Mannheim. „Man lebt hier recht in den Wollüsten der Musik!“ – was Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock 1775 auf das Mannheimer Schloss bezog, passte nun zur Pfingstbergkirche. Dort bot der Richard-Wagner-Verband einen Abend zu Ehren von Carl Theodor, der dieses Jahr 300 Jahre alt würde. Es war ein rundum vergnüglicher Abend mit hochkarätiger Musik sowie amüsant dargebotener historischer Information.
„Es war eine recht gute Idee“, bilanzierte Monika Kulczinski, die Vorsitzende des Wagner-Verbandes, den Abend – und kräftiger Applaus in der bis auf den letzten Zusatzstuhl besetzten „Glaskirche“ gab ihr Recht. Pfarrer Hans-Jörg Jörger hatte sie für den ungewöhnlichen Abend zur Verfügung gestellt, der weder Konzert noch Vortrag war, sondern beides prima kombinierte. Und der Beifall fiel „kräftiger aus als am Vorabend im Opal“, wie ein Besucher anmerkte, der die Premiere in der neuen Opern-Ersatzspielstätte ebenso miterlebt hatte wie nun den Abend zu Ehren von Carl Theodor.
Dessen Lebensweg vom neunjährigen Waisen, der zuvor auf dem Schloss der Urgroßmutter lebte und nun in Mannheim auf sein Amt als Nachfolger des kinderlosen Carl Philipp vorbereitet werden sollte, zum Kurfürsten mit großer Liebe zu Kunst und Wissenschaft ließ Alexander Wischniewski Revue passieren. Schließlich ist er nicht nur zweiter Vorsitzender des Wagner-Verbandes, sondern Mitautor eines Buches über das Schloss und versierter Führer, besonders in der Schlosskirche. Er zitierte nicht nur Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock, sondern noch viele andere Zeitgenossen mehr, die sich alle einig waren: „In Mannheim wurde die damals angesagteste Musik gemacht!“
Wischniewski erläuterte auch, wie dazu Geld der reichen italienischen Familie Medici beitrug und was es mit den „Mannheimer Manieren“ und der „Mannheimer Rakete“ auf sich hat – also den in der „Mannheimer Schule“ entwickelten musikalischen Stilmitteln. Aber auch die unsägliche Rolle der als intrigant geltenden Ehefrau Elisabeth Augusta verschwieg er nicht.
Streichervirtuosen und Solisten aus der Oper
Von zwei hübschen Barockdamen – Yannika Kuhlmann und Victoria Fendel – einer Heidelberger Rokoko-Tanzgruppe flankiert, schlüpfte Wischniewski gar in das Kostüm des 300 Jahre alten Regenten. Da ermahnte er die „geliebten Untertanen“, den von ihm hinterlassenen „unendlichen Schatz“ der kulturellen Einrichtungen zu pflegen: „Haltet mir das Theater in Ehren!“ Sehr bedauerte er, dass an das 1795 abgebrannte Hofopernhaus hinter dem Schloss-Westflügel nicht einmal eine Gedenktafel erinnert.
Umso mehr erfreute ihn wie das Publikum die „Pfingstberger Musikalische Akademie“. Mit diesem Titel in Anlehnung an die Musikalischen Akademien im Rittersaal adelte Wischniewski das von Robert Frank, 30 Jahre Erster Konzertmeister des Nationaltheaterorchesters, angeführte Quartett. Die Streichervirtuosen mit Georg Metz am Klavier begeisterten die Zuhörer – instrumental und als Begleiter von vier Opernsolisten. Ilya Lapich (Nationaltheater), Evgenia Selina (Pfalztheater), Nataliia Shumska und Ilja Aksionov (Opernstudio Nationaltheater) stimmten Arien aus beliebten Mozartopern wie „Zauberflöte“, „Figaros Hochzeit“ oder „Don Giovanni“ an, sangen und spielten sich schnell in die Herzen der Gäste.
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