Übersetzt aus dem Lateinischen heißt Corona Strahlenkranz oder auch Krone. Wie zutreffend. Eine Königin, ein König trug dieses Utensil auf dem Kopf. Alle konnten erkennen, wer das Sagen hat, die Macht. Corona beherrscht die Welt. Ein kleiner böser Virus regiert – und wie! Die Börse wankt und löst Ängste der Anleger aus. Wirtschaftsunternehmen stehen scheinbar vor dem Ruin oder zumindest vor großen Krisen. Der Ölpreis fällt. Menschengruppen, ganze Landesteile werden isoliert. Großveranstaltungen werden abgesagt trotz der Verluste in Millionenhöhe. Fußballspiele werden zu Geisterspielen. Regale, nein, ganze Läden sind leergekauft. Das Klopapier wird knapp. Milch und Mehl auch. Man hört von Einbrüchen und Überfällen. Erlauben Sie mir die Frage: Warum? Weltweit sterben täglich unzählige Kinder – das Mehrfache derer, die vermutlich am Corona-Virus sterben werden – an Hunger und üblen Infektionskrankheiten, was ohne Weiteres vermeidbar wäre. Wenn sich die Welt anstrengen würde, hätte sie dieses Problem schon gelöst. Weltweit leben Millionen Menschen in höchstgefährlichen, toxischen und unwürdigen Zuständen: in den Slums, den Armutsgebieten, den Gefängnissen der korrupten oder totalitären Staaten. Selten erfahren wir etwas darüber. Vielleicht hin und wieder in Spezialsendungen. Es erschüttert uns nicht mehr. Täglich rasen wir auf den Autobahnen wenige Meter an unserem möglichen Tod vorbei. Dieses Risiko, das ungleich höher ist als die Corona-Gefahr, nehmen wir in Kauf. Wir haben uns dran gewöhnt.
Corona löst Angst aus
Corona erschüttert. Löst Unsicherheit aus. Ja, ich könnte selbst betroffen sein, infiziert werden. Vielleicht sogar daran sterben. Ich selbst. Nicht irgendjemand auf der großen weiten Welt. Die Angst geht um. Verständlich, dass Menschen Angst bekommen. Es wird immer mehr getan, um dieser Infektionskrankheit Herr zu werden. Das ist gut und richtig. Und doch steigt die Zahl der Infizierten weiter an und wird erst mal immer größer. Die Angst geht um, die Kontrolle zu verlieren. Bei Kontrollverlust reagieren Menschen unberechenbar, chaotisch und egozentrisch. Sie sind nicht mehr sie selbst, bekommen körperliche Beschwerden und Stresssymptome.
Angst ist und war schon immer ein schlechter Ratgeber. Obwohl sie für unsere Vorfahren überlebenswichtig war – die Flucht vor dem Säbelzahntiger geschah vor allem aus Angst gefressen zu werden. Auch Jesus kannte Angst. Er ahnte, dass er sterben musste. Im Garten Gethsemane überkam ihn die Angst regelrecht. Und doch hat er seinen Freundinnen und Freunden, mit denen er unterwegs war, immer wieder diesen Satz gesagt: „Habt keine Angst, ich bin bei Euch.“ Er erklärt sich mit denen, die Angst haben, solidarisch. Weil er die Angst selber kennt. Solidarität kann Angst mindern und befreien. Zu wissen, ich bin nicht alleine, und zu glauben, es gibt eine gute Zukunft für mich, kann helfen und heilen.
Vielleicht könnte die Antwort auf die Corona-Krise heißen: Menschen, solidarisiert euch! Nicht jeder Einzelne ist sich selbst der Nächste. Das in und mit sich solidarische Kollektiv wird überleben. Gott ist und bleibt dabei immer an unserer Seite. Ich wünsche uns allen, dass uns die Angst nicht auffrisst. Mir liegt auf der Zunge zu sagen: Bleibt cool, Leute. Es kommt wie es kommt.
Andreas Korol, Diakon der Stadtkirche Heidelberg
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-solidarisiert-euch-_arid,1617242.html