Beim Bäcker

Wo in Mannheim gutes Brot gebacken wird

Von 
Stefanie Ball
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Mannheim. Dem Teig mehr Zeit geben – darauf schwören alle Bäcker, die hier zu Wort kommen. Stunden-, manchmal tagelang lassen sie ihn ruhen und verarbeiten ihn erst dann zu Brot. Durch die lange Teigführung entfalten sich die Aromen besser, und das Brot wird bekömmlicher, die Ballaststoffe und Stärke quellen richtig auf und können so vom Körper besser verarbeitet werden. Das bekommt vor allem Menschen mit Glutenunverträglichkeit.

Und noch ein Tipp vom Experten: Um das Brot frisch zu halten, genügt ein Holzbrett, Brot mit der Schnittfläche drauflegen und mit einem Küchentuch abdecken.

Der Rebell

Bei Theurer haben die Brote wohlklingende Namen wie Bella Bianca, Black Tiger, Pierre, Pfalzriese, Südtiroler und Ofenrebell. Das ist das Lieblingsbrot von Markus Sigle, der seit nunmehr drei Jahren zusammen mit seiner Frau Elke die Ludwigshafener Bäckerei Theurer führt. Benannt ist diese nach Theo Theurer, der das Geschäft in den 1940er Jahren gründete. Der Rebell besteht aus dunklem Weizenmehl und wird dunkel gebacken. „Das mag nicht jeder hier in der Gegend“, hat der gebürtige Schwabe inzwischen gelernt. Der Süden Baden-Württembergs, erklärt der gelernte Bäcker, sei mehr „weizenlastig“, während im Norden das Roggenbrot beliebter sei. Doch egal welches Brot: Sigle legt bei jedem seiner Produkte Wert auf die Rohstoffe, die er so weit wie möglich aus der Region beziehe. Beim Hartweizenmehl aber schwört er auf eine Mühle in Palermo. „Ich war dort unten, ich kenne die Menschen, das ist mir wichtig.“ 32 Theurer-Filialen gibt es in der Region, vier davon in Mannheim, eine weitere soll bald folgen, wo, wird noch nicht verraten. Trotz seiner Größe werde bei ihm gebacken wie vor 100 Jahren, betont Sigle. „Alle Bäcker, ob groß oder klein, sollten das Handwerk so gut wie möglich vertreten, das ist meine Botschaft.“

Der Kleinbäcker

Ralf Werz ist Bäckermeister seit 1988, er führt den Betrieb in der Rüdesheimer Straße 24 in Käfertal in dritter Generation. Er backt, seine Frau verkauft, ein kleiner Ein-Familien-Betrieb, der über eine treue Stammkundschaft verfügt. Besonders begehrt sei das Roggenbrot, erzählt Werz: „Da kommt Mehl, Salz, Wasser, Hefe und Sauerteig rein, sonst nichts.“ Überhaupt wird bei ihm gebacken, wie er es vor Jahrzehnten gelernt hat, ohne Hilfs- und Zusatzstoffe. Wenn er eines Tages in Ruhestand geht, endet die Geschichte der Bäckerei Werz, einen Nachfolger wird es wohl nicht geben.

Die Kleinbäckerin

Für den Vater, Herbert Kuhtz, war klar, dass einmal der Sohn die Bäckerei übernimmt. Doch der wollte nicht, dafür aber die Tochter, Juliane. Mitte der 1980er Jahre machte sie die Lehre, später den Meister, 1991 übernahm sie den Betrieb in der Oberen Riedstraße 11 in Käfertal, als ihr Vater aus gesundheitlichen Gründen früher als geplant ausscheiden musste. Seitdem backt auch der Bruder Matthias mit, den Laden aber schmeißt Juliane, die mittlerweile Ockert heißt. Sie hat den Nachnamen ihres Mannes Carsten angenommen, der ebenfalls mitwirkt im Familienbetrieb. Die Bäckerei trägt aber weiter den Namen des Vaters, Kuhtz. Ihre große Stärke, erzählt Juliane Ockert, seien die Brötchen. 2000 gehen davon am Samstag über die Ladentheke, unter der Woche sind es täglich um die 500. Sie produziert den Teig am Vortag, so haben die Brötchen genug Ruhezeit und können dann flexibel gebacken werden. Unter anderem im kleinen Ladenbackofen. Die restlichen Teiglinge gehen zurück in die Kühlung. „So müssen wir nichts wegschmeißen.“ Vor vier Jahren wählte die Bäckerinnung Mannheim Juliane Ockert im Übrigen zu ihrer Obermeisterin – nicht gerade gewöhnlich in einem nach wie vor von Männern dominierten Beruf. Ob die Kinder, Christian und Maren, die Mutter in ein paar Jahren als Bäckermeisterin ablösen wollen? „Vielleicht! Wir drängen sie aber nicht.“

