Bei der Mannheimer CDU ist am Sonntag wenig darüber zu erfahren gewesen, wie die Zeit nach Nikolas Löbel aussehen soll. Wer wird von Löbel den Vorsitz des Kreisverbands übernehmen, wer im Herbst für den Bundestag kandidieren? Die meisten, die man fragt, verweisen auf das Statement, das der Kreisvorstand nach seiner Sondersitzung abgegeben hat. Dem schließen sie sich an.
Darin verurteilt das Gremium nicht nur Löbels Masken-Geschäfte und drängt ihn zum Rückzug von Bundestags- und Stadtratsmandat bis 31. März statt wie von Löbel angekündigt bis 31. August. Dem kam der Mannheimer Politiker nach: Am Montag wurde verkündet, dass Löbel mit sofortiger Wirkung von allen politischen Ämtern zurücktritt. In der Stellungnahme des Kreisvorstands hieß es auch auch, man werde „zeitnah alle erforderlichen Schritte abstimmen und einleiten, die für eine personelle Neuaufstellung des CDU-Kreisverbandes Mannheim erforderlich sind“. Darüber wolle man dann „zu gegebener Zeit informieren“.
Chronologie eines Sonntags
Chronologie eines Sonntags
10.18 Uhr: Nikolas Löbels Referent Thomas Hornung verschickt eine persönliche Erklärung des Abgeordneten: „Ich übernehme die Verantwortung und ziehe mich aus der Politik zurück“, heißt es darin. Löbel kündigt an, seine Mandate in Bundestag und Gemeinderat zum 31. August niederzulegen. Den Kreisvorsitz der Mannheimer CDU will er sofort abgeben.
10.59 Uhr: Diese Redaktion schickt eine Mail mit Fragen an Löbel – unter anderem, warum er die zwei Mandate erst zum 31. August abgibt. Löbel reagiert nicht.
11 Uhr: Der Kreisvorstand der Mannheimer CDU beginnt seine am Samstag anberaumte Sondersitzung per Videokonferenz. Löbel selbst nimmt auch daran teil. Zu jeder Vorstandssitzung werden auch Fraktionschef Claudius Kranz und die beiden CDU-Bürgermeister Christian Specht und Michael Grötsch sowie die Orts- und Ehrenvorsitzenden eingeladen.
14.25 Uhr: Der Kreisvorstand verschickt eine Erklärung. Darin fordert er Löbel auf, seine Ämter bis spätestens 31. März abzugeben, um allen Beteiligten eine unnötige Hängepartie zu ersparen. „Das ist vor dem Hintergrund der Geschehnisse unausweichlich, folgerichtig und konsequent.“ imo/stp
Stadträtin Katharina Funck, neben Egon Manz stellvertretende Kreisvorsitzende, verweist ebenfalls auf dieses Statement. Zur Frage, ob sie Ambitionen auf eines der beiden Ämter habe – kein Kommentar. Ähnlich ist es bei Finanz- und Sicherheitsbürgermeister Christian Specht. Auch er sagt nichts dazu, ob er Kreis-Chef werden will, und verweist auf die Stellungnahme. Kulturbürgermeister Michael Grötsch reagiert gar nicht erst auf eine Anfrage.
Klar sind am Sonntag nur zwei Dinge. Zum einen, dass CDU-Fraktionschef Claudius Kranz keine Ambitionen auf eines der beiden Ämter hat, wie er auf Anfrage klarstellt. Er war Löbels Vorgänger als Kreis-Chef. Und dass Alfried Wieczorek Löbels Mandat im Gemeinderat übernehmen wird. Der Kandidat für die Landtagswahl im Mannheimer Süden war 2019 in den Gemeinderat gewählt worden, konnte den Sitz damals aber nicht annehmen, weil er – als Generaldirektor der Reiß-Engelhorn-Museen – in leitender Funktion bei der Stadtverwaltung beschäftigt war. Jetzt ist Wieczorek im Ruhestand und will das Mandat antreten, wie er am Sonntag erklärt.
Für den Endspurt seines Landtagswahlkampfs bedeuteten die Masken-Geschäfte von Löbel „einen harten Dämpfer“, wie auch für die gesamte Mannheimer CDU, so Wieczorek. „Wir werden als CDU lange daran zu knabbern haben.“ Auch Lennart Christ, Kandidat im Mannheimer Norden, ist wenig begeistert über die Entwicklung der vergangenen Tage. Er sei „fassungslos“ über die Masken-Geschäfte, Löbels Rücktritt ohne Alternative.
Auch Egon Jüttner, Vorgänger als Abgeordneter in Berlin, begrüßt Löbels Rückzug, wie er dieser Redaktion erklärt. Gemeinsam mit anderen CDU-Mitgliedern hätte sich Jüttner nach eigenen Angaben am Montag nach der Landtagswahl an die Öffentlichkeit gewandt und Löbels Rücktritt gefordert. Die Gruppe habe die Wahl abwarten wollen, um nicht für ein mögliches schlechtes Ergebnis verantwortlich gemacht werden zu können, so Jüttner.
Aus den anderen politischen Lagern in Mannheim kommen am Sonntag ebenfalls Reaktionen. Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) teilt auf Anfrage mit, der Rücktritt Nikolas Löbels sei „die einzig denkbare Konsequenz“. Löbel sei „der Verantwortung und besonderen moralischen Verpflichtung, die sich mit dem Amt eines Bundestagsabgeordneten und direkt gewählten Vertreters unserer Stadt verbindet, nicht gerecht geworden.“
Kritik an Löbels Zeitplan
Der SPD-Kreisverband pocht in einer Mitteilung darauf, dass Löbel die beiden Mandate sofort niederlegt. „Wenn Nikolas Löbel noch einen Rest Anstand und politisches Gefühl hat, muss er sofort zurücktreten“, so der SPD-Vorsitzende Stefan Fulst-Blei. Auch die Linken-Kreischefs Jori Fesser und Pascal Waldecker fordern, dass Löbel die beiden Sitze sofort abgibt. Mit seinem Warten belohne er sich „mit weiteren 50 000 Euro, die ihm sein Status als Bundestagsabgeordneter bis August einbringt, zusätzlich zu der entsprechenden Altersversorgung“.
FDP-Fraktionschefin Birgit Reinemund und Liberalen-Kreischef Konrad Stockmeier vermissen eine Begründung Löbels dafür, dass die Niederlegung des Bundestagsmandats erst zum 31. August erfolgen soll. Und die Fraktion der Freien Wähler/Mannheimer Liste fragt sich, was mit den 250 000 Euro passiert, die Löbel bekommen hat. „Wenn Nikolas Löbel es mit seiner Aussage ,Ich hab einen Fehler gemacht’ ernst meint, sollte er das Geld einer gemeinnützigen Organisation spenden“, so Fraktionschef Achim Weizel.
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