Stadtgeschichte

Tafeln erinnern an die einstige Pracht des Mannheimer Schlossgartens

Gleise, Straßen und Radwegen durchschneiden ihn, Beton hat die Vorherrschaft übernommen. Kaum vorstellbar, dass Mannheims Schlossgarten früher mal für seine Schönheit gerühmt wurde - jetzt soll daran erinnert werden

Von 
Peter W. Ragge
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Neue Infotafeln zum Schlossgarten an der Rheinpromenade mit Michael Hörrmann (l.) und Robert Ettlinger. © Thomas Tröster

Mannheim. Gleise durchschneiden ihn, schwarzer Asphalt von Straßen und Radwegen hat an vielen Stellen das Grün verdrängt, Beton die Vorherrschaft übernommen. Kaum vorstellbar, dass früher mal Mannheims Schlossgarten für seine Schönheit gerühmt wurde – denn es gibt ihn kaum noch. Nun soll an seine verschwundene Schönheit erinnert, seine einstige Bedeutung hervorgehoben werden – durch fünf große Informationstafeln, die im Vorfeld der Bundesgartenschau am Rheinufer und an der Mensawiese hinter dem Schloss aufgestellt worden sind.

„Es ist für uns ein Stück Aufgalopp für die Buga“, sagt Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten. Sie wollen 2023 auf dem Spinelli-Areal in der U-Halle einen Schlossgarten im Mini-Format entstehen lassen sowie über historische Gartenarchitektur informieren und darüber, wie der Klimawandel zu schaffen macht.

Noch heute seien die oft barocken Anlagen „äußerst wertvoll für die Erholung einer gestressten Stadtgesellschaft“ sowie für das Klima der Städte, so Hörrmann. Und Verständnis für den Erhalt des kulturellen Erbes früherer Generationen könne man dauerhaft nur wecken, wenn deren Bedeutung auch den künftigen Generationen vermittelt werde, meint der Geschäftsführer. Dass es in Mannheim mal einen prachtvollen Schlossgarten gab, müsse man indes „erst mal wieder ins Bewusstsein rücken“. Ein bisschen wünscht sich das Hörrmann so wie auf dem Hohenstaufen, wohin italienische Touristen pilgern, um die längst geschleifte Stammburg der Staufer zu bestaunen – obwohl kaum noch etwas zu sehen ist.

Der Schlossgarten in der Ära der Großherzogin Stephanie auf einem Aquarell von 1819 von Joseph Paul Karg. © Thomas Tröster

Von Straßen zerschnitten

Und an den Rheinterrassen in der Nähe vom großen Fahnenmast, wo nun drei der Tafeln platziert worden sind, kommen ja immerhin nicht nur viele Besucher der dortigen Gastronomie, Spaziergänger und Jogger vorbei, sondern auch die Fahrgäste der dort anlegenden Flusskreuzfahrtschiffe. Sie sollen erfahren, was für eine herrliche Anlage sich hier früher befand. „Wir stehen auf historischem Boden“, so Hörrmann an den Rheinterrassen. Mannheim sei immerhin „Hauptsitz einer der mächtigsten Dynastien gewesen“, verweist er auf den hohen Rang der pfälzischen Fürsten im Reich. Innerhalb der alten Festung Mannheim sei aber kein Platz für eine repräsentative Gartenanlage gewesen. Doch bereits Kurfürst Carl Philipp, der ab 1720 in Mannheim regierte, ließ zwischen dem Schloss und den Festungsanlagen einen Garten im französischen Stil anlegen. Dafür kaufte er in den Niederlanden 800 Bäume und ließ sie per Schiff nach Mannheim bringen. Sein ab 1742 amtierender Nachfolger Carl Theodor wollte Blumenrabatten, Rasenflächen und Springbrunnen ergänzen – wenngleich in seiner Ära Schwetzingen eine größere Rolle spielte. Als Mannheim ab 1803 an Baden fiel, die Bastionen abgebaut, die Wälle zugeschüttet wurden, beauftragte Großherzogin Stéphanie den Gartenbaudirektor Johann Michael Zeyher, einen Landschaftsgarten im englischen Stil anzulegen, der sich bis zum Rhein, ja bis zum Lindenhof erstreckte. „Und immer war der Garten offen für die Bevölkerung“, hebt Michael Hörrmann hervor.

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Doch die hätten sich zum „Unort“ entwickelt, bedauert der Heidelberger Fotograf Robert Ettlinger. Zwar nimmt er das Wort gleich wieder zurück – aber es ist klar, was er meint: Seit 1865 führen immer mehr Eisenbahn- und Straßentrassen durch den Schlossgarten Richtung Ludwigshafen, wird der Schlossgarten vom Rhein abgeschnitten, nach dem Zweiten Weltkrieg auch der Friedrichspark westlich vom Schloss bebaut. „Aber es war einst eine sehr schöne Landschaft“, entdeckte Ettlinger auf alten Aquarellen, die im Schlossmuseum zu sehen sind. „Ich fand den Gegensatz interessant“, weshalb der auf die Dokumentation von Gegensätzen im Lebensraum spezialisierte Fotograf nun historische Darstellungen mit aktuellen Abbildungen kombiniert. Dabei verließ er sich aber nicht allein auf sein Gespür: Ehe sie aufgehängt wurden, seien die Tafeln mit Vertretern der Bürger-Interessengemeinschaft Lindenhof sowie der Universität besprochen worden, versichert er.

Redaktion Chefreporter

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