Statistik

Warum die Schülerzahlen in Mannheim stark nach oben gehen

Der Trend bei den Schülerzahlen geht seit einigen Jahren nach oben. Jetzt gibt es aber einen besonders starken Anstieg. Das hält die neue städtische Schulstatistik fest - und nennt Gründe

Von 
Bertram Bähr
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Mannheim. Die „Zeitenwende“ betrifft fast alle Bereiche des Lebens - natürlich auch die Schulen. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe „die Welt auf den Kopf gestellt“, schreiben Bildungsbürgermeister Dirk Grunert und Fachbereichsleiter Lutz Jahre im Vorwort zur neuesten Schulstatistik: „So stand und steht auch das Schuljahr 2022/23 in allen Schularten unter dem Eindruck dieses Krieges“, merken sie an.

Vor einem Jahr, beim Erscheinen der Schulstatistik 2021/22, fanden die aktuellen Entwicklungen rund um die Ukraine nach keinen (zahlenmäßigen) Niederschlag. Aber schon damals betonte die Stadt, dass die Flüchtenden nicht zuletzt den schulischen Bereich von „neue, vielfältige Herausforderungen“ stellten. Jetzt lobt die Verwaltung, die Schulen hätten „in Bezug auf die Integration von Schülerinnen und Schülern großes Engagement gezeigt und Beachtliches geleistet“.

Die zusätzlichen Kinder und Jugendlichen wirkten sich „sichtbar an den Grundschulen, aber auch verstärkt an den weiterführenden Schulen“ aus: „Nahezu an allen Grundschulen und Sekundar-1-Schulen, an zwei beruflichen Schulen und erstmals auch an mehreren Gymnasien wurden Vorbereitungsklassen eingerichtet“, hält die Statistik fest. In diesen Vorbereitungsklassen liegt der Schwerpunkt auf dem Erlernen der deutschen Sprache.

Bei den Grundschulen zeigt der Trend schon seit knapp zehn Jahren nach oben: Die Zahlen steigen kontinuierlich. Und bei den anderen allgemeinbildenden Schulen in Mannheim kommt das so nach und nach an - weshalb sich die Entwicklung im vergangenen Jahr auch dort umgekehrt hat. Zusammen mit den Neuankömmlingen aus der Ukraine und weiteren Geflüchteten aus anderen Ländern sorgt das für einen kräftigen Schub nach oben.

Nach zehn Jahren über 26 000

Das zeigt sich ganz deutlich bei den Grundschulen, wo der Anstieg laut Statistik „bisher relativ moderat verlief“ und sich in der Größenordnung von plus minus 100 pro Schuljahr bewegte. Im laufenden Schuljahr dagegen sei „ein hoher Anstieg“ um rund 400 Schüler zu verzeichnen, die Zahl stieg von 9759 auf 10 169. Sogar in den (vergleichsweise unbeliebten) Werkrealschulen, deren Schülerschaft in den vergangenen 15 Jahren auf ein gutes Drittel dezimiert wurde, ging es erstmals wieder nach oben - wenn auch mit plus acht nur ganz leicht. Insgesamt verzeichnen die allgemeinbildenden öffentlichen Schulen in diesem Schuljahr 26 503 Schülerinnen und Schüler, das sind 758 mehr als im Jahr zuvor. Damit liegt die Gesamtzahl erstmals seit zehn Jahren wieder über 26 000. Trotz Zuwanderung hat sich der Trend an den beruflichen Schulen allerdings noch nicht umgekehrt. Statt 14 889 im Vorjahr sind es jetzt 14 620 Schülerinnen und Schüler. Mit einer wieder wachsenden Zahl, so die Stadt, rechne das Statistische Landesamt erst ab dem Schuljahr 2030/31.

So besteht Handlungsbedarf vor allem bei den allgemeinbildenden Schulen - weshalb zum Beispiel die Schaffung einer dritten Gemeinschaftsschule - erstmals auch mit gymnasialer Oberstufe - vorangetrieben wird. Für die Gründung und den Bau am vorgesehenen Standort auf Spinelli finden laut Dirk Grunert und Lutz Jahre „in Vorbereitung für die Antragstellung regelmäßige Planungsgespräche statt, in die auch das genehmigende Regierungspräsidium Karlsruhe einbezogen sei. Wie berichtet hat Grunert sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, mit der neuen Gemeinschaftsschule im Jahr 2026 an den Start zu gehen.

Schwerpunkt Ganztagsbereich

Ob das klappt, ist offen, denn Verzögerungen bei der Planung sind (nicht nur, aber auch) im schulischen Bereich an der Tagesordnung. So sollte das Gebäude für die neue Spinelli-Ganztagsgrundschule eigentlich nach den Sommerferien bezugsfertig sein. Mittlerweile ist eher mit einer Inbetriebnahme zum Jahresende hin zu rechnen. Die künftigen Schülerinnen und Schüler werden vorerst in Klassenzimmern der ehemaligen Elementary School auf Franklin unterrichtet.

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Die 167 Seiten starke Schulstatistik, deren Datum zum Stichtag 17. Oktober 2022 erhoben wurden, ermöglicht nach Einschätzung von Grunert und Jahre „ein aktuelles und detailliertes Bild der kommunalen Schulentwicklung“. Denn sie enthält neben der umfangreichen Schülerzahlen-Auswertung eine Fülle von Daten beispielsweise zur Beschulung von Kindern mit Förderbedarf in Regelschulen (Inklusion), zu Übergangsquoten auf weiterführende Schulen, zu Schulabgängern, zur Belegung der Betreuungsangebote, Klassenstärken, Migrationshintergrund und vieles mehr.

Aufgelistet sind auch die derzeit noch laufenden Schulbaumaßnahmen. Da stechen einmal mehr - neben Brandschutz- und Fassaden-Sanierungen - die Pläne im Ganztagsbereich hervor. Sie bilden seit Jahren einen Schwerpunkt - nicht zuletzt deshalb, weil ab 2026 beginnend mit Erstklässlern sukzessive der Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung in Grundschulen in Kraft tritt.

Die dafür erforderlichen Neubauten auf Spinelli und auf Franklin stehen kurz vor dem Abschluss, an der Schillerschule Neckarau läuft der Umbau auf Hochtouren. Und weitgehend abgeschlossen sind die Ganztagsschul-Planungen für die Humboldt-, Pestalozzi-, Alfred-Delp- und Almenhof-Grundschule.

Enthalten sind in der Schulstatistik daneben Kontaktdaten zu Schulen, Schulsporthallen und Schulbüchereien.

Für Interessierte stehen das Werk und weitere Statistiken der Vorjahre zum Download bereit unter www.mannheim.de.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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