Mannheim. Wenn an einem der ersten schönen Frühlingstage mehr als 500 Menschen anstatt zum Strandbad in die nahe gelegene Rheingoldhalle pilgern, dann weiß man: Es sind turbulente Zeiten für Immobilienbesitzer. Kein Wunder: „Heizungsgesetz“, Wärmeplanung, Kommunalwahl - es gibt vieles, was die Eigentümer umtreibt. Und so konnte deren Interessensvertreterverband „Haus & Grund“ beim „Tag des Eigentums“ am Samstag deutlich mehr Besucher als in den Jahren zuvor begrüßen.
„Wir sind sehr zufrieden“, stellte denn auch Vorstand Josef Piontek fest. Zum einen, weil der Verband, aber auch das gut halbe Dutzend an Institutionen und Unternehmen wie etwa Klimaschutzagentur, MVV oder diverse Handwerksbetriebe, die im Vorraum ihre Stände aufgebaut hatten, zahlreiche Fragen beantworten konnten. Zum anderen auch, weil sich bei der anschließenden wohnungspolitischen Diskussion, zu der „Haus & Grund“ anlässlich der Wahl am 9. Juni Parteienvertreter eingeladen hatte, neben den bekannten Gegensätzen auch Gemeinsamkeiten abzeichneten.
Für die meisten Immobilienbesitzer war der deutlich besser besuchte Vormittag jedoch offenbar interessanter. Da ging es etwa um die Folgen des „Heizungsgesetzes“, den anstehenden Fernwärmeausbau, aber auch um das Ende des Nebenkostenprivilegs für Kabelanschlüsse. „Viele Eigentümer machen sich Gedanken über ihre Gasversorgung“, berichtete Piontek: „Welche Investitionen kommen auf mich zu? Und wie kann ich das finanzieren?“ Seine Empfehlung lautet: „Man muss sich unbedingt von einem Energieberater beraten lassen - und das nicht erst auf den letzten Drücker.“
Das wollten offenbar viele beherzigen, und so erzählten die Expertinnen und Experten der Klimaschutzagentur von einer langen Schlange an ihrem Stand - und dass dem einen oder anderen Energieberater sogar die Visitenkarten ausgingen.
Sozialquote zwischen den Parteien sehr umstritten
Bei der Debatte am Nachmittag konnte dagegen von Gedränge keine Rede mehr sein: Knapp 150 Interessierte hörten den Ausführungen der Kommunalpolitiker zu. Alle derzeit im Gemeinderat vertretenen Fraktionen waren da - abgesehen von AfD und LI.PAR.Tie, die „Haus & Grund“ gar nicht erst eingeladen hatte, weil für die Debatte sogar der „kleinste gemeinsame Nenner“ fehle, wie der Verband mit Bezug auf die Linken im Vorfeld erklärt hatte. So war es angesichts der Gemengelage nicht verwunderlich, dass die Vertreter des bürgerlich-liberalen Lagers ein Heimspiel hatten, während die von Grünen und SPD eher verteidigen mussten.
Für die ML erklärte Thomas Steitz etwa, dass die Sozialquote - wonach in Gebieten mit neuen Bebauungsplänen in Gebäuden mit mehr als zehn Wohnungen mindestens 30 Prozent mit reduzierten Mieten angeboten werden müssen - ebenso wie die Mietpreisbremse und der städtische Bodenfonds überflüssig seien. Volker Beisel von der FDP pflichtete ihm bei und betonte: „Das Hauptproblem der Mannheimer Wohnungspolitik ist die rot-grüne Regulierungswut.“ CDU-Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz stimmte seinen Vorrednern zu und forderte, das Bauamt solle wieder „zum Partner der Bauherren werden und nicht Gegner sein“.
Das wollte SPD-Fraktionschef Reinhold Götz nicht auf sich sitzenlassen, weshalb er die kommunalen Regulierungsinstrumente verteidigte und erklärte: „Eine Wohnung ist keine Ware wie jede andere.“ Beistand bekam er von Patric Liebscher (Grüne): „Wenn wir den sozialen Frieden erhalten wollen, müssen wir auch die Quote erhalten.“
Alle Parteienvertreter betonen, dass mehr Wohnraum hermuss
Abgesehen von diesen bekannten Gegensätzen gab es aber auch Gemeinsamkeiten. So betonten alle Parteienvertreter, dass mehr Wohnraum geschaffen werden müsse, dass Nachverdichtungen und Aufstockungen dazu der beste Weg seien und dass die Zahl der Bauvorschriften und bürokratischer Hindernisse reduziert werden müsse. Komplett neue Vorschläge waren nicht zu hören, und so zählte zu den interessantesten Aspekten, dass die CDU vorschlug, den Gestaltungsbeirat abzuschaffen, und die SPD versprach, bei der Neuregelung der Grundsteuer darauf zu achten, dass die Stadt insgesamt nicht mehr einnimmt als bisher.
Dennoch war „Haus & Grund“-Vorstand Piontek zufrieden: „Es hat einen Austausch gegeben und das ist das Wichtigste: dass man miteinander spricht.“ Seiner Einschätzung nach werden die privaten Immobilieneigentümer nämlich von Stadtverwaltung und Kommunalpolitik vernachlässigt, obwohl ihnen 60 bis 70 Prozent aller Wohnungen in der Stadt gehörten: „Wogegen wir uns wehren, ist eine einseitige Wohnungspolitik.“
„Wir wehren uns gegen eine einseitige Wohnungspolitik“
Ganz so einseitig scheint die nach Meinung einiger zufällig ausgewählter Eigentümer - die ihre Namen lieber nicht veröffentlich haben wollen - aber nicht zu sein. „Es wird zu viel gejammert“, stellte eine 61 Jahre alte Frau nach der Debatte fest, der zwei Mehrfamilienhäuser in Feudenheim gehören. Sie wolle hauptsächlich eines: „Planungssicherheit“.
Ein 85-jähriger Mann aus der Gartenstadt, dem knapp ein Dutzend Häuser in der ganzen Stadt gehören, erklärte, dass für ihn der Heizungstausch und die Refinanzierung von Investitionen in seine Immobilien die wichtigsten Themen seien: „Mit der Politik können wir zufrieden sein. In anderen Städten ist es noch schlimmer. Da sind wir in Mannheim noch gut dran.“
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