Mannheim. „Herr Riehle, können Sie zocken?“ Der Bürgermeister steht mit einem XBox-Controller im Mannheimer Planetarium und kriegt sich vor Lachen nicht mehr ein. „Nee“, sagt Thorsten Riehle und wird daher durch eine Mitarbeiterin angeleitet, den Flug von der Erde zur Venus zu starten. Das geht auch per Tablet - mit Klick aufs Raketensymbol. Und schon geht die Reise in unendliche Weiten los.
Ein „zockender“ Bürgermeister fliegt zur Venus
Die interaktiven Tools sind nur eine Neuheit von vielen, mit denen das Planetarium einer Umbaupause wieder öffnet. „Wir können gerade Schulklassen durch die Interaktivität viel mehr bieten“, erklärt Mathias Jäger, wissenschaftlicher und technischer Leiter des Planetariums. „Und wir können viele Dinge jetzt live zeigen mit einem Klick.“
Er zeigt in der Kuppel ein gestochen scharfes Videobild der Sonne. Schwarze Flecken zeigen aktuelle Sonnenstürme. „Wir haben die Daten 1:1 und können so etwa auch zeigen, was in der Forschung gerade geht und sich entwickelt.“ Dazu gehören auch bunte Bilder aus der größten Kamera der Welt - und Weltraumteleskopen wie Hubble.
Sonnensturm und Sternennebel - live im Planetarium Mannheim
Man muss gestehen: Beim „Hinter den Kulissen“-Termin im Planetarium kann man sich selbst und diese Welt sowie all ihre Probleme mal nichtig fühlen. Durch Effekte wie 3D-Sound, täuschend echte Animationen und gestochen scharfe Bilder und Farben aus dem All und fühlt man sich wie nur ein kleiner Punkt Sternenstaub, während man dank leistungsstarkem Carl-Zeiss-Projektor durch die Milchstraßengalaxie fliegt. Dabei versuchen einem Astrophysiker mit trockenem Humor Entfernungen von 400 000 Lichtjahren zu erklären. „Das ist das beste Schwarz, das wir je hatten, Physiker verstehen das“, sagt Jäger, als er über die neue Projektionstechnik spricht. Er lacht laut. Auch das kleine Publikum ist amüsiert.
Neben dem Bildungsauftrag sei aber auch die Bedeutung des Planetariums fürs Unterhalten, etwa wie mit Shows wie zum Pink Floyd-Jubiläum, nicht zu unterschätzen, betont indes Riehle. In Mannheim war sie erfolgreich und die Shows schnell ausverkauft. Die neue LED-Technik in der Kuppel und noch leisere Beamer sollen in Zukunft alle Events noch besser machen.
„Hab ich das jetzt kaputt gemacht?“, kichert Riehle dann plötzlich, als das Bild bei seiner Fahrt durchs All stehen bleibt. Er starrt ungläubig auf den XBox-Controller. Jäger beruhigt ihn und sagt, aktuell befinde man sich noch in der Übungsphase. „Die verbleibende Zeit bis zum Wiedereröffnen werden wir vorrangig damit verbringen, Programme auf die neue Software anzupassen und das Team, das die Vorführungen macht, zu trainieren.“
Jäger nimmt die Truppe noch mit in den kleinen Raum, in dem die Rechner für die Show stehen. „Backstage“ ist es wahnsinnig heiß und man versteht Jäger nur schlecht wegen der Abluftgeräusche. Für nur einen Bildwechsel in der Kuppel kommunizieren neun PCs miteinander, erklärt er.
Zuvor hatte es mächtig gestaubt und gekracht im gesamten Planetarium. Alles musste raus: Wasserleitungen, die aus den 80er Jahren stammen, sanitäre Anlagen, Kacheln. Auch die Projektionstechnik im Kuppelsaal benötigte ein grundlegendes Update.
Wachsender Trend trotz Corona bei den Besucherzahlen
Im zurückliegenden Jahrzehnt hat das Planetarium Mannheim seine Besucherzahlen – abgesehen von den Corona-Jahren – kontinuierlich gesteigert, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Bürgermeister Riehle. Im vergangenen Jahr zählte es über 155.000 Besucher. „Das ist eine beachtliche Zahl und unterstreicht die Bedeutung des Planetariums als wichtige Kultur- und Bildungseinrichtung“, so Riehle.
1,7 Millionen Euro in Planetarium Mannheim investiert
Auch Christian Theis, der Geschäftsführer des Planetariums ist zufrieden: „Wir sind gut damit vorangekommen, das Planetarium für die nächsten Jahre und Jahrzehnte fit zu machen.“ Insgesamt beläuft sich die Investition in die Modernisierung der Projektionstechnik im Kuppelsaal auf rund 1,1 Millionen Euro. Dabei hat sich die Stadt Mannheim mit einem Zuschuss von 930.000 Euro beteiligt.
Die Kosten für die Instandhaltung der Wasserleitungen und Sanitäranlagen von rund 295.000 Euro sowie den Umsatzausfall durch die vorübergehende Schließung von rund 230.000 Euro (gesamt rund 525 000 Euro) hat die Planetarium Mannheim gGmbH komplett selbst finanziert, so Theis.
Rund 1,7 Millionen Euro wurden so insgesamt investiert. „Das ist viel für ein kleines Haus“, weiß auch Theis. Aber er und Riehle sind sich einig: Die Nachfrage gebe ihnen recht. Im Schnitt kommt ein Besucher aus rund 50 Kilometern Entfernung zum Planetarium angefahren. Davon profitiert auch die Stadt. Riehle bescheinigt dem Planetarium-Team mit Nachdruck eine „wirklich gute Arbeit“.
Wie das Mannheimer Planetarium nach den Sternen greift
Das Publikum darf also gespannt sein, was die Früchte dieser in der Zukunft sind. Los geht es mit neuem Programm am 16. Juli. Wer dann „Unendliche Weiten“ ansieht, kann von der Erde durch unser Sonnensystem reisen und dabei die Schönheit der Planeten und Galaxien genießen. Außerdem lernen Besucher dort, sich am nächtlichen Himmel zu orientieren: Wo steht der große Wagen? Wie finde ich mit seiner Hilfe den Polarstern? „Es ist schön, dass wir so etwas in Mannheim haben. Vor lauter Lichtverschmutzung, die hier auch Thema ist, sehen wir die Sterne über Mannheim nie so klar wie im Planetarium“, sagt Riehle und nickt zufrieden.
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