Mannheim. Christian Hötting und Claudius Kranz wählen zwei Sprachbilder, die das Gleiche sagen. In Telefonaten mit dem „MM“ zur Frage, mit wem ihre Parteifreunde in Sachsen und Thüringen jetzt koalieren sollten, spricht der Mannheimer CDU-Kreisvorsitzende am Montagmorgen von einer „Wahl zwischen Pest und Cholera“. Und Fraktionschef Kranz formuliert: „Eine Wahl zwischen Satan und Beelzebub.“
Beide sind sich auch sehr einig in ihrer Erleichterung darüber, nun nicht in der Haut der Verantwortlichen in Dresden und Erfurt zu stecken. In den ostdeutschen Freistaaten seien Bündnisse nur noch mit Parteien möglich, „die gänzlich entfernt von der CDU und ihren Inhalten sind“, so Hötting. Kranz sieht die Bildung von Minderheitsregierungen zwar als sehr schwierige, aber wohl noch beste Option an.
Melis Sekmen findet, es muss mit allen Parteien gesprochen werden
Melis Sekmen, die von den Grünen zu den Christdemokraten gewechselte Mannheimer Bundestagsabgeordnete, schreibt auf Anfrage: „In meinen Augen muss mit allen gewählten Parteien gesprochen werden. Es darf am Ende aber keine Regierung mit der AfD geben, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird.“
Hötting erinnert daran, dass der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke laut Gerichtsurteil sogar als „Faschist“ bezeichnet werden darf. Die Brandmauer zu dieser Partei müsse daher „auf jeden Fall“ stehen.
Für überprüfenswert hält der Mannheimer CDU-Kreisvorsitzende dagegen, dass der von seiner Bundespartei getroffene Unvereinbarkeitsbeschluss auch eine Zusammenarbeit mit der Linken ausschließt. Diese Festlegung stamme aus einer Zeit, als jene Partei noch deutlich sozialistischer gewesenen sei. Zwar missfielen ihm einige ihrer Vertreter nach wie vor sehr, sagt Hötting. Aber es sei schwer vermittelbar, dass die Beschlusslage der CDU beim teils radikaleren Bündnis von Sahra Wagenknecht (BSW) kein Koalitionshindernis darstelle.
Kranz meint, mit dem BSW könne man sich zwar womöglich in der Flüchtlingspolitik leichter einigen als mit Linken und Teilen der Grünen. In vielen Bereichen sei jedoch noch gar erkennbar, wo es stehe. Der Fraktionschef zeigt sich indes sicher, dass es auch im Westen ein relevanter Akteur wird. Allgemeine Unzufriedenheit mit dem politischen System herrsche, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie im Osten, auch hier, ebenso großer Verdruss über die Ampel-Koalition in Berlin.
Hötting beklagt eine Erosion des bisherigen Parteiensystems
Sekmen spricht von einer „krachenden Niederlage“ der Ampel, die diese in Sachsen und Thüringen zu Recht erlitten habe. „Die desaströsen Wahlergebnisse sind auch eine schallende Ohrfeige für den führungsschwachen Kanzler Olaf Scholz.“ Die CDU habe sich dagegen als stärkste Kraft der Mitte profiliert.
Hötting wiederum sagt, das Abscheiden von SPD, Grünen und FDP am Sonntag erfülle ihn nicht mit Schadenfreude. Er sieht vielmehr eine gefährliche Erosion des bisherigen Parteiensystems, unter der auch die CDU leide. Daher sei er nun „ein Stück weit sprach- und ratlos“.
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