Partylied

Was die Kulturszene Mannheims zum umstrittenen Song "Layla" sagt

Das Partylied „Layla“ steht seit einiger Zeit in Kritik und sorgt für viel Diskussion. Was sagt die Mannheimer Kulturszene zur Debatte? Und wie gehen Veranstalter mit dem Song um?

Von 
Markus Mertens
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Auch im ZDF-Fernsehgarten spielte das Schlager-Duo DJ Robin & Schürze den umstrittenen Song „Layla“. Das Lied ist seit Wochen Diskussionsthema. © Hannes P. Albert/dpa

Mannheim. Es ist das Verbot eines Songs auf dem Kiliani-Volksfest in Würzburg, das nicht nur in ganz Deutschland eine seit Wochen andauernde Debatte um sexuell explizite Musik anstößt, sondern „Layla“ von den Interpreten DJ Robin und Schürze auch ganz offiziell zur Prämierung als Sommerhit des Jahres verhilft.

Wer sich in der Mannheimer Kulturszene nach Stimmen zu dem umstrittenen Ballermann-Hit umhört, der hört an vielen Orten erst vor allem: nichts. Denn diversen Musikern, Clubbetreibern und auch Festorganisatoren ist die Debatte nicht nur zu banal - sie halten sie auch für eine Replik von Diskussionen, die so und ähnlich schon dutzendfach geführt worden seien. In der Zeitung wollen insgesamt fünf von dieser Redaktion angefragte Personen ihre Namen nicht lesen.

Weitere Songs hinterfragen

Ein wenig anders sieht das der Capitol-Chef und SPD-Kulturpolitiker Thorsten Riehle. Auf Anfrage dieser Redaktion erklärt der Sozialdemokrat fast schon augenzwinkernd: „Jeder bekommt von dem Geschmack serviert, den er sich selbst ausgewählt hat.“ Für Riehle sei die inhaltliche Qualität mit zweifelhaften Reimen der „Puffmama“ namens Layla, die laut Songtext vor allem „schöner, junger und geiler“ sei, ohne Zweifel fragwürdig. Dass über das Thema der musikalischen Sexualisierung gesellschaftlich debattiert werde, halte er in Zeiten von notwendiger Toleranz einerseits, sexueller Aufklärung andererseits für „absolut wichtig“.

Zehntausende unterzeichnen Online-Petition

  • Mehr als 25 000 Menschen haben eine Online-Petition unter dem Motto #freelayla unterschrieben. Gestartet wurde die Petition von der Plattenfirma „Summerfield Records“, die den Partyhit veröffentlicht hat.
  • Chef der Firma aus dem Westerwald ist Matthias Distel, bekannt als Ballermann-Sänger Ikke Hüftgold.
  • In seiner Rolle als Hüftgold warb der Musikproduzent gemeinsam mit anderen Künstlern in den sozialen Medien für die Petition bei „change.org“.
  • Im Begleittext heißt es: „Gegen Zensur! Für ein Leben nach Corona! Für künstlerische Freiheit!
  • Der von Kritikern für sexistisch erklärte Song „Layla“ von DJ Robin & Schürze war in Würzburg von einem Volksfest verbannt worden, auch im Festzelt der Schützen auf der Düsseldorfer Kirmes soll das umstrittene Lied um eine „Puffmama“ namens Layla nicht gespielt werden.
  • Am Donnerstag war die Initiative laut „change.org“ auf dem Weg zur meistgezeichneten Petition der Internetseite. Eine Online-Petition hat nur symbolischen Charakter

Dennoch zeigt sich Riehle davon überzeugt, dass Verbote auf Festivitäten in Mannheim und anderen Städten rein gar nichts brächten und im Zweifel nur eine gegenteilige Wirkung haben: „Damit wird am Ende genau das beschleunigt, was man eigentlich aufhalten wollte.“ Froh zeigt sich der SPD-Mann darüber, dass der SV Waldhof Mannheim einen ganz eigenen, kreativen Umgang mit dem Lied gefunden habe. Beim jüngsten Heimspiel jedenfalls hieß es im Carl-Benz-Stadion ganz sportlich lokalpatriotisch: „Ich hab’ ’nen Freund, und der ist Fan vom SV Waldhof, die spielen schöner, besser, geiler!“

