Politik

So erlebte Mannheims SPD-Politikerin Isabel Cademartori den Wahltag in Brasilien

Isabel Cademartori hat auf Einladung von Lula da Silva den Endspurt der Wahl vor Ort verfolgt. Die Mannheimer SPD-Abgeordnete sieht in Brasilien einen Partner für Deutschland, der politisch aber vor Problemen steht

Von 
Sebastian Koch
Lesedauer: 
Wird von seinen Anhängern gefeiert: Brasiliens neuer Präsident Luiz Inacio Lula da Silva. © Andre Penner/dpa

Mannheim/São Paulo. Hunderttausende säumen die Straßen São Paulos. Die Stimmung ist ausgelassen, sogar ein Feuerwerk gibt es. „Das war ein bisschen anders als ein Wahlabend in Deutschland“, schildert Isabel Cademartori (Bild) am Montag. Die SPD-Bundestagsabgeordnete, die sich politisch auch auf Lateinamerika spezialisiert hat, war von Freitag bis Montag auf Einladung von Lula da Silva in Brasilien, um ihn im Endspurt der Wahl gegen Jair Bolsonaro zu unterstützen.

Die hat Lula von der Arbeiterpartei PT, zu der die SPD laut Cademartori eine „sehr lange Zusammenarbeit pflegt“, am Sonntag auch gewonnen: 50,9 Prozent der Stimmen vereinte der Herausforderer auf sich, 49,1 Prozent der Rechtsaußen Bolsonaro - der knappste Ausgang einer Präsidentschaftswahl seit 1985. „Brasilien stand wirtschaftlich, klimapolitisch und im Kampf für die Demokratie am Abgrund“, sagt Cademartori, die Lula beim letztem Wahlkampfauftritt begleitet hat.

Hoffen auf mehr Klimaschutz durch da Silva

„In der Politik mit Brasilien geht es immer auch um Klimaschutz.“ Die Abholzung des Regenwalds sei unter Bolsonaro „extrem“ angestiegen. „Wenn das nicht gestoppt wird, sind Anstrengungen für Klimaschutz in Deutschland und Europa vergebens.“ Und angesichts des Kriegs, der Isolation Russlands und der „schwierigen Situation in China“ würde Brasilien in der deutschen Außen- und Handelspolitik eine wichtige Rolle spielen. Die Sozialdemokratin erhofft sich von Lula „eine aktive Rolle Brasiliens in der Handels- und Klimaschutzpolitik“.

Die Mannheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori. © ©Maurice Weiss/Ostkreuz

Cademartori spricht von einer „sehr gespaltenen Gesellschaft“, die sie erlebt habe. Lula hatte noch am Sonntag zur Einheit aufgerufen. Cademartori berichtet von Einschätzungen, dass „30 plus x Prozent“ zum „harten Kern Bolsonaros“ zählten, die Lula „weiter total ablehnen“. Der Präsident müsse nun zum einen das Land einen, zum anderen einen Nachfolger aufbauen. Der 77-Jährige, der bereits von 2003 bis 2011 Präsident war, hatte angekündigt, nur für eine Legislaturperiode zu kandidieren. „Es wird schwer für Lula, jemanden so zu etablieren, um bei der nächsten Wahl zu bestehen.“

„Es werden weiter Zweifel gesät“

In TV-Duellen hatten sich beide Kandidaten stark angegangen. „Der Wahlkampf war dystopisch für eine Demokratie“, meint Cademartori. Bolsonaro habe etwa über Soziale Medien „tief in die Gesellschaft hinein Spaltung und Lügen verbreitet“, sagt sie. „Das ist internationales Wissen, das auch bei uns eine Gefahr werden kann.“ Ähnlich wie Donald Trump vor den Wahlen in der USA hatte Bolsonaro im Vorfeld Zweifel an der Auszählung gesät und damit kokettiert, das Ergebnis nicht anzuerkennen.

Drohen US-amerikanische Verhältnisse in Brasilien? „Darauf müssen wir uns einstellen“, fürchtet Cademartori. Bis dato hat sich Bolsonaro - im Gegensatz zu Vertrauten, die das Ergebnis anerkannt haben - nicht geäußert. Zwar glaube Cademartori nicht, dass Bolsonaro zu Demonstrationen aufruft. „Es werden aber weiter Zweifel gesät, um den Boden für die nächste Wahl zu bereiten.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen