Mannheim. Mehr als eine halbe Million Euro schüttet die Heinrich-Vetter-Stiftung jährlich an Spenden in Mannheim und der Region aus. Stellvertretend hatte sie jetzt einige Empfänger in die frühere Villa des Stifters in Ilvesheim eingeladen.
Dabei bat Peter Frankenberg, der Vorsitzende der Stiftung, um Verständnis, dass weniger Geld als früher fließt – denn die Stiftung hat mit mehreren Problemen zu kämpfen.
Immobilienpreise in der Mannheimer Innenstadt sinken
„Die Situation der Innenstadt spüren wir sehr deutlich“, so Frankenberg. „Die Mieten sinken, die Immobilienpreise haben sich halbiert, die Verluste sind teils dramatisch“, warnte er. Das liege einmal an den Auswirkungen der Corona-Pandemie und des wachsenden Onlinegeschäfts auf den Einzelhandel, in Mannheim aber habe es auch sehr viel mit der Verkehrspolitik der Stadt zu tun.
Der Verkehrsversuch mit der probeweisen Sperrung von Kunststraße und Freßgasse habe Kunden abgeschreckt, „und wir sind die einzige Region auf der Welt, wo alle wichtigen Brücken gleichzeitig nicht richtig befahrbar sind“, klagte er: „Viele Pfälzer kommen einfach nicht mehr zum Einkaufen!“
Durch Insolvenzen weniger Miete eingenommen
Die Vetter-Stiftung spürt die Situation des Handels direkt an den Einnahmen, da sie mit vielen gewerblichen Mietern Umsatzpacht vereinbart hat und diese ihr sinkende Umsätze nachweisen.
Gegründet hat die Stiftung 1997 der Kaufmann Heinrich Vetter, der frühere Inhaber des „Kaufhauses Vetter“ in N 7. Vetter hatte die Stiftung zunächst mit einer Million D-Mark ausgestattet. Aber schon vor Gründung der Stiftung war Vetter viele Jahre als großzügiger Mäzen tätig. Als Vetter 2003 mit 92 Jahren starb, fiel der Stiftung sein gesamtes Vermögen zu – Sachwerte, Immobilien, Geldanlagen.
Die üppige Sammlung von Antiquitäten und Gemälden in der Ilvesheimer Villa, seinem Elternhaus und Wohnsitz bis zum Tod, wurde versteigert oder verkauft. Zu den Immobilien gehören das Parkhaus N 7 mit Geschäften und Büros sowie Geschäftshäuser in P 5 mit den Hausnummern 1 bis 8 und 15 bis 19, darunter AppelrathCüpper, Parfümerie Douglas und Juwelier Christ sowie Arztpraxen und Büros, dazu Flächen in Ilvesheim mit Wohnbebauung, einem Kindergarten, einem Seniorenwohnheim und dem ersten Tageshospiz in Baden-Württemberg. Gerade die Innenstadt-Immobilien machen der Stiftung indes Sorgen.
Ziel trotz Inflation: Vermöge der Vetter-Stiftung stabil halten
Durch Corona und die Insolvenz von AppelrathCüpper ging für diese große Ladenfläche weniger Miete ein, das N 7-Parkhaus ist noch an Kaufhof vermietet und die Stiftung damit auch von dessen Insolvenzverfahren betroffen. Zudem habe man in P 5 zwei Millionen Euro in Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen des Gebäudes gesteckt, so Peter Frankenberg. „Und irgendwas ist immer, was man in unseren Immobilien reparieren muss“, sagte er. Dem Vorsitzenden ist es zudem wichtig, mit den Mieteinnahmen und Zinserträgen aus Kapitalanlagen trotz der Inflation das Vermögen der Stiftung stabil zu erhalten. Nur die Überschüsse dürfe sie ausschütten.
Dennoch bleiben für gemeinnützige Aufgaben nach Angaben von Frankenberg pro Jahr rund 1,2 Millionen Euro. Einen Teil wendet die Stiftung für Veranstaltungen in ihrem Haus oder im Park der Villa auf, um so Künstler und Vereine zu unterstützen, aber auch den Bewohnern des Heims, Kindergarten-Kindern oder Hospitz-Gästen eine Freude zu machen. Die andere Hälfte wird ausgeschüttet, wobei Vetter klar die Verwendungszwecke Kirche, Kunst, Kultur, Wissenschaft, Soziales, Sport und Brauchtum in Mannheim und Ilvesheim als Stiftungszweck vorgegeben hatte.
Mit Antje Geiter, Leiterin für den Ideellen Bereich und Soziales in der Stiftung, überreichte Frankenberg nun ausgewählten Institutionen symbolisch ihre Spenden. „Die Kunsthalle ist eine großartige Einrichtung, ein Aushängeschild der Stadt“, wandte er sich etwa an Susanne Fuchs, Vorsitzende der Stiftung Kunsthalle. Tilmann Pröllochs, Geschäftsführender Intendant des Nationaltheaters, durfte sich über Zuwendungen für den „Mannheimer Sommer“ und das Internationale Opernstudio freuen. Auch die Aktion, bei der über die Freunde und Förderer des Nationaltheaters sozial benachteiligte Personenkreise Eintrittskarten erhalten, finanziert die Stiftung maßgeblich mit.
Aufarbeitung der Geschichte als besonderes Anliegen
Vorsitzender Dietmar von Hoyningen-Huene und Geschäftsführerin Gabriele Gefäller dankten herzlich für eine Spende für das Kurpfälzische Kammerorchester, dessen „bewährt guten Ruf“ und seinen Einsatz für die Musik der „Mannheimer Schule“ Frankenberg würdigte. „Sehr dankbar, dass Sie so helfen“ äußerte sich Förderkreisvorsitzende Helen Heberer, die mit Direktor Harald Stockert den Scheck für das Marchivum entgegennahm. Die Mannheimer Geschichte und besonders die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Diktatur sei der Stiftung ein besonderes Anliegen, unterstrich Frankenberg. Auch die Carl-Theodor-Professur an der Universität trägt die Stiftung mit. Ebenso zahlt sie über die Deutsche Universitätsstiftung Stipendien für Studenten, darunter viele Flüchtlinge.
Ein Herzensanliegen für Mäzen Vetter sei schließlich immer die Unterstützung vom Maimarkt-Reitturnier und da besonders die Para-Equestrians, die Reiter mit Behinderung, gewesen. Das gelte ebenso für die Aktion „Wir wollen helfen“ des „Mannheimer Morgen“, weil sie gezielt in Not geratene Einzelpersonen unterstütze. In einem Fall fließt eine Spende auch über den Rhein – zum Herrenhaus Edenkoben, ein privates Künstlerhaus, das bildenden Künstlern, Komponisten und Schriftstellern Stipendien gibt.
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