Mannheim. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Dort, wo man vor der Tiefgarage unter dem Hauptbahnhof bisher seinen Parkschein ziehen konnte, klebt ein weißes Blatt Papier. Unter der Überschrift „Ticketloses Parken“ steht darauf: „Bitte bezahlen Sie vor dem Ausfahren am Kassenautomaten durch Eingabe Ihres Kennzeichens.“ Damit wäre eigentlich alles erklärt. Aber, aus eigener Erfahrung: Wer da in Eile reinfährt, weil er jemanden zum Zug bringen oder abholen will, wirft nur einen flüchtigen Blick darauf und denkt: „Hä? Kein Parkschein? Hoffentlich komme ich hier wieder raus!“
Im persönlichen Fall hat das zum Glück problemlos geklappt, die kostenlosen 15 Minuten waren noch nicht überschritten. Wie es funktioniert, wie man erst noch am Automaten bezahlen muss, führt auf Bitte des "Mannheimer Morgen" einige Tage später Markus Olschewski von den Mannheimer Parkhausbetrieben (MPB) vor.
Buchstaben und Zahlen sind direkt nacheinander einzutippen
Auf dem Display steht: „Bitte Kennzeichen vollständig eingeben und hier drücken.“ Olschewski tippt die Nummer seines Dienstwagens, „MAPB67E“, alle Buchstaben und Zahlen direkt nacheinander. Dann berührt er den blauen Balken auf dem Touchscreen. Der fällige Betrag - 50 Cent kostet die erste halbe Stunde - wird angezeigt. Sobald man bezahlt hat, öffnet sich bei der Ausfahrt die Schranke automatisch, indem wie bei der Einfahrt erneut das Nummernschild gescannt wird.
Wann welche Parkhäuser folgen
- Die Mannheimer Parkhausbetriebe (MPB) stellen nach und nach alle ihre Häuser auf reine Kennzeichen-Erkennung um. Parkscheine haben dann ausgedient.
- Den Anfang machten im Juli die Tiefgarage unter dem Hauptbahnhof sowie der Busbahnhof und die dortigen Parkhäuser P1 und P2. Im August und September sollen die in U 2, G 1 sowie C 1 folgen.
- 2025 sind die Parkhäuser beziehungsweise -plätze am Klinikum, in Stadthaus, Marchivum, C 5/D 5 sowie P3 und P4 in der Nähe des Hauptbahnhofs dran.
- In Phase 3 kommen 2026/27 die Restlichen: SAP Arena, City Airport, Musikpark, Wasserturm/Kunsthalle, H 6, M 4a, N 6 sowie P5 am Hauptbahnhof.
- Der Großparkplatz P20 am Maimarktgelände ist schon seit der Bundesgartenschau umgerüstet, wurde zuletzt aber mit herkömmlichen Parkscheinen betrieben. sma
Letzteres geschieht auch in anderen Parkhäusern, etwa in Q 6/Q 7. Doch bezahlt wird dort noch mit Tickets. In der Tiefgarage unter dem Hauptbahnhof dagegen läuft es nun komplett papierlos. Es sei denn, bei der Einfahrt kann ein Kennzeichen, vielleicht ein ausländisches, nicht richtig erfasst werden. In solchen Fällen soll der Automat wie bisher noch einen Parkschein ausspucken.
Die MPB führt das neue System nach und nach in all ihren Mannheimer Parkhäusern ein
Das neue System wird die MPB nun nach und nach in all ihren Parkhäusern installieren. Die Kosten beziffert Olschewski mit insgesamt rund vier Millionen Euro. Die bisherige Technik sei ohnehin teilweise veraltet und müsse ausgetauscht werden. Und für Kunden sei die Umstellung einfach komfortabler, weil sie nicht mehr mit dem Parkschein herumhantieren müssten. Auch fielen die Probleme weg, wenn jemand seinen verloren habe.
Das Ganze bedeute ja auch einen Fortschritt in Sachen Digitalisierung, sagt Olschewski. Einige Länder seien da viel weiter. Auch andere Kommunen setzten zunehmend auf Parkhäuser ohne Parkscheine.
