Wenn ihr eine Sache am Herzen liegt, dann kämpft sie dafür, durchaus auch streitbar und mit aller Konsequenz - trotz und in aller Liebenswürdigkeit. Das weiß jeder, der Ilka Sobottke kennt, als Seelsorgerin und starke Frau mit ausgeprägtem sozialem Engagement. Doch die Citykirchen-Pfarrerin hat schon in jungen Jahren nicht nur in Italien für bis zu 80 Leute am Herd gestanden, sondern auch bei Freudenberg an der Werkbank - der Liebe wegen.
„Ja, genau, schließlich habe ich acht Jahre lang eine Fernbeziehung geführt“, erzählt die Theologin: „Allein die Flüge, über Brüssel nach Rom, das ist teuer.“ Sie lacht amüsiert während sie in Kartons und Schachteln nach Fotos kramt, die aus jener Zeit stammen, als sie sich noch in den Schul- oder Semesterferien etwas Geld dazuverdient hatte. „Schauen Sie, auf dem Bild muss ich so 17 sein. Da haben wir uns geschminkt, als ich eine Jugendgruppe unserer Kirchengemeinde geleitet habe.“ Natürlich ehrenamtlich.
Harte Lektionen im Akkord
Immerhin Kost und Logis gab es, als Ilka Sobottke als Dreizehnjährige bei einer Familienfreizeit im Piemont vier Wochen lang den Kochlöffel geschwungen hatte. Die herrliche Landschaft, im Wildbach schwimmen, wandern, das köstliche Essen und die Erfahrung, für bis zu 80 Leute Unmengen an Gemüse zu schnippeln. Oder Pastawasser zum Kochen zu bringen, dessen Töpfe so schwer waren, „dass wir Mädels die gar nicht anheben konnten. Die Jungs mussten uns beim Abgießen helfen“.
Und Sie?
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Erlebnisse, von der die 55-Jährige bis heute profitiert. Denn nicht nur auf Freizeiten Fremde zu bekochen, mache sie leidenschaftlich gerne. Vielmehr stehe sie auch bei Familienfesten gerne am Herd. „Oder auch bei mir hier oben, wenn Verwandte oder Freunde zu Besuch sind“, sagt sie mit einer einladenden Geste in Richtung Esszimmer. Die Fenster der gemütlichen Innenstadt-Wohnung geben den Blick frei auf Konkordien, den Turm „ihrer“ Kirche. Auf dem Tisch sind Fotos ausgebreitet. „Was man da beim Stöbern alles entdeckt!“ Kopfschüttelnd fischt sie ein Foto aus dem Stapel.
Da hat sie wohl den Hut auf? Da lacht die Pfarrerin: „Ja, das war irgendein Rollenspiel in der Zeit, als ich Seminare geleitet habe für spätere Jugendbetreuer.“ Ob Babysitten oder beim Beltz-Verlag Druckfahnen korrigieren: Für Extrawünsche wie eine Jeans oder ein witziges T-Shirt nahm die Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiastin immer mal wieder kleinere Jobs an. Und was führte sie ausgerechnet zu einem Unternehmen für Maschinenbau? „In der Studienzeit mussten wir ein Diakonie- und ein Industriepraktikum machen.“ Sie entschied sich für die Freudenberg & Co. KG mit Sitz in Weinheim. Schon der erste Tag war mehr als lehrreich. Lektion eins: Vor einer Stanzmaschine sollte man Respekt haben. Denn in einer der Werkhallen verlor ein Arbeiter fast seinen Finger. Lektion zwei: Den Akkord darf man nicht brechen. „Das heißt, man sollte als Werkstudentin nicht versuchen, cooler dazustehen, indem man versucht, schneller als die anderen zu sein.“ Die Quittung folgte auf dem Fuß, oder besser auf den Händen. Als sie die ersten Simmerringe mit Metallfedern bestückt hatte, zeigten sich nach zwanzig Minuten die ersten Blasen: „Die innerhalb von vier Wochen auch mal blutig waren.“ Immerhin haben sich Firma und Studentin so zufrieden getrennt, dass sie dort noch mal einen Sommer lang an der Werkbank stand. „Es war ein wichtiger Einblick. Auch das Gefühl dafür zu bekommen, wie es ist, bei 40 Grad in der Halle zu malochen“, resümiert die Pfarrerin.
Süße Geheimnisse
„Ach, schauen Sie, das Bild ist in Heidelberg entstanden.“ Während des Theologiestudiums wohnte die Kurpfälzerin Mitten im Herzen der Altstadt, in der Mittelbadgasse. Und wenn sie spät abends vom Lernen genug hatte, nichts mehr im Kopf haften bleiben wollte, dann lief sie los in die Hauptstraße „Zum Seppl“. Dort jobbte ihr Freund Robi als Klavierspieler. „Und ich hab dazu gesungen.“ Von „Die Gedanken sind frei“ bis zu „Only The Good Die Young“ von Billy Joel.
Wieder mal der Liebe wegen? Da lacht die Pfarrerin. „Es hat einen Riesenspaß gemacht. Und immerhin bekam die Sängerin zwar keine feste Bezahlung, aber Trinkgeld.“ Und das musste sie nicht für Italienflüge aufsparen, sondern konnte sich etwas Luxus leisten, „beispielsweise ein besonders schickes Paar Schuhe“. Dafür hat ja wohl so gut wie jede Frau eine Schwäche: „Klar, für solche Sachen habe ich in Rom auch eine Zeit lang geputzt.“
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Schon fällt ihr noch ein ungewöhnlicher und köstlicher Job ein. „Ich habe einen ganzen Winter lang im Auftrag eines belgischen Delikatessenversands Pralinen in Schokolade getaucht.“ Das Rezept der Füllung blieb jedoch streng verborgen, denn die Firma hütete ihr süßes Geheimnis wie einen Schatz. Geschenkkörbe mit Leckereien bestücken und hübsch verpacken: Nicht nur an der Werkbank, sondern auch in diesem Metier kann man was fürs Leben lernen. „Ja, ich mache immer noch sehr schöne Pakete.“ Für Familie und Freunde, gefaltet und gebunden, mit Originalität und Geschick - und einer Extraportion Liebe.
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