Mannheim. Eigentlich hätte in Mannheim vor ein paar Tagen die sechste Auflage der „Meile der Religionen“ gefeiert werden sollen. Eine bundesweit einmalige Veranstaltung, bei der in der Innenstadt eine große Tafel aufgebaut wird. Vertreter verschiedener Religionen essen dort gemeinsam und tauschen sich aus. Wegen der aktuell extrem angespannten Lage im Nahen Osten allerdings hatten viele der teilnehmenden Gemeinden Sicherheitsbedenken. Die Meile wurde deshalb kurzfristig abgesagt. Das bedeute allerdings nicht, dass die Religionen in Mannheim Vorbehalte gegeneinander hätten und nicht mehr an einem Tisch sitzen könnten. „Das ist nicht der Fall“, betonen Heidrun Deborah Kämper, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, und der Muslim Rabit Kadrii, Vorsitzender des Deutsch-Albanisch-Islamischen-Vereins. Im Gegenteil: Beide gehen davon aus, dass die „Meile“ kommendes Jahr wieder stattfindet.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.
Kämper und Kadrii sind zu Gast in der aktuellen Folge von „Mensch Mannheim“. Mit den Lokalchefs Florian Karlein und Timo Schmidhuber sprechen sie darüber, wie stark sich die Konflikte von Israel mit der Hamas und dem Iran auf das Zusammenleben hier in Mannheim auswirken. Und mit welcher Schulnote sie dieses Zusammenleben aktuell bewerten.
Kämper ist es im Podcast wichtig zu betonen, dass die Jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der „Meile“ nicht aus Misstrauen gegenüber den Sicherheitsbehörden oder dem Schutzkonzept abgesagt habe. „Man hat sich sehr viele und gute Gedanken gemacht, wie man schützen kann“, erklärt sie. „Aber mein Bild im Kopf war: Jemand geht mit einem Messer in der Tasche an den Menschen vorbei, die vor der Synagoge an der Tafel sitzen. Und wie schnell zugestochen ist, das wissen wir ja. Da kann das beste Schutzkonzept nicht schützen. Dieses Gefühl der Verantwortung für die Menschen, die zu uns kommen, hat uns bewogen zu sagen: Dieses Risiko möchten wir nicht eingehen.“ Die Jüdische Gemeinde sei durch die aufgeheizte Atmosphäre nach den Entwicklungen in Nahost für manche „eine Art Feindbild“, sagt die Vorsitzende.
Auch an Kadrii waren aus seiner Gemeinde Bedenken herangetragen worden. Wenn die Jüdische Gemeinde aus Sicherheitsgründen absage, „warum nehmen wir dann teil?“, sei die Frage gewesen. Deshalb habe man ebenfalls abgesagt. Für die Gemeinde wäre es die erste Teilnahme gewesen, so der Vorsitzende, „und da haben wir uns auch gefreut“. Die aktuelle weltpolitische Lage mache leider „alles ein bisschen schwieriger. Wir hoffen aber, dass die Meile wieder stattfindet, ganz normal“. Auch Kämper ist überzeugt. „Wenn wir als Religionsgemeinschaften die Meile wollen, dann wird sie natürlich nächstes Jahr wieder stattfinden.“
Die „Meile der Religionen“ wird vom „Forum der Religionen“ organisiert, einem Zusammenschluss verschiedener Religionsgemeinschaften in der Stadt. Unabhängig von aktuellen Sicherheitsbedenken hatte die DITIB-Gemeinde aus der großen Moschee am Luisenring bereits im Februar ihren Austritt aus dem Forum verkündet. Sie kritisierte die dortige Organisationsstruktur und bemängelte die aus ihrer Sicht schlechte Kommunikation. „Man muss der Sache auf den Grund gehen, warum die DITIB nicht dabei ist“, fordert Kadrii. „Und sie muss im nächsten Jahr auf jeden Fall wieder dabei sein als Akteur.“ Oberbürgermeister Christian Specht hatte angekündigt, alle Beteiligten zu einem klärenden Gespräch einzuladen. Derzeit würden die muslimischen Gemeinden in Mannheim nicht mit einer Stimme sprechen, bedauert Kadrii. „Aber ich denke, das sind Probleme, die wir auf jeden Fall lösen können und lösen müssen.“
„Forum der Religionen“ plant „Meile“ und „vielleicht neue Formate“
In der Podcast-Folge geben die beiden Gäste viel Einblick ins Innenleben ihrer Gemeinden. Kämper erzählt zum Beispiel, wie dort über die Politik des Staates Israel diskutiert wird. Beide sind überrascht, wie stark die Weltpolitik den Alltag in Mannheim bestimmt. Noch nie habe sich das in einer solchen Intensität ausgewirkt wie in diesen Tagen, findet Kämper.
Unterdessen hat auch das „Forum der Religionen“ erklärt, die „Meile“ wiederaufleben lassen zu wollen. Das Forum sei „fest entschlossen, zeitnah die Meile und vielleicht neue Formate im interreligiösen Miteinander zu planen“, heißt es in einer Mitteilung vom Mittwoch. Gerne nehme man auch die Gesprächseinladung des Oberbürgermeisters an. Bei einem solchen Gespräch „werden wir vor allem deutlich machen können, dass wir als Forum nach wie vor zusammenstehen und von der Zukunft des Forums überzeugt sind“.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/startseite_artikel,-mannheim-wie-die-weltpolitik-den-alltag-in-mannheim-schwierig-macht-_arid,2312925.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html