Mannheim. Leopardenbrille, Pelzmantel, langes, schwarzes Haar: Bülent Ceylan alias Anneliese sitzt im Wohnzimmer: „Ja hallo, isch bin die Anneliese, und isch interessier’ mich für diesen Knopf da, diesen rode Knopf, wo ma so drauf drücke kann“, sagt sie ins Telefon. Keine Minute später steht Techniker Mompfred vor der Tür. „Wenn Sie immer so schnell komme“, wird er zweideutig von Anneliese empfangen, um gleich darauf „sein Gerät“ auszupacken, wie er sagt. „Stecker nei, sischer sei!“ heißt die Kampagne des Deutschen Roten Kreuz (DRK) Kreisverband Mannheim, der dahinter steht.
Hintergrund Pflegenotstand
Die zwei neuen Spots des Kreisverbandes mit Comedian Ceylan garantieren Spaß - machen aber vor allem auf ein ernstes Thema aufmerksam: Die Notlage im eigenen Zuhause - gerade bei älteren Menschen. „Die Lage im Gesundheitswesen ist angespannt: Pflegeplätze sind rar, einen Pflegedienst zu bekommen, ist inzwischen eine Herausforderung“, sagt Jessica Wendler, Fachbereichsleitung für den Bereich Soziales und Senioren im DRK-Kreisverband Mannheim.
Sicherheit in den eigenen Wänden sollen Angebote wie der DRK-Hausnotruf bieten. Auch Johanniter, Malteser oder ASB bieten einen Notrufservice per Knopf in der Region an. Zudem gibt es auch private Anbieter. Beim DRK-Hausnotruf kommen im Ernstfall mindestens Sanitäter, erklärt Wendler vom DRK. „Viele Menschen wissen gar nicht, dass der ,kleine Knopf’ am Handgelenk die unkomplizierte Verbindung zu Angehörigen, aber auch zur Notrufzentrale ist“, erklärt sie.
Aus Einsamkeit gewählt
Auch wenn es gesundheitlich nicht mehr so geht wie früher. Viele Ältere möchten in ihrer gewohnten Umgebung bleiben - und weiter selbstbestimmt sein. Dass der Hausnotruf gewählt wird, hat indes manchmal auch einen anderen traurigen Hintergrund. Mehr als die Hälfte der Anrufe, die etwa die Malteser in NRW zwischen Heiligabend und Anfang Januar über den Hausnotruf erhielten, waren Anrufe aus Einsamkeit. Ein Sprecher sagte: „Es melden sich immer viel mehr Menschen als sonst“, aber diesmal seien es etwa vier Mal so viele gewesen. Denn die Seniorinnen und Senioren hätten einfach das Bedürfnis gehabt, mit jemandem zu sprechen.
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Man beobachte besorgt, „wie viele ältere Menschen schon unter Einsamkeit leiden“, so die Malteser. „Das ist ein ernstes gesellschaftliches Problem. Die Menschen werden immer älter, und wir stellen fest, dass es nicht mehr die klassische Großfamilie gibt, die füreinander sorgt.“
Von der Steuer absetzbar
Wer sich Sorgen macht, um sich selbst oder Angehörige, oder einfach sicherer sein will, für den ist der Hausnotruf sicher eine willkommene technische Lösung. Ab etwas mehr als 20 Euro monatlich sind die meisten Angebote zu haben. Zusatzfunktionen wie Schlüsselhinterlegung sind bei einigen zubuchbar und Anschlusskosten können hinzukommen. Was viele nicht wissen: Die Kosten für den Hausnotruf sind steuerlich absetzbar, wie zuletzt mehrere Urteile bestätigten. So können diese etwa als „haushaltsnahe Dienstleistung“ abgesetzt werden.
„Genau hinschauen“
Ein Vorteil der Hausnotrufe ist sicher auch, dass sie, etwa am Handgelenk getragen, immer dabei sind - auch wenn sie natürlich keine 100-prozentige Sicherheit bieten können. „Ihre Hauptaufgabe - das Bearbeiten von Notrufen“, meistern die meisten Dienste gut, hieß es im letzten Test von Stiftung Warentest, die Anbieter beäugte. Bei der Beratung zum passenden Angebot ließen einige Notruf-Anbieter allerdings zu wünschen übrig. Hier lohne es sich, genau hinzuschauen, so Stiftung Warentest. Es fiel etwa auf, dass einige Dienste wenig auf „die Bedürfnisse ihrer meist älteren Kunden“ eingingen. „Beim Notruf etwa sprachen die Mitarbeiter der Zentrale teils nicht laut genug oder waren wenig einfühlsam“, hieß es von den Testern, die auch auf vertragliche Fallstricke hinwiesen, etwa fehlende Informationen zum Widerruf.
Kaffeemaschine „denkt mit“
Auch Gründer haben sich derweil der Materie „Sicheres Zuhause im Alter“ mit kreativen Ideen angenommen. So etwa das Start-up Veli aus Kassel. Technikgeräte im Haus, wie etwa Kaffeemaschine oder TV werden in ihrem Verbrauch „überwacht“. Durch Sensoren am Wasser- oder Stromzähler. Werden die Geräte plötzlich weniger oder gar nicht genutzt kann die schlaue Technik merken, wenn lang kein Verbrauch gemeldet wurde - und einen Alarm senden. Die Software kann auch die einzelnen Verbräuche der Person berechnen und sich quasi selbst weiter bilden und so genauere Prognosen treffen. (mit dpa)
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[4] https://www.malteser.de/hausnotruf.html
[5] https://asb-rhein-neckar.de/unser-angebot/hausnotruf/