Todesfahrt

Spurensuche nach Mannheimer Amokfahrer führt nach Ladenburg

Alexander S. tötete bei seiner Amokfahrt durch Mannheim zwei Menschen. Aufgewachsen ist der 40-Jährige in Ladenburg. Eine Spurensuche:

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Ermittler der Polizei suchen nach Spuren im Umfeld der Wohnung des mutmaßlichen Amokfahrers von Mannheim in Ludwigshafen. © Ferdinand Merzbach/NEWS5/dpa

Mannheim. Am Montagmittag um kurz nach 12 Uhr rast er mit einem Kleinwagen durch die Mannheimer Innenstadt. Dort ist es voll, der Fasnachtsmarkt lockt die Menschen in die Einkaufsstraße.

Bei seiner Amokfahrt tötet Alexander S. eine 83 Jahre alte Frau und einen 54-jährigen Mann. Mindestens zehn weitere Personen werden teils schwer verletzt. Doch wer ist der Täter, der Mannheim in Trauer und Entsetzen stürzte?

Das ist bisher über den Täter bekannt:

Alexander S. lebte aktuell in Ludwigshafen, nach Angaben der Ermittler ohne Partnerin oder Partner und Kinder. Der ledige Mann ist, das bestätigte die Staatsanwaltschaft, Landschaftsgärtner. Ob er diesen Beruf aktuell ausübte, war noch unklar. Nach Informationen dieser Redaktion wurde der deutsche Staatsbürger in Heidelberg geboren.

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Sebastian Koch
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Gegen Alexander S., der sich laut Polizei bei der Festnahme mit einer Schreckschusswaffe in den Kopf geschossen hat, wurde nun ein Ermittlungsverfahren unter anderem wegen zweifachen Mordes eingeleitet. Der Gesundheitszustand des 40-Jährigen war am späten Montagabend stabil. Er habe aber noch nicht vernommen werden können.

Ein politisches Motiv schließt der Leitende Oberstaatsanwalt Romeo Schüssler Stand jetzt aus. Vielmehr heißt es, dass Alexander S. psychisch krank sein soll. Es gebe Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Täters, weshalb sich die Ermittler auf diesen Aspekt konzentrierten, teilte der zuständige Staatsanwalt in Mannheim mit.

Alexander S. verbüßte Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung

Mit dem Gesetz ist der 40-Jährige allerdings schon vor der Amokfahrt von Mannheim in Konflikt geraten. Oberstaatsanwalt Romeo Schüssler berichtet von Vorstrafen, die schon länger zurückliegen. Etwa eine Trunkenheitsfahrt und eine Körperverletzung, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet wurde. Zuletzt war er 2018 laut Schüssler wegen Hasskommentaren in sozialen Medien aufgefallen.

Alexander S., das hat ein Mitarbeiter des MM recherchiert, hat längere Zeit in Ladenburg gewohnt. Der „Mannheimer Morgen“ hat mit einer Person gesprochen, die in der Nachbarschaft von Alexander S. lebte und dessen frühe Lebensgeschichte ebenso kennt wie Familienangehörige. Die Schilderung der schwierigen Umstände, unter denen S. offenbar aufgewachsen ist, sollen lediglich dazu beitragen, die wohl wesentlich komplexeren Hintergründe der vermutlich von ihm verübten Tat zu erhellen, die bislang zwei Menschenleben gefordert hat.

Ich weiß, dass es eine schlimme Vorgeschichte gibt
Bekannter der Familie des mutmaßlichen Täters

„Es ist mir unerklärlich, wie es zu dieser furchtbaren Tat kommen konnte, und dazu fehlen mir auch sämtliche Worte, aber ich weiß, dass es eine schlimme Vorgeschichte gibt“, sagt die Person, mit der diese Redaktion am Dienstagmorgen telefoniert.

Was diese Person erzählt, ist Folgendes: In zwei verschiedenen Ladenburger Stadtteilen ist der vor 40 Jahren in Heidelberg geborene S. als Kind und Jugendlicher zusammen mit einem Bruder aufgewachsen. Der Vater soll die Mutter mit den beiden Söhnen früh verlassen haben und heute in einer hessischen Stadt leben. Zu ihm haben auch nahe Verwandte so gut wie keinen Kontakt mehr.

Familie von Alexander S. wird abgeschirmt

Nach Informationen dieser Redaktion bemühen sich Ladenburgs Stadtverwaltung und die Kirchengemeinde derzeit darum, alle Angehörigen abzuschirmen. „Ab 2005 habe ich immer wieder mit Alexander gesprochen, auch wenn er mit dem Hund Gassi gehen war“, berichtet jene Person. S. sei „hundeverrückt“ gewesen. Niemals habe sich S. bei diesen Unterhaltungen in irgendeiner Weise politisch geäußert. „Deshalb kann ich mir einen politischen Hintergrund der Amokfahrt kaum oder nur schwer vorstellen.“

Ermittler in der Wohnung des mutmaßlichen Amokfahrers von Mannheim in Ludwigshafen. © Ferdinand Merzbach/NEWS5/dpa

S. soll aber schon länger psychische Probleme haben, sei „schon als Kind auffällig“ gewesen. Eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner soll S. zwar absolviert haben. Doch danach habe er „selten richtig gearbeitet“ und allenfalls Gelegenheitsjobs gehabt. „Drogen, Alkohol und falsche Freunde“ hätten möglicherweise dazu beigetragen, dass S. als Jugendlicher immer mehr abgedriftet sei.

Die Mutter muss als Alleinerziehende zu viel arbeiten, um die Familie über Wasser zu halten und die Miete bezahlen zu können. Die Oma mütterlicherseits kümmert sich nach Kräften um die beiden Enkel. Doch gelingt es dem jungen S. nicht, ins richtige Gleis zu finden.

Wohnung von Alexander S. in Ludwigshafen durchsucht

Nach Informationen dieser Redaktion wurde die Wohnung des mutmaßlichen Amokfahrers von Mannheim am Montagabend bis 21 Uhr durchsucht. Alexander S. Wohnungstür im dritten Stock eines Hauses in Ludwigshafen sieht aus, als wäre sie aufgebrochen worden, es ist am Dienstagmittag kein Siegel der Polizei zu sehen.

Am Montagabend soll auch eine Frau zu dem Haus im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim gekommen sein, um ein paar Sachen abzuholen. Am Dienstag warten viele Medienteams vor dem noch von anderen Menschen bewohnten Mehrparteienhaus. Die Bewohnerinnen und Bewohner reagieren nicht auf die Anfragen der Journalistinnen und Journalisten. Ein Nachbar aus einem Wohnblock ein paar Meter weiter entfernt reagiert auf „MM“-Nachfrage: „Ich bin fassungslos.“

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