Denkmalschutz - Streit um ein paar Stahlpfeiler

Stadt verlangt Absicherung des Mannheimer Museumsschiffs

Von 
Peter W. Ragge
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© Pressefotoagentur Thomas Tröste

Mannheim. „Völlig ausgebremst“ fühlt sich Rolf Götz. Der als Bloomaul geehrte Unternehmer kämpft seit Monaten dafür, dass das Museumsschiff saniert und wieder den Bürgern zugänglich gemacht werden kann. Nun mache ihm die Stadt aber plötzlich Auflagen, „die völlig unnötig und für uns auch unmöglich zu erfüllen sind“. Damit, so klagt er, „wird das ganze Vorhaben blockiert“.

Raddampfer „Mainz“

  • Der RaddampferMainz“ war 1929 vom Stapel gelaufen. Er ist mit über 83 Metern der größte historische Raddampfer Deutschlands.
  • Bis zum Zweiten Weltkrieg fuhr er im Auftrag der Köln-Düsseldorfer Rheindampfschifffahrt und überstand unbeschadet Fliegerangriffe.
  • 1980 schenkte die Köln-Düsseldorfer der Mannheimer Gesellschaft zur Förderung des Deutschen Rheinschifffahrtsmuseums das Schiff.
  • Sie sanierte es und schenkte es dem Technoseum. 1986 wurde es als Museumsschiff „Mannheim in Betrieb genommen.

Der von Götz geführte Verein Gesellschaft zur Förderung des deutschen Rheinschiffahrtsmuseums möchte das seit Dezember 2018 geschlossene Museumsschiff übernehmen, denn das Technoseum will sein bisher größtes Exponat (wie mehrfach berichtet) abgeben. Der Gemeinderat steht mit sehr großer Mehrheit hinter diesem Plan, er hat dem Verein auch - ebenso wie Land und Bund - Gelder für Sanierung und Betrieb bewilligt.

Das von Land und Stadt als Träger des Technoseum geforderte Betriebs- und Finanzierungskonzept des Vereins liegt vor. In der nächsten Sitzung soll es dem Stiftungsrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Zwar gebe es offene Fragen, doch dazu stehe man „im Dialog“, erklärt die Stadt. Dann könne die Übertragung des alten Raddampfers als Schenkung an den Verein erfolgen.

„Eine absurde Forderung“

Laut Götz ist sogar jetzt schon alles klar. „Wir könnten morgen zum Notar gehen, unterschreiben und dann loslegen“ - sprich das Museumsschiff auf die Werft nach Köln bringen. Er habe sogar schon die Zusage, dass Frachtschiffe den alten Raddampfer längsseits nehmen und kostenlos den Rhein hinab schleppen. Ein Hindernis aber gebe es noch - ein Schreiben, das die zum Rathaus-Fachbereich Klima, Natur, Umwelt gehörende Wasserbehörde an den Verein schickte.

Sie hält für das Museumsschiff eine neue Erlaubnis nach Paragraf 36 Wasserhaushaltsgesetz/Paragraf 28 Wassergesetz für erforderlich. Voraussetzung dafür sei „eine Sicherung des Schiffs gegen den Schiffsverkehr und den damit verbundenen Kräften“, um Besucher des Museums oder des dortigen Restaurants zu schützen. „Es bedarf daher zusätzlich der Errichtung von Dalben oder einer Spundwand sowie der Verstärkung der Sicherung vonseiten des Ufers“, heißt es in dem dieser Redaktion vorliegenden Brief.

Das würde bedeuten, dass das Museumsschiff nach der Rückkehr von der Werft auf der Seite zur Fahrrinne des Neckars hin mit - im Flussgrund eingerammten - Pfählen versehen wird, die dann einen Rammschutz bilden. „Dieser ist wichtig für die Sicherheit der Besucher des Museumsschiffs“, argumentiert die Stadt auf Nachfrage dieser Redaktion und beruft sich auf das Wasser- und Schifffahrtsamt.

„Das ist eine absurde Forderung“, schimpft Götz: „Es würde ja auch bedeuten, dass wir das Schiff, wenn es so fest eingebaut wird, nie mehr auf die Werft bringen könnten“, wundert er sich. Zudem gebe es solch einen Rammschutz „in ganz Deutschland nicht“, etwa bei anderen Museumsschiffen wie dem Radschlepper „Ruthof“ Regensburg, der im Fahrwasser der Donau liege.

Teure Auflage

Vom Wasser- und Schifffahrtsamt habe er schriftlich die Aussage, dass sich die strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung für den bisherigen Liegeplatz am Neckarufer problemlos verlängere, sobald der Raddampfer auf der Werft war und damit wieder den „Schiffs-TÜV“ hat. Laut Stadt soll nun ein Sachverständiger prüfen, ob auch alternative Sicherungsverfahren verfügbar sind. Drei dazu von unserer Redaktion befragte Experten haben sich aber bereits festgelegt. „Blödsinn“ sagt etwa Ingo Zimmermann, Vorstand der Interessengemeinschaft der Oberrheinlotsen. „Es gibt keine Vorschrift, die das fordert, und die Stelle ist nicht gefährlich - das Museumsschiff liegt doch hinter einem Brückenpfeiler“, so Zimmermann. „In Speyer liegen große Fahrgastschiffe am viel stärker befahrenen Rhein, die sind auch nicht gesichert“, argumentiert er und hält die Forderung für übertrieben: „Da kann man auch verlangen, es gegen Flugzeugabstürze abzusichern“, meint er.

„Vollkommen unnötig und nicht nachvollziehbar“ findet ebenso der als Gutachter tätige Schiffbauingenieur Hans-Josef Braun die Forderung nach Dalben. Es sei bei den heutigen Anforderungen an die nautische Ausrüstung von Binnenschiffen „technisch faktisch nicht mehr möglich, dass der Raddampfer von einem Binnenschiff gerammt werden kann“. Jedes Schiff müsse zudem zwei Rudersysteme haben, wenn eines ausfalle. „Mir ist im gesamten west- und osteuropäischen Raum kein Fall bekannt, wo solche Maßnahmen bei schwimmenden Anlagen gefordert wurden“, sagt er.

Noch weiter geht der Wormser Gutachter Norbert Münch. Weil es sich beim Museumsschiff um eine „schwimmende Anlage“ handele, sei die Stadt gar nicht zuständig, sondern der Bund. Zudem „gibt es keine Vorschriften, dass man so etwas mit Dalben sichern muss, nirgendwo“, urteilt er. Die Befestigungen an Land und die Verankerung müssten gegen mutwilliges Lösen sicher sein - doch das seien sie. Zudem nennt er zwei weitere Gründe. Die Stahlpfeiler würden „die Silhouette des Schiffs vollständig zerstören, das sähe grauenhaft aus“ und wegen der Kosten von über 250 000 Euro das Projekt gefährden, so Münch. „Wenn Mannheim diese Attraktion verliert, wäre das schade, ja eine Schande“.

Redaktion Chefreporter

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