Mannheim. Am 9. Juni finden in Mannheim Wahlen statt. Bei Kommunalwahlen dürfen Jugendliche ab 16 Jahren seit 2014 mit abstimmen und seit diesem Jahr erstmals auch gewählt werden. Bei der Europawahl dürfen 16-Jährige dieses Jahr zum ersten Mal ihre Stimme abgeben. In der Neckarstadt-West, wo die Wahlbeteiligung in der Regel nur zwischen 15 und 20 Prozent beträgt, will der Förderverein Campus Neckarstadt-West den fehlenden Zugang junger Menschen zu politischen Entscheidern ermöglichen und das Wissen über die eigenen demokratischen Rechte verbessern.
Zu diesem Zweck sind im Februar 29 Schülerinnen und Schüler aus der Marie-Curie-Realschule und der Humboldt-Werkrealschule zusammen mit Mitarbeitenden der Landeszentrale für politische Bildung und Mentorinnen des Campusprojekts zum Europäischen Parlament in Straßburg gefahren. „Wir haben viel darüber gelernt, was dort passiert“, berichtet Mentorin Aydan Ucar über die Sitzungen des Europaparlaments. Die 16-Jährige zeigte sich beeindruckt vom Alltag eines Abgeordneten, mit dem sie dort geredet hatten, aber auch von der sprachlichen Leistung der dort tätigen Dolmetscher.
Mannheimer Jugendliche treffen Oberbürgermeister und diskutieren mit Kandidaten vor den Wahlen
Das Interesse der Schüler sei groß gewesen, berichtet Koordinatorin Amely Wagner. „Es wären bestimmt gern doppelt so viele Jugendliche mitgekommen“, sagt sie. Die Anzahl der Besucher sei aber durch das Europaparlament begrenzt gewesen.
Auch die 17-jährige Mentorin Özge Yildiz meint, dass das Interesse ihrer Mitschüler an Politik recht groß sei. Sie hätten den Abgeordneten viele Fragen gestellt. Es sei für die Jugendlichen nicht alltäglich, sich die Besprechungen vor Ort in verschiedenen Sprachen anhören zu dürfen. „Wenn man das 1:1 vor Augen hat, ist das auf jeden Fall cooler, als sich ein Arbeitsblatt oder ein Buch durchzulesen“, findet Yildiz.
Mentorin Sama Ibrahim, die wie Yildiz und Ucar auch im Organisationsteam des Campusprojekts ist, kann bei den Jugendlichen keine Politikverdrossenheit feststellen. Bei der Demonstration gegen die AfD in Mannheim seien viele ihrer Klassenkameraden von der Integrierten Gesamtschule Herzogenried (IGMH) und aus der Neckarstadt-West vor Ort gewesen. „Das Interesse ist geweckt, aber bis sie sich trauen, raus zu gehen und etwas zu machen, dauert es ein bisschen“, sagt die 17-Jährige.
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An diesem Dienstag, 12. März, ist die Gruppe der insgesamt rund 20 Mentorinnen sowie mehrere Schüler der Marie-Curie-Realschule und der Humdboldt-Werkrealschule bei der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats dabei. Sie werden im Vorfeld Oberbürgermeister Christian Specht treffen, und auch Gespräche mit Stadträten und Kandidaten zur Gemeinderats- und Europawahl sind geplant. „Viele sind sehr aufgeregt, dass sie selber wählen dürfen“, berichtet Ibrahim. In den Klassen werde darüber geredet, welche Parteien die Jugendlichen mehr ansprechen und welche weniger. „Wir Schüler freuen uns sehr, dass wir mitwählen dürfen.“
So blicken die Schülerinnen und Schüler auf das politische Interesse
Projektleiterin Wagner ist überzeugt, dass das Kennenlernen des OB und der Besuch im Gemeinderat erneut großen Eindruck bei den Jugendlichen hinterließen - und durch die Erzählung zu Hause mehr politisches Interesse in den Familien entstehen werde. Ihr und den drei Mentorinnen ist es wichtig, auch andere im Quartier von politischer Teilhabe zu überzeugen.
„Ich finde es sehr wichtig, sich politisch zu engagieren. Wir sind die neue Generation, und wir werden hier leben“, meint Özge Yildiz. Sie kenne viele, die sich nur beschwerten, aber nichts dagegen tun würden. Sie will lieber mitwirken - und auch Leute motivieren. „Politik ist nicht schwer oder anstrengend. Eigentlich ist es voll einfach: Man muss nur ein Kreuz setzen und kann mitbestimmen.“
Sama Ibrahim kann das Desinteresse vieler älterer Bewohner der Neckarstadt-West ein Stück weit nachvollziehen. Bei der jüngeren Generation sehe es jedoch anders aus. „Da wir hier leben, ist es für uns wichtig, wer Deutschland regiert und welche Parteien da sitzen.“ Alle drei Mentorinnen sind sich einig: Es sei gar nicht so wichtig, dass die gewählte Partei auch gewinne. „Hauptsache, man tut etwas, statt dass die Falschen an die Macht kommen und es dann hier nicht mehr so cool ist.“
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