Der Transparente

Wer wissen will, wie Mehl zu Teig und Teig zu Brot wird, kann bei Brot und Salz in der Plankenhofpassage in P6 den Bäckern beim Kneten und Backen zusehen. Transparenz ist Christian Sprenger ein großes Anliegen, zusammen mit Kevin Klein ist der gelernte Hotelfachmann Geschäftsführer der Eigenbrötler GmbH. Brot und Salz nennt sich ihre Brotmanufaktur, die es bislang einmal in Mannheim und einmal in Nussloch gibt, ein weiterer Laden soll bald in G7 eröffnen. „Der Bedarf nach handwerklich hergestelltem Brot wächst, dann sind die Kunden auch bereit, etwas mehr Geld auszugeben“, weiß Sprenger. Den Begriff „Handwerk“ nehmen die Eigenbrötler dabei wörtlich: „Alles, was man bei uns bekommt, war in einer Hand.“ Fünf Bäcker und zwei Bäckergehilfen sind bei Brot und Salz beschäftigt, neuerdings gibt es auch einen Auszubildenden. „Darauf sind wir besonders stolz“, so Sprenger. Bei den Lieferanten wird auf Regionalität geachtet, aber im französischen Baguette soll weiterhin französisches Mehl sein und im Tessiner Bauernlaib das Ruchmehl, eine Mehl-Spezialität aus der Schweiz.

Der Ehrgeizige

2010 kam Taner Karadagli nach Deutschland. Er lernte die deutsche Sprache, arbeitete in der Gastronomie, machte eine Lehre als Bäcker, wurde Bäckermeister und eröffnete, kaum hatte er die Abschlussprüfung bestanden, im Herbst 2019 seine erste Backstube auf dem Lindenhof. Bald folgte die zweite in der Langen Rötterstraße 94 in der Neckarstadt-Ost und ein Verkaufsladen auf den Planken (O7, 4). Ob er ehrgeizig sei? „Sehr ehrgeizig! Wenn man ein Ziel hat, kann man alles erreichen“, sagt er. Kochen und backen sind Karadaglis Leidenschaft, was ihn abschreckt, sind die langen Arbeitszeiten, das Aufstehen mitten in der Nacht, die schlechte Bezahlung. „Das wollte ich anders machen.“ Vor fünf oder sechs Uhr morgens fängt in Tans Brotboutique niemand an, die Teige zu kneten. „Bäcker ist ein liebenswerter Beruf, und die Leute sollen diesen Beruf weiter lieben.“ Weil die Teige teils drei Tage vorher angesetzt werden, kann die Produktion nicht beliebig ausgeweitet werden. So passiert es immer wieder, dass am späten Nachmittag die Regale leer sind. Dann muss aber auch kein Brot weggeworfen werden.

Die Umsichtigen

Auf Handarbeit und uralte Rezepte setzt die Bäckerei Edgar Seitz. Der Bäckermeister heißt zwar nicht mehr Seitz, sondern Thomas Eberlein, der Name stammt von seiner Frau Stephanie. Die ist eine geborene Seitz. Ihr Großvater hatte 1936 eine Bäckerei in Suebenheim gegründet, 1972 übernahm ihr Vater den Betrieb, 1998 waren dann Stephanie und Thomas Eberlein an der Reihe. Damals gab es noch mehrere Filialen, inzwischen sind es drei: in Neckarau, Seckenheim und Friedrichsfeld. „Die Qualität sollte nicht leiden“, betont das Ehepaar. Industrielle Fertigmischungen, die Emulgatoren, Enzyme und andere Zusatzstoffe enthalten, sind in den Rührschüsseln der Bäckerei Seitz Tabu. Dass Bäckern oft unterstellt werde, diese zu verwenden, ärgert sie. „Das hat nichts mit Backhandwerk zu tun“, sagt Eberlein. Viel Arbeit steckt der Bäckermeister in sein Baguette. Früher hieß das Stangenweißbrot und lief so na ja. . . Inzwischen gönnt Eberlein dem Teig mehr Zeit, und seitdem geht das Baguette, wie es nun auch heißen darf, über die Ladentheke wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Die Corona-Pandemie hat dem Betrieb zugesetzt. Die Belieferung von Kantinen großer Unternehmen ist weggefallen, der Kaffeeumsatz eingebrochen. Doch Eberlein hat seine Backstube gut organisiert – und zwar so gut, dass er nicht mehr jede Nacht selbst vor Ort sein muss. „Wir beschäftigen mehrere Bäckermeister und -gesellen, und die pflege ich.“

