Wissenschaft

Tribologie an der Hochschule Mannheim: Spitzenforschung unter dem Radar

Wohl nur wenige können mit "Tribologie" etwas anfangen. An der Hochschule Mannheim gibt es ein führendes Kompetenzzentrum für die Reibungslehre. Das hat Staatssekretär Andre Baumann besucht - und zeigt sich beeindruckt

Von 
Sebastian Koch
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Jürgen Rigo (v.l.), Torsten Markus und Markus Grebe führen Staatssekretär Andre Baumann und Abgeordnete Susanne Aschhoff in die Tribologie ein. © Hochschule mannheim

Mannheim. Der kleine Motor, der in dem großen Labor in dem kleinen Kasten vor Susanne Aschhoff, Andre Baumann, Marcus Grebe und Jürgen Rigo läuft, ist laut. Die beiden Stäbe an der Maschine bewegen sich vor und zurück. Immer wieder. Für den Moment nie endende, kleine Bewegungen. Vor. Zurück. Vor. Zurück. Wie eine Nähmaschine. Ganz einfach - und doch (vielleicht auch gerade deshalb?) faszinierend. Ja, Wissenschaft ist spannend. Aber sie ist eben auch unübersichtlich.

Da beruhigt es, wenn sich auch manche Expertinnen und Experten der Bedeutung der einen oder anderen Forschung erst nach ein paar Stunden wirklich bewusst zu werden scheinen. „Tribologie ist so etwas wie der neue heiße Scheiß für den Klima- und Umweltschutz“, freut sich Andre Baumann, Staatssekretär im Landesministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, nachdem er das Kompetenzzentrum Tribologie der Hochschule Mannheim zwei Stunden lang besichtigt hat.

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Für den Grünen-Staatssekretär ist der Besuch dabei fast ein Heimspiel: Baumann wurde in Heidelberg geboren und ist Landtagsabgeordneter für Schwetzingen. „Ich bin begeistert, welche Spitzenforschung in der Tribologie an der Hochschule in Mannheim geleistet wird“, sagt er.

Tribo … was?, wird der eine oder die andere nun denken - und ist damit in guter Gesellschaft. Denn so laut und unruhig es in dem Labor ist, so still und leise ist es oft allgemein um die Tribologie. „Selbst manche Kolleginnen und Kollegen wissen mit Tribologie nicht immer etwas anzufangen“, erklärt Markus Grebe dem politischen Gast, der auf seiner Sommertour mit der Landtagsabgeordneten und Parteifreundin Susanne Aschhoff (Grüne) Halt in dem Kompetenzzentrum macht.

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Die Tribologie forscht, grob gesagt, an Lösungen für einen niedrigeren Energieverbrauch, für reduzierte CO2-Emissionen oder für einen geringeren Verschleiß von Maschinen. Dafür beschäftigen sich die Forscherinnen und Forscher mit der Entwicklung effizienterer Motoren oder Hydrauliksysteme, mit Reifenabrieben oder mit Schmierstoffen.

Weniger Materialverschleiß durch passende Schmierstoffe

In der Tribologie geht also darum, Material einzusparen und länger nutzbar zu machen, indem es weniger verschlissen wird. Das dient der Nachhaltigkeit. Für den Klimaschutz sollen Schmierstoffe, die die Tribologie entwickelt, außerdem Reibung reduzieren, die Energie und damit CO2 freisetzen. „Wir optimieren Bewegung“, sagt Grebe, der wissenschaftliche Leiter des Zentrums.

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Natürlich habe er sich auf den Termin vorbereitet, sagt Baumann zu Beginn der Führung. Da räumt er aber bereits ein: „Die Dimension, in der man durch Tribologie Emissionseinsparungen zugunsten des Umweltschutzes vornehmen kann, waren meinem Ministerium und mir in diesem Ausmaß aber nicht bewusst. Das ist hochrelevante Forschung, für deren Anwendung das Ministerium teilweise auch Unternehmen auszeichnet.“

Mannheimer Kompetenzzentrum gehört zu den führenden Instituten

Auch während des Rundgangs durch die Labore ist Baumann und Aschhoff immer wieder die Überraschung anzusehen ob der Fakten, die Grebe und Rigo, der die industrielle Forschung des Zentrums leitet, erläutern. So ließen sich allein durch die Reduzierung von Reibung, ohne dass die Leistung von Maschinen beeinflusst wird, fast 22 Millionen Tonen CO2 einsparen - die entsprechen etwa 6,4 Prozent der von der Bundesregierung bis 2030 erwarteten CO2-Reduzierung. Im Verkehr würden gar etwa 90 Prozent der Partikelemissionen nur entstehen, weil Abriebe von Reifen, Bremsen oder Straßen zu hoch seien.

Trotz dieser Zahlen können in der Tat aber wohl nur die wenigsten etwas mit dem Begriff Tribologie anfangen. Der lässt sich aus dem Altgriechischen mit Reibungslehre übersetzen. „Durch fortschrittliche Schmierstoffe, optimierte Werkstoffe oder innovative Beschichtungen können wir einen erheblichen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, weil sich der Energieverbrauch von Maschinen zum Beispiel signifikant senken lässt“, sagt Grebe.

Er erlebe oft, dass selbst Experten bei der Konstruktion von Maschinen den Schmierstoff vernachlässigen würden, sagt Rigo. „Dabei macht der Schmierstoff beim Verschleiß und der Frage, wie viel Energie eine Maschine verbraucht, sehr viel aus.“

Mit mehr als 50 Prüfständen und der dazugehörigen Messtechnik gehört das Kompetenzzentrum Tribologie zu den führenden und forschungsaktivsten Instituten auf diesem Gebiet und arbeitet mit mehr als 100 Unternehmen zusammen. Die meisten kommen aus der baden-württembergischen Automobil- und Zulieferindustrie. Inzwischen sei das Kompetenzzentrum aber auch weltweit bekannt, so dass zunehmend auch internationale Unternehmen zu den Partnern gehören, erklärt eine Sprecherin der Hochschule.

Aschhoff, forschungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, attestiert der Tribologie in Mannheim, einen „wichtigen Beitrag für den grünen industriellen Wandel“ zu leisten. „Es wird nicht nur geforscht, sondern es werden auch kleine und mittelständische Unternehmen zu Energie- und Ressourceneffizienz beraten“, sagt die Mannheimer Abgeordnete.

„Wir werden die Energiewende nur schaffen, wenn wir in den nächsten Jahrzehnten die Hälfte des Energieeinsatzes einsparen und effizienter werden“, sagt Baumann. Dafür sei die Forschung in Mannheim unverzichtbar. Dem Ministerium jedenfalls dürfte die ganze Dimension der Tribologie nun bekannter sein.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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