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Was tun beim Flugzeugabsturz? Gemeinsame Übung in Mannheim

Von 
Peter W. Ragge
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Fiktiver Absturz am Damm: Mitglieder von Technischem Hilfswerk und Flugplatzfeuerwehr üben an einem Flugzeugwrack. © Michael Ruffler

Der laute Piepston und der Spruch „Foxtrott drei Bravo“ beenden die Routine an diesem Samstagmorgen auf dem Flugplatz Neuostheim. Doch das Unglück, wofür dieses interne Kürzeldeutsch steht, ist nur fingiert. Der Zusammenstoß von zwei Kleinflugzeugen in der Luft und ihr Absturz bilden das Szenario für die erste Großübung des Technischen Hilfswerks (THW) mit der Flugplatzfeuerwehr, denn künftig soll das THW in den Alarmplan der Flugplatzfeuerwehr vom City Airport eingebunden werden.

Zwei Kleinflugzeuge kollidieren hoch über der Landebahn. Eine viersitzige Piper kracht daraufhin an ein altes Werftgebäude, das deshalb nun einsturzgefährdet ist - aber im Keller liegt ein Verletzter, hinter Trümmern eingesperrt. Und die zweisitzige Cessna ist am westlichen Damm niedergegangen, hängt da jetzt am Hang mit zwei Verletzten, darunter eine Person eingeklemmt.

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Übung am Flugplatz Mannheim: fiktiver Absturz von Kleinflugzeugen

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„Reine Theorie“, stellt Rainer Jakob, der Leiter der Flugplatzfeuerwehr, klar. „Schließlich sind wir hier Flugkontrollzone, die Lotsen haben den Flugverkehr hier komplett im Blick“, weshalb so etwas nicht passieren könne. Aber die Aufgabenstellung solle bewusst komplex sein.

Von der insgesamt 16-köpfigen Flugplatzfeuerwehr sind immer mindestens drei Leute im Dienst, beim Linienflugbetrieb - der ja inzwischen nach langer Corona-Pause wieder aufgenommen worden ist - müssen es vier Feuerwehrleute sein. Die machen im Ernstfall das, was man Erstangriff nennt - sofortige Löschmaßnahmen, Menschenrettung. Dann ist im Notfall schnell die Berufsfeuerwehr da. Aus der Übung ist sie indes bewusst ausgeklammert worden. „Wir haben einfach angenommen, dass die bei anderen Einsätzen im Stadtgebiet komplett gebunden ist“, erläutert Jakob - weshalb der Flugplatz nun eben das THW alarmiert.

Mit Leitern und Leinen

Mit 20 Männern und Frauen sowie drei Fahrzeugen rückt das THW auf dem Flugplatz an. Dass es eine Übung gibt, haben die Helfer vorher zwar gewusst - aber nicht wo und was sie da erwartet. Dennoch muss es nach der Ankunft schnell gehen.

Während die Flugplatzfeuerwehr den Brandschutz sicherstellt und eine „verletzte“ Person aus der Gefahrenzone bringt, legen drei THW-Mitglieder Kletter- und Auffanggurte an, rollen Leinen aus und holen Leitern aus dem Fahrzeug, schleppen ein Notstromaggregat heran und bauen Lichtmasten auf. Es gilt, an die Person - in dem Fall eine Puppe - in dem einsturzgefährdeten Schacht heranzukommen, ihr Erste Hilfe zu leisten und sie dann aus dem schmalen Schacht herauszuholen.

Am zweiten Einsatzort, an der abgestürzten Maschine am Damm, gibt es auch zwei „Verletzte“. Ein Mann, beeindruckend blutig geschminkt, kann schnell gerettet werden - einer ist aber in dem Flugzeugwrack verkeilt. Solche alten Wracks seien für Übungen ideal, man habe sie sich „vor einigen Jahren mal gesichert“, sagt Rainer Jakob, während seine Leute und die THW-Mitglieder an dem Hang voller Disteln mit schwerem Gerät arbeiten.

Viele neue Helfer

„Es bestand immer die Gefahr, dass das Flugzeug abrutscht“, beschreibt THW-Gruppenführer Johannes Schmottlach die Herausforderung für die Männer und Frauen seines Bergungszuges. Zudem habe der eingeklemmte Mann eine offene Blutung und kurzzeitig einen Herzstillstand gehabt, weshalb ein Helfer Herz-/Lungenmassage machen musste, eher der Verletzte mit hydraulischem Hebegerät befreit werden konnte, schildert Schmottlach das Szenario. Das ist natürlich alles nur Übung. „Im Ernstfall hätten wir hier auch noch 100 Liter Schaum gelegt“, ergänzt Patricia Dambach von der Flugplatzfeuerwehr.

Deren Leiter Rainer Jakob ist am Ende mit der Übung „sehr zufrieden, gerade da wir uns nicht kannten“. Das Ziel sei ja, künftig im Notfall schnell kooperieren zu können, erklärt er, während seine Leute mit einem neu angeschafften Teleskoplader sowie von THW-Mitgliedern unterstützt das Flugzeugwrack bergen.

Flugplatz Neuostheim

  • Der City Airport, betrieben von der Rhein-Neckar-Flugplatz GmbH, besteht seit 1926.
  • Hier stationiert ist die Rhein-Neckar Air, die mit 31-sitzigen Flugzeugen vom Typ Dornier 328 im Linienbetrieb von Mannheim nach Berlin und Hamburg sowie nach Sylt fliegt.
  • Die Zahl der Flugbewegungen lag 2021 bei 35 000, die der Passagiere bei 70 000.
  • Am Flugplatz gibt es 24 Hangars. Hier stationiert sind 155 Flugzeuge, darunter 15 Jets – meist von großen Firmen wie HeidelbergCement, SAP, Südzucker, Bauhaus – sowie Maschinen für Cargo-Charterflüge.

Für THW wie Flugplatzfeuerwehr ist das die erste größere Übung seit über zwei Jahren, denn wegen Corona durfte entweder nur per Video oder in Kleingruppen trainiert werden - und schon gar nicht mehrere Hilfsorganisationen zusammen. Auch Rettungsdienst und Freiwillige Feuerwehr bleiben diesmal noch außen vor, weil sie abends beim Marathon gefordert sind.

„Wir üben, um Schwachstellen zu finden“, sagt Rainer Jakob. Eine bekannte Schwachstelle ist die Kommunikation: Da die Flugplatzfeuerwehr zwar internationale Flugverkehr-Richtlinien, aber nicht die baden-württembergischen Standards einer Werkfeuerwehr erfüllt, darf sie nicht die Funkfrequenz von Feuerwehr und Rettungsdienst nutzen. „Aber wir sind da dran“, sagt Jakob.

„Neue Übungsflächen und Tätigkeitsfelder sind für die Helfer immer interessant“, findet Nicole Dudziak, zumal der THW-Ortsverband ständig Zuwachs bekomme und 120 Aktive, darunter 30 Prozent Frauen, zähle. Die bundesweite Aufmerksamkeit nach dem Großeinsatz bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal habe auch in Mannheim dazu geführt, dass sich viele Interessenten gemeldet und 15 Neumitglieder dabeigeblieben seien. Dazu komme eine erfolgreiche Jugendarbeit.

Redaktion Chefreporter

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