Mannheim. Pläne von Stadt und Land, die Universität zu erweitern und dazu den Schlosspark teilweise zu bebauen, sorgen damit weiter für Unmut. So sind nicht nur zahlreiche Einsprüche gegen das vom Gemeinderat beschlossene Verfahren (Bebauungsplan Nr. 11.44) im Rathaus eingegangen. Das Aktionsbündnis „Rettet den Friedrichspark“ wendet sich jetzt an die politisch Verantwortlichen - allen voran an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Ihr Appell: „Das in jeder Hinsicht unsinnige Vorhaben der Landesbehörden zu stoppen.“
Ein „Weiter so“ dürfe es jedenfalls nach der Coronakrise nicht geben, erinnern die Unterzeichner die neue grün-schwarze Regierung an ihr selbst gewähltes Motto. Alles Handeln müsse man zurecht dem Klimaschutz unterordnen. Vor allem die Innenstädte seien Veränderungen unterworfen, die man nicht ignorieren könne. So sei der Flächenbedarf für Einzelhandel und Büros infolge von Home-Office stark unter Druck oder rückläufig. Gleichzeitig gebe es ein breites Interesse der Bevölkerung an Mitsprache und daran, die Aufenthaltsqualität zu verbessern und Erholungsräume zu schaffen.
Pläne überholt
Doch in Mannheim würden sämtliche Experten-Empfehlungen hinsichtlich des Grünzugs Süd - wie etwa das Landesprogramm „Klimopass“, die Gehl-Studie ect. - ignoriert, Parkanlagen vom Rhein zur Stadt trotz wachsendem Hitzestress in der City weiter eingeschränkt.
Das Verfahren und die Gegner
- Land und Stadt haben in einem Planungsprozess Möglichkeiten erarbeitet, den Friedrichspark nach Abriss des Eisstadions 2021 aufzuwerten und bauliche Entwicklungsperspektiven für die Universität zu entwerfen.
- 2017 wurde ein städtebaulich-landschaftsplanerischer Wettbewerb veranstaltet. Empfohlen wurde eine Bebauung entlang der Bismarckstraße. Diese Pläne wurden von Mitgliedern der Architektenkammer kritisiert.
- Der Rahmenplan wurde überarbeitet, ein Klimagutachten eingeholt. Auf A 5 möchte die Uni ab 2022 ihr Rechenzentrum bauen. Mindestens zwei Gebäude sollen entlang der Bismarckstraße 2026 fertig werden.
- Der Gemeinderat hat dazu im März 2020 den Bebauungsplan „Entwicklung des Friedrichparks und der Universität Mannheim“ aufgestellt.
- Zum Aktionsbündnis „Rettet den Friedrichspark“ gehören: die Architekten Peter Fischer, Johannes Striffler, Winfried van Aaken und Hartwig Theobald, Dekan Karl Jung, die Bürgervereine Innenstadt West und Östliche Innenstadt, das Netzwerk Kapuzinerplanken, der Verein Friedrichsplatz sowie der Verein Stadtbild und die Werbegemeinschaft City Mannheim. Sie alle plädieren für eine Wiederherstellung des Parks als Beitrag zur Stadtreparatur.
„Klimarelevante, unbebaute oder freizeitgenutzte Flächen werden zur Erweiterung der Universität herangezogen und mehrgeschossig bebaut, Brachflächen des Landes am Hafen sowie frei werdende Bauten in den Quadraten nicht genutzt“, heißt es in dem Schreiben. In jeden Fall, so die Mannheimer BDA-Architekten Johannes Striffler und Winfried van Aaken, seien solche Pläne aus 2016/17 überholt und nicht mehr aktuell. Zum Schloss als Alleinstellungsmerkmal gehöre nun mal zwingend der Schlossgarten und sicher kein Baugebiet im Park, das den historischen Stadtgrundriss nachhaltig beschädigen würde - zumal es sich um mehrgeschossige Gebäude handle, die noch dazu in Richtung Parkmitte gerückt worden seien. Das gilt laut Aktionsbündnis auch für das Quadrat A 5 mit dem geplanten Rechenzentrum der Universität. Nicht nur, dass Blickbeziehungen auf historische Bauten, wie Sternwarte und Jesuitenkirche, verbaut würden. Auch müsse man mit zusätzlichen Umweltbelastungen wie Wärme und Lärm durch Kühlaggregate in der dicht bewohnten Oberstadt rechnen. „Wir verkennen nicht den Entwicklungsbedarf der Universität, aber: Alternativen liegen auf der Hand und bieten sich geradezu an“, heißt es in dem Schreiben an die Landesregierung mit der Bitte, zu handeln.
Die Stadt erarbeitet derzeit für den Bereich zwischen Schloss, Bismarckstraße und Parkring einen Bebauungsplan. Hintergrund ist die Absicht der Universität, im Anschluss an das Schloss entlang der Bismarckstraße maximal drei Erweiterungsgebäude neu zu bauen und dabei auch den Friedrichspark nach Abriss des Eisstadions einzubeziehen.
Die Freiflächen würden nicht nur deutlich vergrößert, sondern es entstünde auch eine zusammenhängende Parkfläche, die durch die Erweiterungsbauten geschützt würde, argumentiert die Stadt. Die bauliche Nutzung mit einer großzügigen Fußgängerachse zur Universität könnte den Park beleben und für soziale Kontrolle sorgen. Außerdem werde ein attraktiver Campus für die Uni geschaffen. Durch einen Abriss des Flyovers (Brücke) in der Zukunft könnte der Park noch vergrößert werden. Anstelle der Neubauten bestehende Grundstücke und Gebäude in der City zu nutzen, wie es die Gegner vorschlagen, lehnt die Stadt bisher als zu teuer und langwierig ab. Unabhängig davon will man aber mit dem Land Möglichkeiten einer mittelfristigen Entwicklung am Verbindungskanal prüfen.
Andere Flächen vorhanden
Das Aktionsbündnis sieht hingegen im angeblichen Kompromiss eine „historische Fehlentwicklung“. Alle zuvor unter Mitwirkung der Stadtverwaltung erstellten Studien - wie blau-mannheim-blau, das Entwicklungskonzept Innenstadt sowie der Werkstattbericht Stadtentwicklung des bürgerschaftlichen Arbeitskreises von 1997 - hätten sich dafür ausgesprochen, den Friedrichspark künftig frei zu lassen. Und selbst das von der Stadt eigens beauftragte Klimagutachten (Ökoplana) komme zu dem Schluss: „Aus klimaökologischer Sicht wäre ein Verzicht auf zusätzliche Baumaßnahmen im Bereich des Friedrichsparks das Optimalziel.“ Diese Variante (Null-Simultation) gelte es im Übrigen hinsichtlich der Auswirkungen auf das Stadtklima noch zu untersuchen.
„Es gibt andere Flächen in Uninähe, wo man schnell Gebäude errichten könnte“, sind Striffler und van Aaken überzeugt. Sie verweisen zum Beispiel auf das Grundstück am Parkring gegenüber von A 5. Von Anfang an hätten Stadt und Land diese Lösungen ausgeschlossen. Das Aktionsbündnis fordert daher, vorhandene Alternativen zu prüfen. Denn, so Striffler: „Das Schloss ist ohne Schlosspark nur die halbe Miete“.
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