Jugendfußball

VfL Kurpfalz-Neckarau fördert Talente und erfüllt Träume

Auch in Mannheim lebt der Traum vom Profi-Dasein. Dazu braucht es nicht nur die Leidenschaft der Talente, sondern vor allem auch die der Trainer, die oft mehr als nur Fußballlehrer sind. Ein Blick auf den VfL Kurpfalz-Neckarau

Von 
Kai Plösser
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Die VfL-Jugendspieler Nikita Gall (l.) und Aylin Ardic beim Training der C-Jugend. Coach Stephan Ludwig (hinten r.) beobachtet seine Schützlinge ganz genau. © Michael Ruffler

Mannheim. 45 Minuten hat Fußball-Nationalspieler Pascal Groß bei der Europameisterschaft spielen dürfen. 45 Minuten, die nicht nur ihn, sondern auch den VfL Kurpfalz-Neckarau stolz machen dürften. Der Verein, in dem Groß seine ersten Schritte ging, bevor es ihn in die weite Fußballwelt hinauszog.

Viele Kinder und Jugendliche wollen es ihm gleichtun, auch fernab der Nachwuchsleistungszentren (NLZ) der Profimannschaften. Auch die 14 Jahre alte Aylin Ardic sowie die beiden zwölfjährigen Nikita Gall und Ole Richter gehören dazu.

Das Trio spielt in der Jugend des VfL. Ohne Fußball könnten sie sich ein Leben nicht mehr vorstellen, sagen die Drei, als sie gerade fertig mit dem Training sind. Nikita spielt seit er vier Jahre alt ist, Aylin und Ole haben als Dreijährige begonnen.

Vergangene Saison sind sie mit ihrer Mannschaft Kreisligameister in der D-Jugend geworden, vor Teams aus Vereinen wie dem SV Waldhof oder dem VfR Mannheim. Besser geht es in dem Alter nicht. Nun sind sie frisch in die C-Jugend aufgerückt.

„An erster Stelle steht, es zu schaffen, dann kommt der Spaß“

Die Drei könnten es nach Meinung ihrer Trainer mal schaffen, höherklassig zu spielen. Während für Nikita noch der Spaß am Spiel im Vordergrund steht, er aber „natürlich auch mal Profi werden“ will, ist Aylin dahingehend besonders ehrgeizig. „An erster Stelle steht, es zu schaffen, dann kommt der Spaß“, sagt sie. Dafür müssten auch mal die Freunde hintenanstehen, womit sie andeutet, dass sie schon in ihren jungen Jahren bereit ist, für ihren großen Traum Opfer zu bringen.

Auch Ole verzichtet auf Zeit mit Freunden. Er kommt extra aus Weinheim in den Mannheimer Süden, um seiner Leidenschaft nachzugehen. Rund eine halbe Stunde mit dem Auto oder eine Stunde mit der Bahn sei er unterwegs. „Ich will mit Fußball etwas erreichen“, sagt Ole. Zuvor hat er in Lützelsachsen gespielt, dann aber den Weg nach Neckarau gefunden, weil ihm das Probetraining Spaß gemacht habe. Inzwischen ist er überzeugt: „Ich finde, die machen eine gute Jugendarbeit.“

Aylin Ardic (r.) beim Perspektivlehrgang der U15-Nationalmannschaft. © DFB

Dafür sind in erster Linie die Trainer zuständig. Die erste Mannschaft der C-Jugend des VfL wird von Nikitas Vater, dem 39-jährigen Stephan Ludwig, gecoacht. Seit neun Jahren begleitet er die Kinder in dieser Funktion. Er wird unterstützt von B-Jugendtrainer Dennis Brunner.

Andersherum steht Ludwig dem 30-jährigen Brunner in der B-Jugend zur Seite. Beide nehmen viel in Kauf, um die Träume der Jugendlichen am Leben zu halten. Mittel wie die NLZ haben sie dazu bei Weitem nicht. Es mangelt an Geld und Betreuern.

Im Gegensatz zu den Kollegen in den NLZ arbeiten Ludwig und Brunner ehrenamtlich. „Der Aufwand ist enorm“, sagt Ludwig. Neben Familie und Beruf ist er mit Brunner vier Mal die Woche für sein Team da. „Zwei, drei Stunden pro Tag“ würden sie zusätzlich in die Arbeit investieren.

„Elterngespräche führen, Trainingsplan erstellen, Absprachen treffen“, nennt Brunner nur einige Aufgaben des Trainer-Daseins. „Du brauchst viel Leidenschaft dafür“, sagt er. Ludwig ergänzt lachend: „Und eine Frau, die sehr viel Verständnis hat.“

Kooperationen mit Schulen für Talentförderung im Verein neben schulischen Pflichten

Entsprechend froh über die beiden ist Jugendleiter Bernd Wigand: „Das, was wir an Zeit investieren, das kann uns eh keiner zahlen“, sagt er. An Leute zu kommen, die wie Brunner und Ludwig mit so viel Herzblut und Leidenschaft für den Verein und die Kinder dabei sind, sei fast unmöglich.

