Mannheim. Sauberes Wasser ist für die Menschen in Deutschland so selbstverständlich geworden, dass das Thema nicht emotional behaftet ist. Doch so selbstverständlich es auch sein mag: Dass das Wasser aus unseren Leitungen nicht verunreinigt ist, ist mit vielen Herausforderungen verbunden. Wie vielschichtig das Thema ist, verdeutlichte der Vortrags- und Diskussionsabend „Wasser. Unsere wertvollste Ressource im Faktencheck“, zu dem das Reiss-Engelhorn-Museum (rem) in Kooperation mit der HAAS Mediengruppe am Donnerstagabend in seinen Anna-Reiß-Saal eingeladen hatte.
Was Christian Lerch, Abteilungsleiter Abwasserbehandlung von der Stadtentwässerung Mannheim, mit der eingangs dieses Berichts gefassten Feststellung betonte, untermauerte Alfred Ewen, Gruppenleiter Labor und Wassertechnik bei der MVV: „Wir machen uns keine Gedanken, dass es eventuell ein Problem werden kann.“ Das sei der Fall, wenn das Wasser so verunreinigt werden würde, dass es nicht mehr richtig aufbereitet werden könnte. Herausforderungen seien etwa Medikamenten-Rückstände, Pestizide, Ewigkeitschemikalien oder andere Schadstoffe.
Auf der Erde gibt es rund 36 Kubikkilometer Süßwasser
In ihrem Impulsvortrag hatte zuvor Monique Bissen, Geschäftsführerin der BWT Wassertechnik in Schriesheim, aufgezeigt, dass es auf der Erde rund 36 Kubikkilometer Süßwasser gebe. Das macht aber nur 2,6 Prozent der Wassermenge unseres Planeten aus – davon ist mehr als ein Drittel im Polarkreis, im Meereis und in den Gletschern gebunden. Die restlichen 97,4 Prozent sei Salzwasser, das aufgrund seines hohen Salzgehalts ohne Aufbereitung für Menschen und Tiere nicht genießbar sei.
Ein Problem sei es auch, dass das Wasser auf der Erde nicht gleich verteilt sei und es Regionen gebe, in denen mehr Wasser verwendet würde, als genutzt werden sollte. „Spanien überreizt seine Wasserressourcen“, sagte Bissen. Die BWT-Geschäftsführerin skizzierte, dass für das Wachstum von einem Kilogramm Tomaten 190 Liter Wasser benötigt würden, für ein Kilo Erdbeeren 250 Liter. Die drei Top-Kandidaten auf ihrer Liste waren die Herstellung eines Computers (20.000 Liter), ein Kilo Rindfleisch (15.000) sowie die Produktion einer Jeans (11.000). Im Sinne einer ressourcenschonenden Verwendung von Wasser, sei es daher wichtig, regionale und saisonale Produkte zu kaufen und zu überlegen, ob man wirklich noch eine Jeans im Schrank benötige und auf Fast-Fashion-Mode zu verzichten.
Ein 25-Jähriger besteht zu 60 Prozent aus Wasser
„Die bakterielle Belastung ist der Hauptgrund für Todesfälle durch verunreinigtes Wasser“, betonte Bissen. Während in Europa, den Amerikas und in Australien bis auf regionale Belastungen etwa durch extensive Landwirtschaft, Minen oder Fracking das Wasser überwiegend gut sei, so sehe es mitunter in Afrika und besonders in Asien anders aus. Während in Asien vielfach die fehlende Müllentsorgung für die Sauberkeit des Wassers ein Problem darstelle, fehle es in Afrika am Geld, um Klärwerke und Aufbereitungsanlagen zu bauen.
Wie wichtig sauberes Wasser für den Menschen sei, verdeutlichte Bissen. So bestehe etwa ein 25-Jähriger zu 60 Prozent aus Wasser: „Ein Wassermangel im Körper von ein bis zwei Prozent sorgt für ein Durstgefühl und einen Abfall der Leistungsfähigkeit.“ Bei fünf bis zehn Prozent reagiere der Körper mit Schwindelgefühl und Kopfweh schon kritisch, bei mehr 15 Prozent führe der Wassermangel zum Tod. „Der Mensch sollte sein Körpergewicht in Kilogramm mit 0,03 multiplizieren, um bei Normaltemperatur seinen Wasserbedarf pro Tag zu berechnen. Bei einer 60 Kilogramm schweren Person sind das 1,8 Liter“, verdeutlichte sie. Da der Magen-Darm-Trakt lediglich 0,5 bis 0,8 Liter Wasser verarbeiten könne, sollte das Wasser über den Tag verteilt getrunken werden.
Unter der Leitung von Katja Bauroth, Chefredakteurin des regionalen Wirtschaftsmagazins Econo von Haas Media, ging es in der Diskussionsrunde immer wieder um die Wasser-Bedingungen in der Stadt. Auch wenn in Mannheim viel Industrie angesiedelt sei, so gebe es laut Bissen keine größeren Herausforderungen für die Wasserversorgung wie in jeder anderen deutschen Großstadt. Diese würde laut Lerch aber durch verschiedene Bestandteile im Wasser „mehr und komplexer“.
Stadtentwässerung betreibt in Sandhofen eine Biogasanlage
Schon seit mehreren Jahren verfüge die Stadtentwässerung über eine vierte Reinigungsstufe mit Kohlefiltern, um das Wasser noch besser aufbereiten zu können: „Wir reinigen 80 Millionen Liter Wasser pro Tag“, skizzierte er das immense Volumen – das entspricht 260 Liter pro Einwohner, wobei 120 Liter auf die Haushalte entfallen. Der Rest komme aus der Industrie oder als Niederschlagswasser in die Systeme. Mit dem Schlamm aus den Klärwerken betreibe die Stadtentwässerung in Sandhofen eine eigene Biogasanlage: „Damit decken wir 60 bis 70 Prozent unseres Strombedarfs.“
Bei den Ewigkeitschemikalien würden laut Ewen in Mannheim alle Grenzwerte eingehalten. Er bezeichnete aber diese Rückstände im Trinkwasser als „die größte Herausforderung für die Trinkwasserversorgung“. Den Aufwand müssten die Menschen über den Wasserpreis bezahlen. Deswegen sprach er sich dafür aus, das Verursacherprinzip stärker in den Blick zu nehmen.
Lerch blickte auf eine weitere Herausforderung: „Die Erkenntnis, dass die Toilette kein schwarzes Loch ist, würde uns schon helfen.“ Es gebe Dinge wie Hygieneprodukte, die nicht in die Toilette gehören würden.
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