Mannheim. Die schwierige Lage in der Baubranche macht nun offenbar auch der Traumhaus AG zu schaffen: Der Wiesbadener Projektentwickler hat ein Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung beantragt. Das hat beachtliche Auswirkungen auf Mannheim. Ein Überblick.
Die Fakten
Ende vorvergangener Woche hat die Traumhaus AG ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. „Nachdem Gespräche über einen Überbrückungskredit oder andere liquiditätsstützende Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung des Konzerns gescheitert sind, droht die Zahlungsunfähigkeit“, teilte das Unternehmen mit. Als Ursache wurde „die mit dem Ukraine-Krieg eingesetzte Kaufrückhaltung von Immobilienerwerbern“ angeführt. Inzwischen hat das Amtsgericht die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet. Damit sei Traumhaus „in der Lage Projekte fortzuführen“, erklärte Vorstandschef Otfried Sinner.
Der lokale Bezug
Der Projektentwickler ist in Mannheim vor allem auf Franklin aktiv: In der Mitte des neuen Stadtteils hatte er bereits vor mehreren Jahren knapp 50 Doppel- und Reihenhäuser verkauft. Bekannt geworden ist der Investor aber hauptsächlich durch die „bunte Siedlung“, die er zusammen mit dem niederländischen Stararchitekten Winy Maas im Teilgebiet Funari geplant hat.
Die „bunte Siedlung“
Hier ist der Name Programm: Die kleinen Reihenhäuser überraschen durch unterschiedliche Formen, Farben und Materialien. Mal ist die Fassade etwa aus blauen Schindeln, mal aus weißem Putz, mal aus naturbelassenem Holz. 53 unterschiedliche Reihenhäuser plus ein Mehrfamilien-, drei Doppel- und zwei Einzelhäuser sind so auf dem östlichen Baufeld entstanden. Die meisten sind – mit einiger Verzögerung – weitestgehend fertig und bezogen. Bei den Außenanlagen gibt es allerdings noch erhebliche Rückstände.
Auf dem westlichen Baufeld, auf der anderen Seite der Georg-Washington-Straße, sollte eine nahezu identische zweite „bunte Siedlung“ gebaut werden. Ursprünglich war geplant, dass sie bis 2024 fertig ist. Vor einem Jahr erklärte Traumhaus, Mitte 2023 werde mit dem Bau begonnen. Doch nun ist das obsolet.
Die Auswirkungen
Traumhaus wird den zweiten Teil der „bunten Siedlung“ nicht bauen. Der Verkauf der Fläche „wird aktuell auf Initiative der Traumhaus AG rückabgewickelt“, teilte ein Sprecher im Namen der städtischen Entwicklungsgesellschaft MWSP mit. In deren Besitz soll das Areal nun wieder zurückfallen. Das bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass das Projekt überhaupt nicht umgesetzt wird. „Wie es mit der Fläche weitergeht, ist noch offen“, erklärte der Sprecher lediglich. Einen neuen Investor dafür gibt es offenbar aber noch nicht. Dafür ist die jüngste Entwicklung wohl noch zu frisch.
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Ob, und wenn ja, welche Folgen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Traumhaus für die erste „bunte Siedlung“ haben werden, lässt sich zurzeit nur schwer einschätzen. „Wir gehen aktuell davon aus, dass der erste Bauabschnitt der ,bunten Siedlung’ wie geplant zu Ende entwickelt wird“, sagte der Sprecher für die MWSP. Dafür spricht, dass Traumhaus angekündigt hat „Projekte fortzuführen“ und Anfang dieser Woche noch an mindestens vier Gebäuden gearbeitet worden ist. Von einem Baustopp kann also keine Rede sein. Gewissheit dürfte allerdings erst herrschen, wenn der vorläufig ernannte Sachwalter – der jetzt das Sagen bei Traumhaus hat – sich in den nächsten Wochen einen Überblick über die Lage verschafft hat und die Gläubiger einem Sanierungsplan zugestimmt haben.
Die Bewohner
Schätzungen zufolge ist das erste Baufeld zu zwei Dritteln bis drei Vierteln bewohnt – hauptsächlich von jungen Familien. Wer sich am Montagnachmittag mit einigen zufällig ausgewählten unterhält, die lieber anonym bleiben möchten, hört Sätze wie: „Wir sind relativ entspannt und gucken, was passiert.“ „Die Situation ist mit viel Unsicherheit verbunden, alle sind eher abwartend.“ „Mal abwarten, was passiert. Ein bisschen Angst hat man natürlich. Aber ich denke, sie kriegen es hin.“ „Wir schlafen ruhig: Wir haben einen finanziellen Puffer und eine Rechtsschutzversicherung.“
Was bei einigen offenbar zur Beruhigung beiträgt: Da der angeschlagene Projektentwickler noch nicht alle vereinbarten Leistungen erbracht habe, hätten sie auch noch nicht alles bezahlt. Wirklich überrascht und schwer getroffen von der Entwicklung wirkt hier niemand – was aber daran liegen kann, dass hauptsächlich diejenigen hier wohnen, deren Häuser schon weitgehend fertig sind. Ein Bewohner berichtet, dass derzeit eine Bestandsaufnahme laufe, welche Arbeiten noch wo auszuführen sind. Ein anderer sagt: „Am Ende werden wir als Eigentümergemeinschaft sicher einen Anwalt einschalten.“
Die Befürchtung
Es gibt allerdings einen Punkt, der noch für Diskussionen sorgen könnte: „Wir sind als Eigentümergemeinschaft vertraglich verpflichtet, die Siedlung zu Ende zu bauen“, erzählt ein Bewohner, „selbst ohne Traumhaus.“ Dazu muss man wissen, dass die gesamte Siedlung eine Eigentümergemeinschaft darstellt: Juristisch gesehen haben die Bewohner also nicht einfach ein Haus gekauft, sondern einen Anteil an dieser Gemeinschaft. Darum sagt eine Frau: „Wenn es blöd läuft, bleiben die Außenanlagen an uns hängen.“
Die Traumhaus AG
Das Unternehmen äußerte sich bislang nicht weiter zu seinen Projekten in Mannheim. Eine am Donnerstag versandte Anfrage wurde bis Dienstagnachmittag nicht beantwortet.
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