„Es geht ja nicht nur darum, ein Supertraining aufzubauen“, sagt der 50 Jahre alte Wigand, der sonst Leiter einer Realschule in Hemsbach ist. „Es geht auch darum, dass ich das lebe mit meiner Mannschaft: dass ich Pizza essen gehe, dass ich mit denen nach Hoffenheim zum Bundesligaspiel gehe, dass ich internationale Turniere melde.“

„Sie sind für die Kinder mehr als nur Trainer“, sagt Wigand. Denn nebenbei bereiten Ludwig und Brunner ihre Schützlinge auch auf das Leben vor. Nicht nur auf das Sportliche schauen sie, sondern auch auf das, was neben dem Platz geschieht, etwa in der Schule.„Es gibt Eltern, die ab und zu sagen: ,Du, die Noten stimmen nicht. Kannst du mal mit meinem Sohn reden? Du hast vielleicht noch mal einen anderen Einfluss darauf’“, sagt Ludwig.

Damit die Talentförderung des Vereins neben den schulischen Pflichten der Kinder besser gelingen kann, will Wigand zukünftig Kooperationen mit Schulen anstoßen. Das Interesse sei auch seitens der Einrichtungen da. „Das ist bildungspolitisch auch so gewollt“, sagt Wigand. „So eine Kooperation wird mittlerweile finanziell ein bisschen unterstützt“, erklärt der Schulleiter.

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Wigand erhofft sich durch eine Kooperationen aber insbesondere Synergieeffekte. „Für die Schulen gibt es vielleicht jemanden aus dem Verein, der eine Fußball AG leiten kann. Oder die Schule kann bei uns ein Turnier veranstalten.“ Für den Verein könnte im Gegenzug dann vor allem das nächste Talent herausspringen. Denn der VfL will ein Ausbildungsverein sein, damit es die Spieler mal auf die nächste Stufe in ein NLZ schaffen.

Von der Fußball AG über den VfL ins NLZ der TSG Hoffenheim

Bestes Beispiel ist die 14-jährige Aylin. Sie hat schon im Kindergarten auf sich aufmerksam gemacht. „Ich war in einer Fußball AG, und dann hatten wir ein Turnier“, erzählt sie. „Da wurde ich von meinem Trainer entdeckt.“ Das war damals wie heute Stephan Ludwig. Schließlich nahm er sie beim VfL unter seine Fittiche.

Aylin hat es sogar schon bis ins NLZ der TSG Hoffenheim geschafft. Vergangenes Jahr war sie für rund sechs Monate dort. Doch sie wollte auf ihren eigenen Wunsch wieder zurück nach Neckarau.

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Für den Bundesliga-Club sei die Entscheidung nur schwer nachvollziehbar gewesen, sagt Aylins Vater Bekir Aydic. Denn am Leistungsvermögen seiner Tochter habe es nicht gelegen. „Wir haben uns einfach nicht wohlgefühlt. Das hier hat uns gefehlt“, schildert Aydic. „Das, was wir möchten, bekommen wir hier.“ Ludwig und Brunner seien wegen ihres großen Einsatzes für die Kinder „Ehrenleute“, sagt er voller Überzeugung.

In Hoffenheim ist Aylin derweil immer noch gern gesehen. „Sie haben nicht nur eine Tür, sondern ein Scheunentor offen gelassen“, betont ihr Trainer Ludwig, der der Meinung ist, dass man die Kinder nicht zu früh aus dem Heimatverein sowie dem gewohnten Umfeld herausnehmen soll und ihnen damit vielleicht zu viel aufbürdet.

Aylin, Ole, Nikita und die anderen Talente könnten sich auch beim VfL gut weiterentwickeln. „Da wäre es nicht nötig, sie jetzt in einen Verein zu stecken, in dem es dann richtig um Leistung und Druck geht und dann aussortiert wird.“ So ein Schritt müsse für die jeweiligen Kinder zur richtigen Zeit kommen.

Vom VfL Kurpfalz-Neckarau auf die große Fußballbühne?

Dass es aber auch aus Neckarau weit gehen kann, beweist derzeit Aylin. Anfang Juli war sie zu einem Perspektivlehrgang des DFB in Bitburg eingeladen. „Es lief sehr gut“, erzählt sie. „Das Highlight war das Spiel in den Trikots. Ich habe einen Dreierpack gemacht. Ich war zufrieden. Hoffentlich die Trainer auch.“

Die Entscheidung über eine Berufung in die U15-Nationalmannschaft steht zwar noch aus. Ihren Trainer beim VfL hat sie aber schon lange überzeugt. Ludwig ist sich sicher, dass sie auf den Spuren von Pascal Groß wandeln und es zur Nationalspielerin schaffen kann. Aylin will später übrigens mal in der englischen Premier League landen. Noch etwas, was sie dann mit Groß gemeinsam hätte.

Redaktion

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