Weltalphabetisierungstag

So macht die Mannheimer Abendakademie auf Analphabetismus aufmerksam

Es ist ein mutiger Schritt, den die Teilnehmenden der Grundbildungskurse der Abendakademie gehen: Wie sie beim Weltalphabetisierungstag darauf aufmerksam machen, dass viele Menschen nicht lesen und schreiben können

Von 
Eva Baumgartner
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Schnippeln für den Weltalphatag: Matthias (v.l.), Abendakademie-Geschäftsführerin Susanne Deß, Kursleiterin Sabine Batra, Antigona, Alena, Sabine, Helga Hufnagel (Grundbildungszentrum) und Gülüstan. © Eva Baumgartner

Mannheim. Schon auf dem Weg zur Küche im Erdgeschoss der Abendakademie riecht es verführerisch: Hier sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Grundbildungskurse „Lesen und Schreiben“ und „Buchstäblich fit“ eifrig dabei, Zwiebeln, Paprika und Koriander zu schnippeln, mit Hackfleisch anzubraten und die Masse anschließend in Weinblätter zu füllen. Gemeinsam mit der Leitung der Abendakademie und des dort angesiedelten Grundbildungszentrums machen sie auf den Weltalphabetisierungstag aufmerksam, der jedes Jahr am 8. September stattfindet.

Auftrag der Sensibilisierung

Auch Gülüstan ist vor Ort, von ihr kommt das Rezept für die gefüllten Weinblätter, sie heißen Sarma. Dieses und weitere Rezepte hat die Mannheimer Abendakademie zum Weltalphabetisierungstag gedruckt. Mit diesem Kochbuch sollen die Menschen darauf aufmerksam gemacht werden, dass in Deutschland rund 6,2 Millionen erwachsene Menschen nicht richtig lesen und schreiben können, in Mannheim sind es mindestens 30 000 Männer und Frauen. „Und wir sind das Grundbildungszentrum für die Region, unser Auftrag ist es, die Menschen zu sensibilisieren“, sagt Susanne Deß, Geschäftsführerin der Abendakademie Mannheim.

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Freilich: Analphabeten lesen in den wenigsten Fällen Tageszeitung: „Doch es gibt Menschen in ihrem Umfeld, die wir darauf aufmerksam machen können, dass es dieses Problem mitten unter uns gibt“, sagt Helga Hufnagel vom Grundbildungszentrum. „Und diese sollten auf Zeichen achten, hellhörig werden, wenn Menschen in der Familie oder auf der Arbeit beispielsweise nie etwas lesen wollen oder sagen, dass sie ihre Brille brauchen und diese aber nie dabeihaben“, beschreibt Susanne Deß das ausgeklügelte System, das sich viele Betroffenen schaffen. „Und sie haben ja trotzdem viele Kompetenzen, die wir zeigen wollen. Man braucht auch Kreativkurse, um Selbstbewusstsein zu schaffen, das bekommt man in der Theorie nicht hin.“ Und Helga Hufnagel fügt hinzu: „Die Teilnehmenden können so auch voneinander lernen, wenn sie sich austauschen.“

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Matthias, Alena, Antigona, Sabine und Gülüstan, die in der Küche zwei Rezepte aus ihrem Kochbuch zubereiten, haben den wichtigsten Schritt geschafft: Sie haben sich überwunden, die Kurse zu besuchen und lernen als Erwachsene das, was sie aus verschiedenen Gründen in ihrer Kindheit und Jugend nicht konnten. Und nicht nur bei der Erstellung des Kochbuchs, sondern auch bei der Zubereitung steht Grundbildung im Mittelpunkt: „Wir brauchen das doppelte Rezept“, fordert Kursleiterin Sabine Batra zum Rechnen auf - auch das ist wichtiger Bestandteil der Kurse.

Vorbild sein

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen an diesem Tag jedenfalls gerne mit den Mannheimerinnen und Mannheimern ins Gespräch. Vor allem, als sie ihre Speisen an Interessierte im Foyer der Abendakademie ausgeben. Sie wollen Vorbild sein, und das ist wichtig und richtig - nicht nur an diesem Tag.

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

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