Das Budget ist endlich. Bis 2030 darf Mannheim - rein rechnerisch - noch 16,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen, um die globale Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Aktuell liegt der jährliche CO2-Ausstoß bei drei Millionen Tonnen im Jahr, in fünf, sechs Jahren wäre das Budget aufgebraucht. Die Emissionen müssen also reduziert werden. Wie, das soll im Klimaschutzaktionsplan geregelt werden, den der Mannheimer Gemeinderat im kommenden Jahr auf den Weg bringen will.
Keine „messbaren Ziele“
Lokale Klimagruppen, Fridays for Future, Mannheim Zero, Mannheim Kohlefrei, Scientists, Parents und Health For Future sowie Extinction Rebellion fürchten, die Stadt könne es bei der allgemeinen Aussage, bis 2030 klimaneutral zu werden, belassen anstatt konkrete Maßnahmen zu benennen, die dann auch ganz konkret zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes führen. „Bisher wurden weder messbare Ziele noch die Auswirkung der Maßnahmen auf ihre Emissionsreduktion vorgelegt“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Initiativen.
Es fehle ein Emissionsreduktionspfad: Zahlen, welcher Sektor was leisten muss, damit am Ende, im Jahr 2030, das Ziel auch tatsächlich erreicht wird. „Allgemeine Forderungen zu benennen, reicht nicht“, betonen Arnulf Quentin und Andreas Häuser von Mannheim Kohlefrei. Tatsächlich listet ein Papier des Wuppertal Instituts, das die Stadt beauftragt hat, die Erstellung des Klimaschutzaktionsplans zu begleiten, lediglich 200 Maßnahmen auf, die von neuen Frischluftschneisen über Mobilitätskonzepte für autofreie Quartiere und Sanierungen von alten Gebäuden bis hin zu mehr Akzeptanz für Geothermie und einem kommunalen Windpark reichen. „Es wird vermieden, Zahlen ins Spiel zu bringen“, sagt Jonas Gunkel von Fridays for Future.
Der Klimaschutzaktionsplan
Auch am Findungsprozess üben die Klimagruppen Kritik. An der Erstellung des Aktionsplans sind verschiedene Projektgruppen beteiligt. Maßgeblich ist der Lenkungskreis, in dem Vertreter von Stadtverwaltung und der Fraktionen des Gemeinderates sitzen, aber auch Interessensgruppen, Industrie- und Handelskammer, Gewerkschaften, Klimaschutzinitiativen. Sie sollen - im Konsens - einen Aktionsplan erarbeiten, über den dann der Gemeinderat 2022 abstimmt. Den Input dazu liefern acht Strategiegruppen; hier finden sich Expertinnen und Experten, die wie im Lenkungskreis aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Klimagruppen kommen und sich mit verschiedenen Handlungsfeldern, unter anderem Energieproduktion, Mobilität, Flächennutzung, private Haushalte, befassen. Außerdem wurde aus zufällig ausgewählten Mannheimerinnen und Mannheimern ein Bürgerrat gebildet.
Beteiligung unmöglich gemacht
Ursprünglich sollten sich die Strategiegruppen drei Mal treffen, bislang sind sie nur jeweils einmal zusammengekommen, der Bürgerrat hat sich zwei Mal für ein paar Stunden getroffen.
„Das ist an sich eine gute Idee, aber um sich mit intensiv mit den Problemfeldern auseinanderzusetzen und zu einer schlüssigen Haltung zu kommen, braucht es mehr Zeit“, sagt Sybille Brosius von Scientists for Future und Mitglied in einer der Strategiegruppen. Die versprochene Bürgerbeteiligung werde so unmöglich gemacht, moniert auch Bettina Chlond von Mannheim Zero.
Was die Stadt Mannheim zu der Kritik sagt? Sie spricht zum einen von einem „breiten Partizipationsprozess“, an dem alle interessierten Menschen teilnehmen könnten. Zum anderen würden Reduktionspfade im Klimaschutzaktionsplan beschrieben, die Maßnahmen seien derzeit in Bearbeitung.
Wichtiges „Strategievorhaben“
„Das Erreichen der Klimaneutralität und damit natürlich auch eine entsprechende Reduktion der Emissionen ist die Grundlage des Handelns“, betont die Stadt. Gleichwohl erfolge die Bilanzierung nicht nach dem Restbudget, also den rechnerischen 16,2 Millionen Tonnen CO2, sondern nach einem anderen Verfahren, dem sogenannten „Greenhouse Gas Protocol“.
Der Klimaschutzaktionsplan sei eines „der wichtigsten strategischen Vorhaben der Stadt Mannheim zur Erreichung der Klimaneutralität“, heißt es weiter in der Stellungnahme der Stadt. Zur Erreichung des CO2-Zielszenarios seien aber auch Rahmenbedingungen von Land, Bund und der EU entscheidend.
„Keine Stadt kann dieses Ziel allein erreichen, sei sie noch so ambitioniert.“ Die dritte Lenkungskreissitzung soll im kommenden Jahr stattfinden, da soll dann auch über einen ersten Entwurf des Klimaschutzaktionsplans abgestimmt werden.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-zoff-um-den-klimaschutzaktionsplan-mannheimer-initiativen-fordern-konkrete-vorschlaege-_arid,1889458.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
Schon gelesen?
Copyright © 2025 Mannheimer Morgen
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Klimaschutzaktionsplan: Stadt Mannheim muss endlich handeln!