Er fand es "schön, dass man als Bürotäter auch mal etwas wachsen sieht", sagte Rechtsanwalt Jan Kleinehr und griff wieder nach einem Holzbrett. Und weil sie "gut findet, wenn sich mal nicht immer alles um die eigene Geschäftswelt dreht" half auch Berit Moßbrugger, sonst Geschäftsführerin eines Weiterbildungsunternehmens, gerne mit. Insgesamt rund 20 Jungunternehmer und Führungskräfte aus der Wirtschaft zogen Anzug und Kostüm aus, verbrachten den gesamten Samstag als Bauarbeiter im Kinderheim St. Josef - ehrenamtlich.
Es riecht nach Sägemehl, man hört Sägen kreischen, Bohrer surren. Es werden Bretter geschleppt, Schrauben gedreht, Isolierungen montiert, Wände bemalt. "Eine super Sache", freute sich Frank Loreth, der Verwaltungsleiter des Heims, über die Initiative der Wirtschaftsjunioren: "Wir hätten alleine weder die Mittel noch die Leute dazu!" Die Vereinigung von jungen Unternehmern und Führungskräften in Betrieben der Industrie- und Handelskammer hat schon 2014 einen Wohnbereich des Heimes renoviert.
"Ärmel hochkrempeln"
Regelmäßig - mal in Ludwigshafen, mal in Mannheim - machen die Wirtschaftsjunioren solche Projekte. "Grundgedanke ist es, die Ärmel hoch zu krempeln und dort in der Metropolregion anzupacken, wo es benötigt und gut investiert ist", beschreibt Hannah Knoth von den Wirtschaftsjunioren das Konzept des "Sozialtags". Federführend ist der Arbeitskreis "Kritisches Engagement in der Politik", aber es beteiligen sich alle Mitglieder.
Nun äußerte das Kinderheim einen besonderen Wunsch: Band- und Proberäume. "Wir haben derzeit zwei Bands, bald schon vier, und machen auch immer wieder Einzel-Instrumentalunterricht", so Musiklehrer Zacharias Zschenderlein. Von sieben bis 19 Jahre alt seien etwa die Jungs und Mädchen, die Schlagzeug üben - dafür brauche er aber einen einigermaßen schalldichten Raum.
Doch mit Alexander Hofer haben die Wirtschaftsjunioren auch einen Architekten in ihren Reihen. Der sorgte für das Konzept, übernahm die technische Leitung. Immerhin ging es darum, an einem Tag drei Kellerräume zu Probe-, Regie- und Lagerräume umzubauen, einschließlich der nötigen Schallisolierung, Tontechnik und Kabel. Das reichte von neuen Fußleisten und Fußbodenbelag über Holzverkleidungen, der Installation von Beleuchtung bis zu schallschluckenden Schaumstoffkörpern.
"Ich finde es ein schönes, ein sinnvolles Projekt - und es macht Spaß", Viktoria Bechtgold, die sonst bei einem großen Energieversorger am Schreibtisch sitzt. "Gerade Kinder sind doch ein wichtiges Thema, da helfe ich gerne", betonte Berit Moßbrugger. "Wir übernehmen hier als junge Wirtschaft soziale Verantwortung", begründet Jan Kleinehr sein Engagement.
"Dafür lassen sich die Mitglieder immer wieder gerne motivieren, auch an einem Samstag mit gutem Wetter", sagte Oliver Brix, der Vorsitzende der Wirtschaftsjunioren Mannheim/Ludwigshafen. "Verantwortung übernehmen, sich gesellschaftlich engagieren" - das sei neben der Vernetzung und der Weiterbildung für viele Mitglieder der Hauptgrund, sich bei den Wirtschaftsjunioren zu engagieren: "Hier können wir es praktisch beweisen", so Brix.
Kinderheim St. Josef
- Das Kinder- und Jugendheim St. Josef wurde bereits 1851 gegründet und ist damit die älteste noch bestehende Sozialeinrichtung in Mannheim.
- Träger ist seitdem ununterbrochen die katholische Kirche.
- Dazu gibt es die Außenstelle St. Agnes nur für Mädchen und ein "Kindernest", beides in der Neckarstadt.
- Insgesamt leben in Wohngruppen und Wohngemeinschaften rund 130 Kinder und Jugendliche. Ferner gibt es Tagesgruppen. pwr
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