Stadtgeschichte (mit Fotostrecke und Video)

Welche Prominenten im Mannheimer Maritim wohnten

Ein Abschied voller Wehmut: Bernd Ringer, seit 1995 Direktor, räumt derzeit das Mannheimer Maritim-Parkhotel. An welche besonderen Gäste er sich erinnert

Von 
Peter W. Ragge
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Die prachtvolle Eingangshalle mit viel Marmor und Kristall sowie die Außenfassade des Maritim-Parkhotels stehen unter Denkmalschutz. © Michael Ruffler

Mannheim

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Er sei „schon melancholisch“, gibt er zu, und man spürt die Traurigkeit. Ringer ist Mannheims dienstältester Hoteldirektor, und er stammt aus einer berühmten Familie. Bertha Benz, die der Erfindung ihres Mannes durch ihre mutige Fahrt nach Pforzheim zum Durchbruch verhalf, ist eine geborene Ringer und seine Ur-Ur-Ur-Oma. Ihren Mut, ihre Experimentierfreude hat er geerbt. Stars im Haus und kreischende Fans davor, höchste Sicherheitsstufe - er hat schon alles routiniert bewältigt, doch derzeit erfüllt er „eine meiner schwierigsten Aufgaben, eine mit ganz, ganz viel Emotion“. Er muss das Hotel räumen, „besenrein“.

Erinnerungen aus dem Gästebuch: Hoteldirektor Bernd Ringer links 1997 mit Astronaut Buzz Aldrin. © Michael Ruffler

Schon 2019 hat die Pro Concept AG das Gebäude von der Karlsruher Lebensversicherung gekauft, der Pachtvertrag mit Maritim lief aber noch. Nun soll das Haus Mitte November übergeben werden - einschließlich Inventar. „Wir räumen nur das ’raus, wo Maritim draufsteht“, sagt Ringer. Schilder kommen weg und Prospektständer, Akten und Prospekte werden verpackt und an die Zentrale oder andere Häuser der Hotelkette verschickt.

Vor 35 Jahren seine Frau im Maritim kennengelernt

16 Mitarbeiter hat Ringer noch, die mit ihm ausräumen - in den besten Zeiten des Hauses waren es mal 120. Seit der Schließung seien „viele anderswo untergekommen“, bei anderen Maritim-Häusern wie auch bei Hotels in Mannheim. Einige hätten die Branche verlassen. Ringer selbst wird dem Konzern „noch für gewisse Projekte zur Verfügung stehen“, wie der 61-Jährige formuliert. Dann geht er in die passive Phase der Altersteilzeit, Mitte 2025 ganz in Rente.

Derzeit aus- und aufzuräumen habe neben der emotionalen Seite „auch etwas Befreiendes“, sagt Ringer. So sehr er seinen Beruf geliebt und gelebt hat - er ist spürbar frustriert und froh, dass er manches nicht mehr miterleben muss: die Erhöhung der Umsatzsteuer in der Gastronomie („ausgerechnet der am meisten gebeutelten Branche durch Corona“) oder die Einführung einer Bettensteuer ab 2024 in Mannheim. „So sexy ist die Stadt aber nicht, dass die Leute hier immer mehr zahlen“, ärgert er sich über die Politik.

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Aber er geht auch voller Dankbarkeit - dankbar ist er für tolle Gäste, für prima Mitarbeiter. Viele ehemalige Auszubildende und Stammgäste hätten ihn und sein Haus noch mal besucht, ehe am 15. Oktober die letzten Gäste, die zuvor auf der „Veterama“ waren, ausgecheckt hätten. Dieses Haus, „es ist mein Schicksal“, sagt er gerührt und dankbar. Schließlich hat er hier vor 35 Jahren seine Frau kennengelernt, mit der er nun 32 Jahre verheiratet ist. Sie sass damals mit Kollegen an der Bar, er war stellvertretender Direktor und brachte mit einem großen Tablett Gläser-Nachschub nach oben. „Sie hat mir die Tür aufgehalten“, weiß er noch - dann hat es gefunkt.

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Nach Stationen in Maritim-Häusern in Pforzheim und Bad Homburg kam Ringer 1995 dann als Direktor nach Mannheim zurück. Ob Jazzabende, Live-Musik in der Piano-Bar, Tanzcafe oder besondere Benefizaktionen - er erwies sich immer wieder als einfallsreich. „Ich habe immer mal wieder am Konzept gefeilt, aber die Abwechslung hat Spaß gemacht und mich jung gehalten“, sagt Ringer. Das Maritim - das war dank der wunderschönen Renaissance-Fassade sowie des von mächtigen Säulen, Carrara-Marmor und italienischen Kristall-Kronleuchtern verzierten, denkmalgeschützten Treppenaufgangs lange Mannheims Grand-Hotel. Ringer machte es aber trotz des besonderen Ambientes zum beliebten, ja familiären gesellschaftlichen Treffpunkt.

