Stadtgeschichte

Wieso der Mannheimer Altertumsverein Studentinnen mit dem Franz-Schnabel-Preis auszeichnet

Viele waren Opfer, andere Täter: „Kirchenmusik im Nationalsozialismus in der Metropolregion Rhein-Neckar" hat Stefanie Straubinger für ihre Masterarbeit untersucht. Jetzt erhält sie dafür einen besonderen Preis

Von 
Peter W. Ragge
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Preise übergeben: Hermann Wiegand (v.l.), Gerald Rehn, Stefanie Straubinger, Anja Hartlieb, Sarah Paulsen, Wilhelm Kreutz. © REM/MAV

Mannheim. Viele waren Opfer, andere Täter: „Kirchenmusik im Nationalsozialismus in der Metropolregion Rhein-Neckar“ hat Stefanie Straubinger für ihre Masterarbeit an der Musikhochschule untersucht. Dafür ist sie jetzt vom Mannheimer Altertumsverein mit dem Frank-Schnabel-Preis ausgezeichnet worden.

Masterarbeit ausgezeichnet: Wie Kirchenmusik ideologisch eingezwängt wurde

Damit hat der Verein erstmals eine musikwissenschaftliche Arbeit prämiert. Sie untersuche „auf sehr hohem Niveau die Rolle der Kirchenmusik in der Metropolregion Rhein-Neckar in der NS-Zeit mit einem deutlichen Schwerpunkt auf der evangelischen Kirchenmusik, bezieht aber auch die katholische mit ein“, würdigt Hermann Wiegand, der Vorsitzende des Mannheimer Altertumsvereins, die Forschung von Straubinger.

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Sie stellte dar, wie die Kirchenmusik ideologisch eingezwängt und teils ausdrücklich benutzt wurde, um nationalsozialistische Feiern zu gestalten, andererseits Musiker und Kirchenvertreter aber auch der Verfolgung ausgesetzt waren. Es zeigte sich, dass einige Künstler und komponierende Kirchenmusiker nach 1945 ihre Vergangenheit zu vertuschen versuchten, indem sie ihre Werkverzeichnisse und Biografien veränderten - weil sie mit dem Regime kooperiert hatten.

Frank-Schnabel-Preis nach Ehrenbürger benannt

Mit seinen Vorstandsmitgliedern Gerald Rehn und Wilhelm Kreutz überreichte Wiegand in den Reiss-Engelhorn-Museen den Preis. Er soll junge Forscher motivieren, sich der Geschichte und Kultur ihrer Heimatregion zu widmen „und damit zur Identitätsstiftung beizutragen“, so Wiegand. Benannt ist der Preis nach einem Mann, der da Maßstäbe setzte: dem Mannheimer Ehrenbürger Franz Schnabel (1887-1966). Erst Schüler, dann Lehrer am Karl-Friedrich-Gymnasium, war er später Geschichtsprofessor an der Technischen Universität Karlsruhe und schließlich an der Universität München - ein ganz bedeutender Vertreter seines Fachs, der nach seinem Tod die Hälfte seines Vermögens dem Altertumsverein vermachte.

Weil es „erfreulich steigende Bewerberzahlen“ gebe, so Wiegand, vergab der Verein nun gleich drei Preise. Schließlich seien mehrere „weit überdurchschnittliche Arbeiten“ eingereicht worden. Daher ging ein weiterer erster Preis an die Masterarbeit „Der Siedlungsbau in Mannheims nördlichen Vorstädten in der Zwischenkriegszeit“ von Anja Hartlieb. Sie habe damit „wissenschaftliches Neuland betreten“, so Wiegand anerkennend. Beginnend mit der politischen und sozialen Ausgangslage im Reich und in Mannheim sowie Ebenezer Howard und seiner Idee der Garden City untersuchte sie umfassend und quellennah den Wohnungsbau in den Mannheimer Vorstädten, interviewte dazu auch Zeitzeugen.

Mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet wurde Sarah Paulsen für ihre Arbeit „Otto von Bismarcks Entlassung im Spiegel der in- und ausländischen Presse“. Ein Kapitel widmet sie dem „Generalanzeiger der Stadt Mannheim und Umgebung“. Sie arbeitet heraus, dass das nationalliberale Mannheimer Presseorgan - anders etwa auch als die liberale „Vossische Zeitung“ - den Abgang Bismarcks mit großem Bedauern zur Kenntnis nimmt und seine bedeutenden Leistungen würdigt.

Redaktion Chefreporter

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