Ähnlich sieht das auch der Musiker und Kulturkenner Markus Sprengler - auch, wenn der Grünen-Stadtrat in seiner Einschätzung noch weiter greift. Zwar sei er, selbst bei „schlecht gemachtem Malle-Schlager“, grundsätzlich gegen Formen von Cancel-Culture, jedoch sehe er bei sexistischen Diffamierungen, wie man sie „Layla“ entnehmen könnte, „die Grenzen von gutem Geschmack und Anstand“ längst als überschritten an. Dennoch vervollständigt Sprengler konsequent, dass es von Udo Jürgens bis Peter Maffay, von „Roxanne“ bis „Dirty Diana“ auch in der internationalen Hitgeschichte mannigfaltige Beispiele für Liedgut gebe, das Sexismus und Prostitution zum Thema habe. „Wenn wir all diese Songs mal auf ihren Text hin überprüfen, wird es eng mit Musik im Radio“, so Sprengler gegenüber dem „MM“.

Kriterien für Sommerhit fehlen

Deutlich musikwissenschaftlicher betrachtet Matthias Kugler die Debatte um „Layla“. Der SWR3-„Musicman“ und Hörfunkjournalist, der dieser Redaktion im Juni mit seiner Expertise geholfen hatte, eine Top 10 der möglichen Sommerhits zu kuratieren, stellt im Gespräch fest: „Einerseits ist es gut, dass wir gesellschaftlich mittlerweile so weit sind, Sexismus im Pop nicht mehr einfach zu tolerieren, andererseits kann man natürlich einwenden: Wir haben auch deutlich größere Probleme.“

Das Duo DJ Robin & Schürze (links) soll an einer entschärften Version ihres Partyhits «Layla» arbeiten - im «ZDF-Fernsehgarten» war aber das umstrittene Original zu hören sein. © Paul Pasytsch

An der Kür zum Sommerhit des Jahres stößt sich Kugler vor allem deshalb, weil es dem 188-sekündigen Musikstück - von melodischer Tanzbarkeit über ein inhaltlich getragenes Gefühl der Leichtigkeit bis hin zu vermitteltem Urlaubsfeeling - an wesentlichen Kriterien für einen Sommerhit mangele. Vor allem im Vergleich zu inhaltlich durchaus diversen Hits wie „Dragostea Din Tei“ (O-Zone, 2004), „Jungle Drum“ (Emiliana Torrini, 2009), „Don’t Be So Shy“ (Imany, 2016) oder „Bad Habits“ (Ed Sheeran, 2021) sei „Layla“ geradezu „inhaltsleer“ und somit in der Sache nur schwer tiefsinnig zu kritisieren.

Patrick Weisenburger, der als einer der Gesellschafter des Mannheimer „Chaplin“-Clubs spricht, findet dagegen, „dass die Debatte zu hoch gekocht wird“. Er setzt sich dafür ein, Lieder in jedem Fall nicht zu verbieten und auch Songs wie „Layla“ ihre Daseinsberechtigung zu lassen. Ein Standpunkt, an dem sich auch ablesen lässt, wie sehr der Diskurs um die Grenzen des Geschmacks die Aufmerksamkeit für den Gegenstand selbst erhöht hat. So erklärt jedenfalls Weisenburger dem „MM“, wenn der Partykracher im Club laufe, „feiern die Leute das richtig“.

Es finden sich somit auch in Mannheim Vertreter aller drei Lager wieder, die bedingungslosen Befürworter der künstlerischen Freiheit, die kritisch-aufmerksamen Beobachter gesellschaftlicher Debatten und auch eine beträchtliche Anzahl an Verantwortlichen, die sich mittlerweile aus den verschiedensten Gründen aus solchen und ähnlichen Debatten vornehm heraushalten wollen. Wer von ihnen recht hat, ist am Ende wohl, ähnlich wie bei „Layla“ selbst, eine Frage des Geschmacks.

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