Der Traditionsreiche

Die Bäckerei Grimminger, 1911 gegründet, wird mittlerweile in vierter Generation geführt. Insgesamt gibt es 85 Filialen, davon etwa 40 in Mannheim. Die Corona-Pandemie hat zu Einbrüchen bei den Umsätzen geführt, aber: „Das Kundenverhalten hat sich gedreht, man spart nicht am Essen, sondern will Qualität“, sagt Michael Ruppert. Die liefert Grimminger: Die Mehle stammten aus Pfälzer Mühlen, darüber hinaus gebe es eine eigene Getreidemühle, in der Körner frisch geschrotet würden. Der stärkste Artikel sei das Steinofenbrot, gebacken auf Steinplattenöfen. „Bei Steinöfen ist eine höhere Hitze möglich, das sorgt beim Brot für eine dickere Kruste.“ Weiteres Aushängeschild: die Weißbrote, vor allem das Pain Boulot und Parisienne. Wie das hergestellt wird, lernte der spätere Unternehmensgründer Josef Grimminger im Übrigen auf der Walz, die ihn um 1904 unter anderem nach Paris führte. Damals war die Wanderschaft ein Muss für jeden Bäckergesellen, um später zur Meisterprüfung zugelassen zu werden.

Der Großbäcker

35 000 Brote backt die Bäckerei Görtz jede Nacht. Alle hergestellt auf traditionelle Art und Weise, wie Stephanie Görtz betont: „Wir verwenden Mehl, Hefe, Salz und Wasser als Grundzutaten und ergänzen sie produktspezifisch durch weitere Zutaten wie zum Beispiel Roggenschrot, Malzmehl oder Kürbiskerne.“ Gegründet wurde Görtz 1963 von Peter Görtz, inzwischen haben die Söhne Frank und Peter das Geschäft übernommen. Es gibt fast 200 Filialen, 30 davon in Mannheim. Um den Nachwuchs zu sichern, soll im nächsten Jahr am Hauptstandort in Ludwigshafen eine Akademie entstehen. „Die wird sowohl Ausbildung als auch die Fortbildung in unserem tollen Beruf Bäcker und Nahrungsmittel Verkauf weiter stärken“, so Stephanie Görtz.

Der Vegane

Bei Döringer wird vegan gebacken. „Meine Frau ist Veganerin und hat mich am Ende überzeugt“, erzählt Helmut Döringer, der den Betrieb 1992 zusammen mit seinem Bruder Werner vom Vater übernommen hat. Karl und Elisabeth Döringer hatten die Bäckerei 1954 in der Neckarstadt gegründet. Inzwischen führen Helmut und dessen Frau Nicole den Betrieb. Beim Backen wird sämtlich auf tierische Produkte verzichtet, es gibt weder Eier, Milch noch Butter. Ausnahme sind die Berliner und der Käsekuchen sowie die Käselaugenstangen. Die Corona-Pandemie hat Döringer, der Kantinen größerer Unternehmen beliefert hat, Umsatzeinbußen beschert. Also wurde die Strategie geändert, und es wurden drei neue Filialen eröffnet. „Wir versuchen, den Umsatz in die eigenen Hände zu bekommen“, so Döringer. Die Nachfolge ist auf jeden Fall gesichert. Sohn Lucas will das Geschäft übernehmen, eine Bäckerlehre hat er schon begonnen. Aber, halt, so schnell will Helmut Döringer der Backstube nicht den Rücken kehren. „Noch macht es großen Spaß.“

Der Bio-Bäcker

Thomas Müller hat ein simples Rezept. „Für hervorragendes Brot braucht es nur Getreide, Salz, Wasser, verschiedene Saaten und Gewürze sowie Zeit und Liebe zum Backen.“ Nach diesen Vorgaben stellt Müller seit 1995 in einer kleinen Backstube in der Schwanenstraße 43 in Feudenheim seine Brote her. Sein Getreide bezieht er aus Bioland-Anbau, gemahlen wird es in der eigenen Getreidemühle. Mit seinen Broten beliefert er Bio-Supermärkte und Naturkostläden. Einer ist der Naturkostladen Lummerland, der denselben Namen trägt wie Müllers Bäckerei: Vollkornbäckerei Lummerland. Die übrigen Bezugsquellen sind auf seiner Website zu finden; dort wird auch aufgelistet, was sich an Zutaten in den Produkten befindet. Brotrückläufer, Reste, mahlt und röstet Müller und gibt sie anschließend in den neuen Teig. „Wir möchten nichts verschwenden.“

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