Vom Automaten klingt „Was ist denn das für ein Sch . . .“ herüber
Die Begeisterung bei den Kunden scheint allerdings noch ausbaufähig. Das zeigt sich während des Gesprächs mit dem MPB-Sprecher und seiner Azubi-Kollegin Emilia Soyka sehr eindrucksvoll. Von den Bezahlautomaten klingt etwa „Was ist denn das für ein Sch . . .!“ herüber, oder „Wo ist da der Bindestrich?“. Dann hilft Olschewski. In diesem Fall mit dem Hinweis, dass nach dem „MA“ für Mannheim direkt die folgenden Buchstaben anzufügen sind.
Das eben noch fluchende Ehepaar, Klaus-Dieter und Uta Luderer, dankt für die Erklärungen. Wie gefällt ihnen das neue System? „Solange er da steht, ist alles okay“, sagt der Mann und deutet auf Olschewski. Ansonsten täten sie sich, beide über 80 Jahre alt, mit solch neumodischer Technik schon eher schwer.
Eine andere Kundin, Annette Thermann, ärgert sich, dass sie nur mit Karte zahlen kann. „Die muss ich jetzt wegen 50 Cent extra rauskramen!“ Olschewski erklärt ihr, an einer anderen Kasse werde auch Bargeld genommen. „Wo steht das?“, fragt die Frau genervt. Er deutet auf ein Schild unter der Decke. Thermann nennt das alles gewöhnungsbedürftig. Eine andere Kundin, Stefanie Seyfert, zeigt sich dagegen nach Olschewskis Einweisung begeistert: „Super, finde ich total gut!“
Einige Kunden kommen auch allein und sehr schnell am Automaten zurecht
Etwa jeder dritte Kunde kommt beim rund halbstündigen Besuch des "Mannheimer Morgen" auch allein und sehr schnell zurecht. Bei täglich rund 1500 Ein- und Ausfahrten in diesem Parkhaus dauere es einfach eine Weile, bis sich alle mit dem - in der zweiten Juli-Woche installierten - System zurechtfänden, meint Olschewski. Der Unmut halte sich noch im erwartbaren Rahmen. Immer wieder seien auch Mitarbeiter vor Ort, um wie er gerade bei Problemen zu helfen. Man bemühe sich zudem bei Bedarf um Nachbesserungen. So solle die Erklärung bei der Einfahrt künftig auf einem Display stehen, nicht mehr auf angeklebten Zetteln.
Bei der Bundesgartenschau erprobte die MPB parkscheinloses Parken neben dem Maimarktgelände, wo Besucher ihre Autos abstellen sollten. Bei vielen Gästen von weither habe das jedoch recht schlecht funktioniert und sei daher abgebrochen worden, berichtet Olschewski.
Auf Spinelli gibt es das System ebenfalls, sogar ohne Schranken
Am Buga-Gelände auf Spinelli gibt es das neue System nun ebenfalls. Das dortige Parkhaus, das der GBG gehört, hat mittlerweile sogar nicht mal mehr Schranken - als Erstes in Mannheim, so auf Anfrage Stefanie Pietruska, Sprecherin der Wohnungsgesellschaft. Zwar sieht man darin nur selten Autos stehen. Allerdings ist es ja auch vor allem für die Mieter der geplanten Wohnungen und die Beschäftigten des entstehenden Grünhofs gedacht.
Aktuell wird dieses Parkhaus laut Pietruska in erster Linie bei Veranstaltungen in der „Spinelli Kitchen“ genutzt. Dann betrage die durchschnittliche Dauer zwei bis vier Stunden. Sollte jemand vor dem Rausfahren nicht bezahlen, ohne Schranke ja leicht möglich, droht per Post eine Vertragsstrafe von 25 Euro. Die habe man aber noch nie verhängen müssen, teilt die Sprecherin mit. Die Kunden seien sehr zuverlässig.
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