Mannheim. Der Mannheimer Marktplatz erinnert am Mittwochmittag an einen Taubenschlag: Ein Meer von IG-Metall-Flaggen und Plakaten, die Demonstrierende in roten Westen tragen, zieht die Blicke der Passanten auf sich. Rund 3500 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen von 15 Betrieben unter dem Dach von Südwestmetall haben ihre Arbeit niedergelegt, um bei der zentralen Kundgebung der Gewerkschaft dabei zu sein.
Die IG Metall fordert acht Prozent mehr Entgelt mit einer Laufzeit von zwölf Monaten für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie. Die Arbeitgeberseite bietet bisher eine Einmalzahlung in Höhe von 3000 Euro mit einer Laufzeit von 30 Monaten an. Darüber hinaus fordern sie eine Differenzierung tariflicher Sonderzahlungen, ohne Beteiligung der IG Metall.
Einigung oder Scheitern?
Der Großteil der Teilnehmer nahm im Vorfeld an den beiden Demonstrationszügen teil, die sowohl vom Waldhof als auch vom Lindenhof aus den Marktplatz als Ziel hatten. Mit Trillerpfeifen und Tröten machten sie ihrem Unmut Luft. „Wir wollen acht Prozent, schalalala“, sangen sie. „Wir machen Welle für die Tabelle.“ Auf den Plakaten standen Sprüche wie „Gemeinsam sind wir stark“. Die Entschlossenheit war den Beschäftigten ins Gesicht geschrieben.
Mehrere Redner, darunter Thomas Hahl, Erster Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim, sowie Betriebsratsvorsitzende sprachen zu der engagierten Menge. Auch der DGB-Kreisvorsitzende Ralf Heller machte ihnen Mut. „Heute ist Buß- und Bettag“, sagte Hahl. Der Tag erinnere daran, „dass wenn Dinge schieflaufen, man umkehren und sich besinnen muss“. An diesem Donnerstag fand die mittlerweile fünfte Tarifverhandlungsrunde mit dem Arbeitgeberverband Südwestmetall in Ludwigsburg statt.
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Hahl hatte eine Botschaft für den Arbeitgeberverband: „Sie haben die letzte Gelegenheit, mit uns ein Ergebnis hinzubekommen, das akzeptabel ist.“. Ansonsten müsse man bei der großen Tarifkommission das Scheitern der Verhandlungen und somit die Urabstimmung beantragen. Hahl gibt sich optimistisch: „Solidarität gewinnt“, lautete sein Schlachtruf.
Südwestmetall ist nach eigenem Bekunden an einer konstruktiven Lösung interessiert und auch auf einen Einigungsversuch vorbereitet. Der Preis dafür müsse aber für die Firmen dauerhaft bezahlbar bleiben. Für Unternehmen, denen es jetzt schon schlecht gehe, benötige man zwingend ausreichende Entlastungsmöglichkeiten.
Thomas Merz ist erster Betriebsvorsitzender bei Alstom. „Wir sind heute hier, weil wir zum Ausdruck bringen wollen, dass uns die acht Prozent am Herzen liegen“, sagte er. Die Arbeitgeber verstünden keine andere Sprache. „Es war ein starker Wille, der sich hier artikuliert hat. Spätestens diese Sprache sollte man verstehen.“
Nicht nur die Kosten für Energie, sondern auch für Lebensmittel seien gestiegen, monierten die Arbeitnehmer. Es geht ihnen auch um mehr Gerechtigkeit. „Ich hoffe, es gibt eine Einsicht bei den Arbeitgebern“, sagte Daniela Schiermeier, Konzernbetriebsratsvorsitzende bei ABB. Es sei kein finanzieller Notstand bei ihnen ausgebrochen. „Ganz im Gegenteil. Wir haben in der Corona-Zeit gut Geld verdient.“ Im vergangenen Quartal seien es 15 Prozent mehr gewesen. „Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum die Beschäftigten keine acht Prozent Erhöhung bekommen können.“ Der Betrieb könne es sich leisten. „Wir haben inzwischen auch einen Arbeitsmarkt, bei den die Firmen für die Beschäftigten attraktiv sein müssen. Da spielt Geld natürlich auch eine Rolle.“
„Wollen etwas vom Geld abhaben“
Ein Mitarbeiter von John Deere, der anonym bleiben möchte, findet es nicht fair, wenn lediglich „die oberen Zehntausend“ von den Gewinnen profitieren. Denn die Arbeit machen auch die anderen. „Sie sollen Geld verdienen, aber uns nicht vergessen.“ Benjamin, der bei Evobus arbeitet, demonstrierte unter anderem weil es sich für ihn so gehöre. „Es ist Tradition, und es geht nur gemeinsam“, sagte das Gewerkschaftsmitglied.
Das kleine Volk müsse alle Kosten tragen, meinte eine Betriebsratsangehörige von Bopp und Reuther. „Wenn wir kein Geld haben, funktioniert die Wirtschaft nicht.“ „Der Arbeitgeberverband kam nicht mit einem vernünftigen Angebot“, sagte Jürgen Laier, der Betriebsratsvorsitzender von Bopp und Reuther. „Wenn kein Angebot kommt, kann unser Interessensvertreter, die IG Metall, auch nicht verhandeln“, stellte er klar.
Die Arbeitgeber verdienten Geld ohne Ende, betonte Laier. „Sie dürfen gerne gutes Geld verdienen, aber die, die es für sie verdienen, wollen davon auch etwas abhaben“, gab ihm eine Kollegin Recht.
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