Vor dem Haus stehen vormittags sechs Fahrzeuge von Baufirmen. Innen riecht es nach frischer Farbe, liegen noch viele Kabel herum. In dieser Situation trat Capitol-Chef Thorsten Riehle am Freitag vor die Presse, „relativ glücklich, aber sehr müde“, wie er sagte. Elf Wochen war das Haus in der Waldhofstraße für eine Generalsanierung komplett geschlossen, eigentlich soll alles fertig sein, „doch wir sind nicht ganz fertig geworden“, musste er gestehen. Gespielt wird dennoch wieder in dem Haus – seit gestern Abend.
Teilweise sei man „auf Probleme gestoßen, die so nicht vorhersehbar waren“, seufzte Riehle: „Wenn sie halt mal eine Wand aufmachen. . .“, verwies er auf Überraschungen, etwa ein unbekanntes Fenster im Keller oder eindringende Feuchtigkeit. Das habe etwa drei Wochen gekostet „und ein paar Euro“, aber man liege „weiter im Budget“.
Mit der letzten Vorstellung von Chako Habekosts „de Weeschwie’sch-MÄN“ feierte das Team gestern Abend Wiedereröffnung, worauf am Wochenende zwei ausverkaufte Comedy-Abende mit Torsten Sträter folgen. Dann aber wird weitergearbeitet. „Ich gehe davon aus, dass wir noch die nächsten fünf, sechs Wochen Handwerker im Haus haben werden“, kündigt Riehle an. Insbesondere muss noch an einigen Stellen gestrichen, da und dort noch nachgebessert werden. Und im nächsten Sommer soll es ohnehin, wie geplant, mit der Montage einer neuen Lüftung weitergehen.
Doch schon bisher liegt hinter dem denkmalgeschützten alten Lichtspieltheater „eine Mammutleistung“ der Arbeiter, so Eberhard Eschbach, Projektleiter der Firma Bläß Ingenieure. Teilweise waren bis zu zehn Firmen auf beengtem Raum gleichzeitig tätig: „Das Hauptaugenmerk lag auf Brandschutz und moderner Technik. Wir haben alles mal auf den aktuellen Stand gebracht“.
Vom Denkmalschutz beraten
„So einen grundlegenden Umbau hat das Haus in seinen bisher über 90 Jahren nicht gesehen“, betonte Riehle. Schließlich fanden die letzten Arbeiten in den 1980er Jahren nach einem Brand statt – da wurde ein bisschen gestrichen, mehr nicht.
Nun ist alles anders, das Haus sieht Innen teilweise aus wie neu, heller, freundlicher. Bei der Farbgebung hat man sich an der mehrmonatigen bauhistorischen Untersuchung des Landesdenkmalamtes orientiert. Danach war 1927 zunächst alles in einem Ockergelb gestrichen, „doch das wurde dem Besitzer offenbar schnell zu langweilig“, so Riehle. Schon in den 1930er Jahren kamen Akzente in Rot und Anthrazit hinzu, erstrahlte die Kuppel in einem vornehmen Blau. Und daran hat Malermeister Steffen Gugenberger nun angeknüpft.
Aber nicht nur die Farben haben sich verändert – der Blick zur Bühne ist viel besser. Weggefallen sind nämlich die beiden seitlichen Bühnentürme, in denen Ton- und Lichttechnik steckte. Nun wirkt alles viel weiter, großzügiger. Dafür können bis zu fünf Tonnen an Scheinwerfern und Bühnentechnik an einer neu installierten Traverse über der Bühne hängen, die dank statischer Feinarbeit freischwebend wirkt. „Ein wichtiger Schritt, um konkurrenzfähig zu bleiben und technisch anspruchsvollere Produktionen durchführen zu können“, so Riehle. Zudem sei der Saal „kein dunkles Loch“ mehr: Die ganze Saalbeleuchtung wurde erneuert und macht die alte Architektur wieder richtig sichtbar.
Nicht sichtbar für die Gäste sind Verbesserungen in den Künstlergarderoben, hoffentlich nie gebraucht wird eine neue Fluchttür. Eine große Veränderung erfuhr zudem das Foyer. Die „Sarotti-Theke“, einst nur für ein Kino ausgelegt und viel zu eng, ist komplett neu. Da gab es auch keine Verzögerungen: „Nun können wir besseren, schnelleren Service bieten. Die Bierleitung ist angeschlossen“, so Thorsten Baumann, Leiter vom Capitol-Betriebsbüro. Geblieben ist aber die historische „Sarotti“-Leuchtschrift. „Wir wollten trotz aller Modernisierung den alten Charme des Hauses nicht verändern“, hebt Riehle hervor. Dabei helfen auch neue Messingtürbeschläge und Messinglettern als Leitsystem, wofür Capitol-Freunde seit Juli allein rund 7000 Euro spendeten.
Geschichte und Kosten
1927 ließ die Kino-Dynastie Müller von Architekt Paul Darius im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ einen Filmpalast mit eiförmiger Kuppel bauen – das Capitol. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Haus wie durch ein Wunder unbeschadet.
In den 1970ern änderte der neue Eigentümer Dieter Spickert das Konzept: Musik gehörte fortan dazu.
In den 90er Jahren geriet das Capitol als Kino ins Abseits, auch Konzertveranstalter verloren das Interesse. 1998 wurde es unter neuer Leitung als Konzerthaus wiedergeboren.
Zum 1. Januar 2017 hat die Capitol-Stiftung das Haus erworben.
Die Sanierungsarbeiten kosten zwei Millionen Euro – dank Vergünstigungen von Firmen aber nur 1,4 Millionen Euro. 800 000 Euro kamen 2017 durch zusammen. pwr
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