Natur

Wie Halsbandsittich-Schwärme am Mannheimer Neckarufer für Schreckmomente sorgen

Von 
Julian Eistetter
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Sind wegen ihrer hohen Geschwindigkeit auch mit der Kamera im Flug nur sehr schwer einzufangen: die Halsbandsittiche am Neckarufer in Mannheim. © Christoph Blüthner

Mannheim. Halsbandsittiche am Neckarufer in Mannheim: Die Flugkünstler faszinieren auch in diesem Sommer - seit Jahren sind die Tiere in der Region heimisch. Vor zwei Jahren hat sich unser Redakteur Julian Eistetter dem Phänomen gewidmet. Eine Lese-Empfehlung aus dem Archiv für das Wochenende!

Kurz vor Sonnenuntergang geht es los. Danach kann man fast die Uhr stellen. Wer dieser Tage um diese Zeit am Mannheimer Neckarufer zwischen Altem Messplatz und Universitätsklinikum auf dem Damm unterwegs ist, wird Zeuge eines interessanten Naturschauspiels - und muss das eine oder andere Mal gespannt die Luft anhalten.

Dafür verantwortlich sind die giftgrünen Halsbandsittiche, die mittlerweile seit Jahren in der Region heimisch sind. In Schwärmen schießen sie abends, ab kurz vor 21 Uhr, mit einem Affenzahn durch die Luft, oft auf Brust- oder Kopfhöhe, und sausen teilweise nur Zentimeter an den Menschen vorbei, die ihren abendlichen Spaziergang machen oder joggen. Regelmäßig hört man erschrockenes Kreischen oder sieht Fußgänger, die sich mit zusammengekniffenen Augen wegdrehen, wenn ein Papageien-Geschwader an ihnen vorbei pfeift.

Paul Hennze, Vorsitzender der Ortsgruppe Mannheim des Naturschutzbundes (Nabu), kennt den Grund für die waghalsigen Flugmanöver. „Die Halsbandsittiche suchen in größeren Schwärmen gemeinsam nach einem Schlafplatz“, berichtet er im Gespräch mit dieser Redaktion. Im Bereich der Neckaruferbebauung Nord gebe es mehrere sogenannte Schlafbäume, bevorzugt Platanen, auf denen Papageien aus einem größeren Umkreis dicht gedrängt die Nacht verbringen. „Mit dem Sonnenuntergang fallen sie in Schwärmen in diesen Bereich ein.“

Die giftgrünen Halsbandsittiche sind sehr geschickte Flieger

Bis zu 2000 Vögel kommen jeden Abend in diesen Bereich - am folgenden Morgen schwärmen sie dann wieder aus. Größere Schlafplätze gibt es nach Angaben des Experten auch in Ludwigshafen und Heidelberg. „In den Grenzbereichen zwischen diesen großen Plätzen gibt es auch noch einige kleinere Schlafbäume“, berichtet er.

Dass die Tiere im Bereich des Mannheimer Neckarufers so tief fliegen, liege schlicht daran, dass sie ihr Ziel fast erreicht haben. „Für längere Distanzen fliegen Halsbandsittiche eigentlich deutlich höher“, sagt Hennze. Da die kleine Papageienart zu den schnelleren Fliegern gehöre, sei nachvollziehbar, dass heransausende Schwärme im ersten Moment einen Schreck einjagen können. Doch Halsbandsittiche seien auch sehr geschickte Flieger, wodurch sie auch im hohen Tempo zusammenstöße vermeiden könnten.

Der Ruf der einstigen Exoten ist nicht besonders gut

Etwa auf 50 bis 60 Stundenkilometer schätzt Klaus Eisele, Vogelexperte aus Ludwigshafen, die Maximalgeschwindigkeit der Vögel. In Zweibrücken wurde ein Exemplar mal geblitzt, weil es mit 43 Stundenkilometern in der 30er-Zone unterwegs war. Durch die Geschwindigkeit habe der Halsbandsittich wenig natürliche Feinde. „Aber der Wanderfalke bekommt ihn locker“, so Eisele.

Der Naturschützer beobachtet, dass der Ruf der Halsbandsittiche nicht besonders gut ist. „Die Art wird für irgendwelche Dinge verantwortlich gemacht, die gar nicht zutreffen“, sagt er. Eine Verdrängung heimischer Vogelarten etwa finde nicht statt. „Ich bin begeistert von den Vögeln. Sie sind hochintelligent, sozial und verspielt“, schwärmt Eisele. Veränderungen in der Vogelwelt werde es durch den Klimawandel ohnehin geben.

Warum die Tierrettung am Neckarufer häufig im Einsatz ist

Einräumen muss Eisele aber, dass die Papageien gerne Löcher in Dämmstoffe auf Hausfassaden hacken. „Da laufen zumindest in Ludwigshafen mit den großen Wohnungsbaugesellschaften aber schon Projekte, wie das verhindert werden kann.“

Doch zurück zu den Flugmanövern am Neckarufer: Immer mal wieder bleiben dort Papageien im Bereich des Damms in den am Spiralberg mit Windrad gespannten Drähten hängen und verletzen sich. „Halsbandsittiche holen wir ständig ab“, bestätigt Michael Sehr von der Berufstierrettung Rhein-Neckar.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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