetanschluss über das TV-Kabelnetz möglich ist. Wann Glasfaser überall verfügbar ist, „ist schwierig vorherzusagen“, so Knapp, „aber wenn ich bis ins Jahr 2030 blicke, kann es möglich sein“.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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