Hier haben viele Künstler, der damalige SPD-Chef Rudolf Scharping und Stadtprinzessinnen gewohnt: die zweistöckige Suite, Zimmer 517. © Michael Ruffler

2001 bewältigte Ringer eine dreimonatige Schließung zur Komplett-Sanierung mit - damals - neuer Klimatechnik. Danach wurde das Maritim zur Außenstelle des Standesamts, wofür Ringer eigens einen Mahagonitisch in Herzform anschaffte. „Wir hatten hier in 15 Jahren mindestens 500 Hochzeiten“, blickt er gerne zurück. Auch an lustige Momente erinnert er sich - etwa jenen Mann, der nachts splitterfasernackt durchs Hotel lief. „Der war nicht betrunken, nur so verschlafen, dass er die Toilettentür mit der Zimmertür verwechselte und dann nicht mehr reinkam“, weiß Ringer noch.

Im Gästebuch stehen viele prominente Namen

„Die Menschen waren immer am interessantesten“, blickt er zufrieden und doch wehmütig zurück, wenn er durch das Gästebuch blättert. Auf zwei Einträge ist er besonders stolz. Astronaut Buzz Aldrin, bei der Apollo-11-Mission zweiter Mensch auf dem Mond, war 1997 im alten Eisstadion bei einer BMW-Veranstaltung und dann im Maritim zu Gast. „Ein ganz toller Mensch mit Visionen, ein Erlebnis, mit ihm zu sprechen“, so Ringer.

„Eine meiner schwierigsten Aufgaben: Hoteldirektor Bernd Ringer, hier vor der Wand mit Fotos von Prinzessinnen und Prominenten, muss das Haus räumen. © Michael Ruffler

Gleich zwei Fotos und Dankschreiben von Prinzessin Haya von Jordanien hat er im Gästebuch, denn als Präsidentin der Internationalen Reiterlichen Vereinigung ist sie mehrfach in Mannheim, als hier die Europameisterschaften der Springreiter ausgetragen werden. Bei der ersten EM, 1997, lässt Ringer mit einem Autokran ein Kunststoff-Pferd auf das Kuppeldach vom Maritim stellen - eine spektakuläre Aktion und Zeichen dafür, dass er damals eine Allianz der Hotels schmiedet, um alle internationalen Gäste gut unterzubringen.

Auch bei allen Maimarkt-Turnieren spielt das Maritim eine wichtige Rolle. Peter Hofmann, der Reitervereinspräsident, sei daher „ein sehr guter Freund, dem ich viel zu verdanken habe“, dankt Ringer. Das gelte ebenso für Bert Schreiber, Chef der Rustikalen Feinschmeckerchuchi. „Grandios, wie viel Prominenz der für ein Stück Stoff hierher geholt hat“, meint er mit Blick auf die „Mannheimer Kochschürze“.

Das Parkhotel

Parallel zum Rosengarten entstand 1900/1901 im neubarock-französischen Stil und gelbem Sandstein das ParkhotelHotel National“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg schliefen obdachlose Familien hier, in den 1950er Jahren diente es als „Amerikahaus“.

1984 übernahm das Maritim das Haus. Es hatte 172 Zimmer, sechs Konferenzräume, Wellnessbereich, Bar sowie im rustikalen Gewölbekeller das „Papageno“ und das Parkrestaurant. pwr

Prominenz ging über Jahrzehnte im Maritim ein und aus. „Später hat sich das dann mehr verteilt“, so Ringer zur zunehmenden Konkurrenz auf dem Vier-Sterne-Markt. Zuvor hat etwa der Neue-Deutsche-Welle-Star Hubert Kah („Sternenhimmel“) jahrelang im Maritim gewohnt. Das Gästebuch weist Einträge von Schriftsteller Charles Bukowski ebenso wie von der Rockband Genesis, Cindy & Bert, Al Bano & Romina Power, BAP, Mario Adorf, Andre Rieu und Bon Jovi, aber auch Franz Beckenbauer und Horst Eckel aus.

Gerhard Schröder und die Bar

Designer Luigi Colani war anlässlich des Wasserturm-Jubiläums da, Prinz Haakon (mit Butler und Adjutant), um sich in der Coleman-Kaserne zu informieren, ob US-Panzer für das norwegische Militär geeignet sind. Als beim SPD-Bundesparteitag 1995 im Rosengarten völlig überraschend Oskar Lafontaine die Wahl gegen Rudolf Scharping als Parteivorsitzender gewinnt, sind alle SPD-Größen im Maritim. Scharping in der Suite mit der Zimmernummer 517, Lafontaine und Gerhard Schröder daneben in den beiden Juniorsuiten. In der Maritim-Bar lernt Schröder die Journalistin Doris Köpf kennen - später seine vierte Ehefrau.

Der Hoteldirektor 1997 mit Prinzessin Haya von Jordanien. © Michael Ruffler

Diese Bar ist auch zum wichtigen Treffpunkt für Mannheimer Fasnachter geworden, seit Ringer vor über 20 Jahren begann, jeweils während der Kampagne die Mannheimer Stadtprinzessin zu beherbergen. Deren Bilder hängen, mit herzlichen Dankesworten versehen, im Foyer - zwischen Künstlern wie Udo Jürgens, Howard Carpendale oder Wencke Myhre. Auswärtige Reisende bestaunen diese Galerie der hübschen Damen in den edlen Kleidern immer wieder, zuletzt die vielen Gäste, die anlässlich der Bundesgartenschau gekommen sind. Egal ob von Reisegruppen oder Einzelreisenden, da sei das Maritim zum Abschied noch mal „sehr reichlich gebucht“ worden, so Ringer: „Das war für die Hotels eine gute Sache, und für mich zum Abschluss auch!“

Redaktion Chefreporter

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