Mannheim. Spaziergänge durch den Park und viele Streicheleinheiten im Bauernhof des Luisenparks: Davon haben sich die zwei Jersey-Rinder Heidi und Klara am Dienstag verabschiedet – und zwar für immer. Denn eine der beiden Kühe ist so krank, dass alle Rettungsversuche bislang fehlgeschlagen waren. Am Ende blieb deshalb nur die Empfehlung der Veterinärärztin, die Kuh Klara von ihrem Leiden zu erlösen, wie die Stadtpark Gesellschaft am Mittwoch mitgeteilt hat.
„Für uns gab es im Grunde keine Handlungsalternativen“, sagt Christine Krämer, Leiterin der Zoologie in den Stadtparks, über die schwierige Situation. „Eine Option, bei der das Tier leidet, ist für uns keine Option. Am Ende darf nur das Tierwohl zählen. Auch wenn es für uns alle, Zoologen und Tierpfleger, Kollegen und unsere Besucher, sehr schwer ist“, so Krämer. Durch eine Entzündung im Kiefer, die weder durch einen chirurgischen Eingriff noch durch wiederholte Gaben von Antibiotika eingedämmt werden konnte, sei Klara nicht mehr in der Lage gewesen zu kauen. Ihr Leben zu erhalten, hätte daher bedeutet, eine starke Schmerzentwicklung in Kauf zu nehmen. Am Dienstag haben die beiden zutraulichen Damen deshalb gemeinsam ihr langjähriges Zuhause verlassen, damit Heidi nicht allein im Gehege zurückbleiben musste. Für die eine ging es danach zum Tierarzt, für die andere auf die Weide. Weil die beiden fünf Jahre alten Rinder seit dem Kälbchen-Alter zusammen auf dem Bauernhof leben, haben sie eine enge Bindung zueinander aufgebaut – genau wie die Tierpflegenden zu ihren Schützlingen, die sie großgezogen haben.
Neues Zuhause
Groß war deshalb die Sorge unter den Parkzoologen, dass der Verlust der treuen Gefährtin sich stark auf das verbleibende Rind auswirkt. „Heidi würde sehr unter Klaras Abschied leiden, sie ist die Zurückgelassene“, erklärt Krämer. „Dass Kühe Herdentiere sind, bedeutet in unserem Fall, dass Klara für Heidi die Herde war.“ Die Idee aber, schnell einen Ersatz für die todkranke Kuh zu finden, hatten die Zoologen wieder verworfen. Denn ein „Ersatz“-Rind zu besorgen gilt in Fachkreisen als problematisch, da es keine Garantie dafür gibt, dass beide Tiere harmonieren.
Daher hatten die Zoologen in den vergangenen Tagen alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine neue Bleibe für die das hornlose Rind zu finden. Und tatsächlich: Für Heidi wurde ein Platz in einer Herde auf einer Weide in der Umgebung gefunden. Wie aber geht es nun weiter auf dem Bauernhof, rücken bald wieder neue Rinder nach dem Auszug von Klara und Heidi nach? „Wir wollen so schnell wie möglich Ersatz besorgen, hätten aber auch gerne wieder zwei Kühe. Dass die beiden Rinder nun weg sind, bekommen auch die anderen Tiere mit“, sagt Diplombiologin Andrea Gerstner, die Teil des Zoologen-Teams der Stadtparks ist.
Neben Heidi und Klara leben auf dem Bauernhof noch zwei Minishetlandponys, vier Coburger Fuchsschafe, Bentheimer Landschweine, Ziegen und Hühner. Am Gehege hängt als Hinweis für die Besuchenden nun ein Schild, dass über das Fehlen der Jersey-Rinder aufklärt. „Das kam plötzlich für uns. Es ist immer sehr schwer, wenn ein Tier sterben muss“, sagt auch Stadtparksprecherin Alexandra Wind.
Reiher und Störche bald zurück
Welche Tiere aber sind aktuell noch im Luisenpark zu sehen, welche gerade ausgezogen und welche kommen vielleicht wieder zurück? „Zurzeit sind die Vogelvoliere sowie der Reptilienbereich geschlossen. Aber Eulen, Pelikane und Flamingos sind noch da. Die Fische und andere Reptilien sind in einem „Interims-Quartier untergebracht“, erklärt Wind. Andere Tiere dagegen, die für den Umbau der neuen Parkmitte in anderen Einrichtungen oder Zoos untergebracht waren, sollen langsam wieder zurück kommen. Mit die prominentesten Parkbewohner im Exil sind die Humboldt-Pinguine, die gerade im Frankfurter Zoo untergebracht sind. In absehbarer Zeit sollen auch für die Vogelvoliere zwei weiße Löfflerreiher aus dem Vogelpark Bobenheim-Roxheim sowie Nimmerstattstörche wieder zurück in den Park ziehen, so Gerstner. Für das neue Südamerika-Haus sollen zwei neue Köhlerschildkröten aus dem Schweriner Zoo dazukommen.
Neben diesen Landschildkröten können die Besucher im neuen Südamerikahaus weiterhin den Kaiman aus dem Pflanzenschauhaus sowie Schlangen und andere Reptilien bestaunen. Kurz gesagt also: eine Reise in die südamerikanische Tierwelt unternehmen. Weil sich der Stadtpark auch am Artenerhaltungsprogramm beteiligt, sollen hier obendrein neue Äffchen einziehen. „Welche Art wir bekommen, wissen wir noch nicht. Aber es wird unser Beitrag sein, dafür zu sorgen, dass diese Affenart nicht ausstirbt“, sagt Sprecherin Wind.
Zurück am Bauernhof ist zwar die Betroffenheit über den Abschied der beiden Rinder groß. Trotzdem hofft Biologin Gerstner mit dem Weidenplatz ein schönes Zuhause für Heidi gefunden zu haben. „Bei der Weidenhaltung ist die Chance, dass das Tier in der neuen Herde einen Gefährten findet, sehr hoch“ sagt auch Zoologie-Leiterin Krämer. „Die Vorstellung, dem Rind dies zu ermöglichen, ist für uns und hoffentlich für unsere Besucher ein Trost.“
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