Nicht zum ersten Mal sind Auszeichnungen, die das Magazin „Focus“ an Hospitäler und Fachärzte vergibt, in die Kritik geraten. Mit dem florierenden Siegel-Geschäft samt Gebühren bei werbewirksamer Nutzung beschäftigte sich dieser Tage die ZDF-Sendung „Frontal 21“. Als der „MM“ beim Uni-Klinikum, Theresien und Diakonissen nachfragte, wie sie es mit „Focus“-Bestenlisten halten, erklärten alle drei Häuser, dass sie sich schon vor dem heiß diskutierten Fernsehbeitrag entschlossen hätten, künftig auf solche Siegel zu verzichten.
„Die Universitätsmedizin Mannheim gehört laut Focus-Gesundheit zu den ‚Top Nationalen Krankenhäusern 2017‘ – so begann eine vor vier Jahren verschickte Pressemitteilung. Wie Klinikum-Sprecher Dirk Schuhmann bestätigt, hat die UMM von 2016 bis Anfang 2020 das Siegel „Top Nationales Krankenhaus genutzt“ und dieses beispielsweise als Großplakate präsentiert – insbesondere im Foyer des Haupteinganges. Solcherart Imagewerbung kostet. Für das Vermarkten dieser einen Auszeichnung wurden laut Schuhmann pro Jahr 3400 Euro zuzüglich Umsatzsteuer an „Focus“ bezahlt.
Info-Banner an Gebäudewand
Auch die beiden christlichen Krankenhäuser haben mit „Focus“-Siegeln geworben. Laut Sprecher Christian Klehr erwarb das Diakonissenkrankenhaus 2016 Vermarktungsrechte an Auszeichnungen sowohl für Fachkliniken (wie die Geriatrie) wie auch für einzelne „Top-Mediziner“. Das Theresienkrankenhaus, so Klehr, setzte ab 2019 „Focus“-Siegel publikumswirksam ein – beispielsweise als weithin sichtbare Info-Banner an der Gebäudewand.
Alle drei Mannheimer Hospitäler betonen, keineswegs mit allen Bestenlisten und Empfehlungen von „Focus“ geworben zu haben. Dirk Schuhmann: „Die derzeit 15 Siegel für einzelne Fachbereiche und die momentan 20 Siegel für Top-Mediziner hat das Universitätsklinikum nicht lizenziert.“ Und was bewog in gemeinsamer Absprache, sich von solcherart Rankings und Empfehlungen zu verabschieden? Die Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser, führt Schuhmann aus, plädiere dafür, keine von Publikumsmedien verliehene Siegel mehr zu nutzen. Nicht nur das vom Burda-Verlag herausgegebene Magazin Focus-Gesundheit bietet kostenpflichtige Zertifikate auf Grundlage eigener Recherchen. Die Illustrierte „Stern“ und das F.A.Z. Institut ermitteln beispielsweise „Beste Krankenhäuser“.
Das Uni-Klinikum wolle künftig verstärkt mit Zertifizierungen von Fachgesellschaften, wie jenen für Krebserkrankungen, Kardiologie oder Schlaganfall, „auf seine Kompetenzen aufmerksam machen“, betont Dirk Schuhmann. Und sein Kollege Christian Klehr ergänzt für die beiden Häuser in Trägerschaft der Barmherzigen Brüder Trier (BBT-Gruppe): „Im Schulterschluss zwischen UMM, TKH und Diako haben wir uns darauf geeinigt, die Qualität der Behandlung über verlässlichere und aussagekräftigere Zertifizierungen und Anbieter darzustellen.“ Ein erstes Vorgespräch zu dieser Vereinbarung habe es im vergangenen Jahr gegeben.
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