„Die neuen Räume sind ganz liebevoll eingerichtet, und die Bibliothek ist wirklich schön geworden“, findet Johanna Schmidt. Die Seniorin gehört zum Vorstand des Freundeskreises der Stadtbibliothek Schönau und unterstützt die Arbeit „ihrer“ Zweigstelle seit Jahren. Dass die Bücherei auf dem Gelände des Johanna-Geissmar-Gymnasiums (JGG) am 1. Dezember wieder öffnen kann, freut die Schönauerin besonders: „In den vergangenen Monaten und durch den Brand ist ja viel passiert.“
Übergangsquartier in Flammen
Zur Erinnerung: Vor mehr als eineinhalb Jahren, am Abend des 14. April 2019, stand die Stadtteilbibliothek in Flammen. Sie war wegen der Sanierungsarbeiten am JGG vorübergehend in der verlängerten Rastenburger Straße untergebracht. Drei Kinder und ein Jugendlicher, alle zwischen zwölf und 14 Jahre alt, hatten das Feuer in dem Übergangsquartier gelegt. Die Vier gestanden die Tat später gegenüber der Polizei.
Nach dem Feuer standen Mitarbeiter und Besucher plötzlich vor dem Nichts: „Das war alles sehr traurig“, erinnert sich Elisabeth Weingärtner, Leiterin der Zweigstelle. Eine Fachfirma hatte versucht, noch einen Teil der Bücher zu retten. „Doch 90 Prozent des Medienbestandes waren unbrauchbar“, so Weingärtner. Die Mobile Bibliothek versorgte das Quartier. Zudem stellte eine Tierarztpraxis in ihren Räumen Rückgabeboxen für Bücher auf, die Mitglieder des Freundeskreises trafen sich privat, um Kontakte zu Lesern zu organisieren.
Inzwischen sind die rundum erneuerten Räume so gut wie fertig, die Regale – für junge Leser sind sie etwas niedriger – eingeräumt. „Es gibt bodentiefe Fenster, und alles ist heller und freundlicher“, sagt Schmidt. „Zudem wurde die Bücherei ganz neu eingerichtet, jetzt muss nur noch die Technik funktionieren“, hofft Weingärtner. Durch die etwas kleineren Räumlichkeiten habe sich der Medienbestand zwar von 20 000 auf 12 000 verringert: „Aber so konnten wir alles etwas lockerer aufstellen, der Trend geht ohnehin eher zu digitalen Medien“, sagt die Leiterin.
Zurzeit liegen in der Bücherei noch bunte Sitzsäcke auf dem Boden, es gibt überall Gelegenheiten, sich niederzulassen: „Aber bis Dienstag muss das alles wieder verschwinden. Wir haben ein Hygienekonzept und derzeit keine Aufenthaltsfunktion“, stellt Weingärtner klar. Nur zwölf Personen, ob Schüler oder Besucher, dürfen gleichzeitig in der Bücherei sein, teilt die städtische Pressestelle mit. Das Hygienekonzept sehe vor, dass „neben der Maskenpflicht und den Abstandsregeln Begegnungen im Eingangsbereich vermieden werden müssen“, so die Stadt. Besucherdaten müssten erfasst werden, zudem gebe es „ein Betretungsverbot für Kontaktpersonen und für Personen, die einschlägige Krankheitszeichen zeigen“.
Wenn die Zweigstelle am 1. Dezember öffnet, wird der Terminkalender Corona-bedingt wohl noch eine Weile leer bleiben: „Veranstaltungen können wir noch nicht durchführen, aber es gibt bereits Gespräche . Wir müssen einfach abwarten, wie es mit Corona weitergeht“, so Weingärtner.
Narren packen mit an
Trotz der vergangenen turbulenten Monate habe es stets Unterstützung von vielen Seiten gegeben: vom Freundeskreis oder von vielen Schönauer Bürgern. „Immer, wenn ich Menschen getroffen habe, wurde mir Hilfe angeboten, das hat mich wirklich sehr gerührt“, sagt die Leiterin. Auch die Fasnachter der Karnevalsgesellschaft Grün-Weiss Schönau packten wie versprochen vor der Wiedereröffnung mit an: Bezirksbürgerdienstleiterin Michaela Diehl hatte den Narren den Rathausschlüssel für die närrischen Tage nur unter der Bedingung gegeben, dass diese der Bücherei helfen.
Statt der geplanten großen Einweihungsfeier, die Corona-bedingt gestrichen werden musste, steht für Besucher ab 1. Dezember ein virtueller Rundgang durch die Bücherei auf dem Programm. Dieser werde über die Webseite der Stadtteilbibliothek abrufbar sein, kündigte die Pressestelle an. Doch wer persönlich vorbeischauen will, ist herzlich willkommen, sagt Weingärtner: „Wir hoffen, dass wir bald wieder zur Normalität finden, und freuen uns auf alle Leser!“
Brand im April 2019
- Am 14. April 2019, kurz nach 20 Uhr, gehen die ersten Notrufe ein: Die Stadtteilbibliothek Schönau steht in Flammen.
- In der verlängerten Rastenburger Straße sind rund 70 Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehr und der Berufsfeuerwehr noch Stunden damit beschäftigt, die Flammen zu löschen. Sie verhindern, dass der Brand auf die Hans-Christian-Andersen-Schule nebenan übergreift.
- Die Polizei vermutet direkt Brandstiftung und liegt richtig: Drei Kinder und ein Jugendlicher gestehen später die Tat. Sie waren bereits einige Tage zuvor in die Bücherei eingebrochen.
- Von 20 000 Medien sind 90 Prozent nicht mehr brauchbar.
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