Mannheim. Dietmar von Hoyningen-Huene hat in seiner Karriere schon viel bewegt. Am späten Mittwochnachmittag aber ist er selbst bewegt. „Es ist mir in meinem Leben noch nicht so oft passiert, dass es mir die Sprache verschlägt“, räumt er sichtbar und hörbar gerührt auf der Bühne der OPAL ein. Dort wird der langjährige Rektor im Rahmen des Festakts zur Umbenennung der Hochschule Mannheim in Technische Hochschule Mannheim für seine Verdienste um die Einrichtung mit der Hochschulmedaille geehrt – für ihn eine „große Ehrung“ und „wunderbares Geschenk“.
Die Hochschulmedaille ist nicht nur Auszeichnung wie Anerkennung des Lebenswerks des 81-Jährigen. Die Übergabe ist auch emotionaler Höhepunkt des Festakts. Mehr als 600 geladene Gäste applaudieren Hoyningen-Huene mit Standing Ovations. In einem Video hatten zuvor Weggefährten wie der frühere Ministerpräsident Günther Oettinger oder Alt-Oberbürgermeister Peter Kurz Hoyningen-Huene gewürdigt.
Technische Hochschule Mannheim feiert Umbenennung in der Oper am Luisenpark
Hoyningen-Huene hatte die Hochschule von 1985 bis 2007 als Rektor geleitet und war zudem Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz aller Fachhochschulen. Auch danach ist er der Hochschule am Neckarauer Übergang verbunden geblieben, als Stifter oder „wertvoller Berater“ für Angelika Altmann-Dieses, wie die seit Oktober 2023 amtierende Rektorin erklärt. Mit „visionärem Weitblick“ und „großem Engagement“ habe der Verfahrenstechniker die Hochschule geführt. Unter seiner Führung verdoppelte sich die Zahl der Studentinnen und Studenten, und neben vielen Ideen und Reformen wurde die Integration der Fachhochschulen für Gestaltung und Sozialwesen umgesetzt.
Mit der Umbenennung in Technische Hochschule Mannheim (TH) feiert die Einrichtung nun einen weiteren Meilenstein – ausgerechnet in einem Opernhaus. Dort ist die Technik ja eher Nebenrolle, und das Soziale und Kreative im Vordergrund. Doch der TH gehören eben auch weiterhin die Fakultäten für Sozialwesen und für Gestaltung an. Zwar sei es das Ziel, das Profil „als einzige Technische Hochschule in der Metropolregion zu stärken“, erklärt Altmann-Dieses. „Die primär nicht-technischen Disziplinen Sozialwesen und Gestaltung sind dabei aber weiter ein unverzichtbarer Bestandteil, um uns den drängenden Herausforderungen unserer Zeit umfassend stellen zu können.“
Die TH Mannheim gehört zu den forschungsstärksten Hochschulen für angewandte Wissenschaften
Überhaupt spielen an diesem Nachmittag – neben der Chancen, die sich durch die Umbenennung ergeben sollen, allen voran die Schärfung des Profils sowie die stärkere Gewinnung von Interessierten für technische Studiengänge – auch Herausforderungen immer wieder eine Rolle. Das trägt zur Qualität des von Florian Kranefuß, dem Geschäftsführer der HAAS-Mediengruppe, der auch der „Mannheimer Morgen“ angehört, moderierten Festakts bei und sorgt für eine wohltuende Differenzierung der Reden. Das ist im Rahmen eines solchen Festakts nicht unbedingt zu erwarten. Die gesellschaftspolitischen Umstände sind 2025 aber eben auch für Hochschulen kompliziert.
So verweist Ministerialdirektor Hans Reiter darauf, dass die Umbenennung im Rahmen der Hochschulautonomie auf einer eigenen Entscheidung der Hochschule fuße. Mit Blick auf Entwicklungen, allen voran in den USA, „müssen wir die Hochschulautonomie und die Wissenschaftsfreiheit mit allen demokratischen Kräften in Zukunft verteidigen“, sagt Reiter. Weil das Land seit 2019 an Hochschulen für Angewandte Wissenschaft vor allem in Ingenieurwissenschaften außerdem einen Rückgang an Studentinnen und Studenten von 20 Prozent verzeichnet, sei die Profilschärfung ein richtiger Schritt.
Der Präsident der Industrie- und Handelskammer äußert sich in seiner Festrede besorgt. „Wir sind schon lange nicht mehr die Konjunkturlokomotive Europas, sondern vielmehr das Bremskreuz“, kritisiert Manfred Schnabel. Die wirtschaftliche Situation sei geprägt von sinkender Wettbewerbsfähigkeit und fehlenden Strukturreformen. Umso wichtiger sei die Stärke der Region, die durch Vielfalt, wirtschaftliche Kraft und enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik herausrage. Schnabel betont die besondere Rolle der TH als Innovationsmotor. Das kommt gut an. Schließlich sollen an diesem Nachmittag nicht nur Herausforderungen, sondern auch Lösungen eine große Rolle spielen. Am besten solche, die die TH selbst gestalten kann. Die gehöre mit jährlich etwa zehn Millionen Euro an eingeworbenen Drittmitteln schließlich zu den forschungsstärksten Hochschulen Deutschlands, erklärt Schnabel.
Alt-Rektor Hoyningen-Huene will nur mit Nachfolgerin für ein Foto posieren
Das weiß auch Oberbürgermeister Christian Specht, der der TH ein Schild mit einer nach ihr benannten Straße schenkt. Man werde schauen, wo man das im Haus anbringen könne, freut sich Altmann-Dieses. Die TH jedenfalls, das betont Specht, spielt für die Stadt – sei es mit Forschungen, etwa in der Medizintechnik, oder durch ausgebildete Fachkräfte in der Verwaltung – eine große Rolle. Der Platz neben der Feuerwache sei für eine mögliche Expansion für die TH reserviert, sichert er zu.
Auf einem Podium diskutieren Schnabel und Specht mit dem Vorstandsvorsitzenden der MVV, Georg Müller, dem Prorektor für Forschung, Technologietransfer und Internationales, Mathias Hafner, und der Unternehmerin Julia Schaft (BioRN Cluster Management) über Herausforderungen der Transformation in Gesellschaft und Wirtschaft. Sie gehen dabei der Frage nach, wie die TH diesen Wandel mitgestalten könne.
Zurück zu Hoyningen-Huene. Der erzählt von einem Gespräch, das er vor vielen Jahren mit einem ausländischen Studenten geführt habe. „This university is a singing company“, soll er Hoyningen-Huene gesagt haben. Diesen Spirit und diesen Geist solle sich die TH auch in Zukunft bewahren, wünscht sich ihr langjähriger Rektor. Der übrigens bleibt auch an diesem Nachmittag bescheiden. Beim Pressefoto nach dem Festakt besteht er darauf, nur gemeinsam mit Rektorin Altmann-Dieses für dieses zu posieren — und stellt damit, wie in seiner ganzen Karriere, nicht sich selbst, sondern die Hochschule in den Mittelpunkt, die nun Technische Hochschule heißt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-technische-hochschule-mannheim-feiert-umbenennung-_arid,2293187.html