Die Hotel-Landschaft rund um den Hauptbahnhof gerät stark in Bewegung. In den nächsten Monaten sollen dort zwei neue Häuser eröffnen. Ein Traditionshaus, der "Basler Hof", ist zwar geschlossen worden - aber es wird komplett saniert, kehrt an den Markt zurück. Und in den Planungen für das Postgelände sieht Diringer & Scheidel auch ein Business-Hotel mit rund 200 Zimmern vor. Dann, so sagen Branchenvertreter, wäre der Markt aber gesättigt.
Ein neues Hotel entsteht dort, wo lange ein Ärgernis, ja ein Schandfleck war: das alte "Rhein-Hotel" an der Ecke Tattersallstraße/Heinrich-Lanz-Straße. Ein Bauträger wollte es 2008 zu einem vornehmen "Stadtpalais" mit teuren Eigentumswohnungen umwandeln. Doch die Firma ging pleite, übrig blieb eine Dauerbaustelle, die immer mehr verfiel, zum Müllabladeplatz verkam, wo sich Ratten tummelten.
Seit zwei Jahren aber tut sich etwas. Die Heidelberger Projektentwickler Erhard & Stern Real Estate, zuletzt vor allem in der Oststadt tätig, kauften das denkmalgeschützte Gründerzeithaus und entschlossen sich zur kompletten Kernsanierung.
Teure Sandsteinfassade
"Wir haben allein 300 000 Euro in die Wiederherstellung der schönen alten Sandsteinfassade, die ja noch Kriegsschäden hatte, gesteckt", berichtet Architekt Daniel Stern. Insgesamt investierten die Eigentümer nach seinen Angaben fünf bis sechs Millionen in das Haus: "Der Dachstuhl wurde neu aufgebaut, viel zu dünne Decken verstärkt, alle Installationen erneuert, und wir haben manche Überraschungen in dem alten Bau erlebt", berichtet er.
Entstanden ist ein modernes Design-Hotel mit dem Namen "Syte", das von den Heidelberger "Hospitality Guys" betrieben wird. Die Leitung übernimmt Johannes F. Groebler, der im Hamburger "East" gelernt hat. Derzeit liegen die Bauarbeiten in den letzten Zügen. "Mitte, spätestens Ende März", so Groebler, soll das neue Vier-Sterne-Haus mit 39 - durchweg klimatisierten - Zimmern eröffnet werden.
Bar mit DJ und Restaurant
Man wolle aber "ein bisschen anders, individueller" sein als andere Hotels, so der Direktor. "Die klassische Rezeption mit Tresen gibt es nicht. Wir empfangen die Gäste im Livingroom, der rund um die Uhr besetzt ist" - und alles sein soll: Bar oder auch Lounge mit wohnlichem Charakter, doch zugleich mit Discokugel und Pult für einen DJ.
Je nach Tageszeit könne man es sich dort auf breiten, tiefen Ledersesseln bequem machen, Musik lauschen, einen Drink nehmen oder mittags "klassische Gerichte wie frische Salate, Steaks, Burger, Schnitzel" essen. Gerade wegen der zentralen Lage direkt am Bahnhof wolle man sich mit dem Haus "auch an die Mannheimer wenden", so Groebler.
Die Zimmer würden "bewusst klassisch, edel und dunkel gehalten" mit erlesenen, schweren Stoffen, Leder und dunklem Holz. Zwölf der 39 Zimmer haben eine eigene Küchenzeile. Bilder an den Wänden erinnern an große Mannheimer Erfindungen, die Bettwäsche ist mit Quadraten versehen. Zu den Zimmern kommen ein Fitnessraum, eine kleine Bibliothek mit Kamin, zwei Tagungsräume sowie eine "Eventküche", die man für Feste oder Meetings mieten, dort selbst kochen oder sich bekochen lassen kann.
Nur wenige Meter weiter, in der Heinrich-Lanz-Straße, planen die gleichen Investoren, die gleichen Betreiber ab Herbst ein weiteres Haus mit dann 43 Zimmern unter dem Namen "Staytion". "Das geht mehr Richtung Budgethotel, mit drei Sternen", so Groebler.
Weitere Pläne am Bahnhof
Seit dem Jahreswechsel geschlossen hat dagegen der "Basler Hof". "Das Haus wurde von meinem Vater 1961 als Hotel Tattersall gekauft und um zwei Etagen aufgestockt", erinnert sich Sohn Berthold Baßler. "Als in die Zukunft blickender Geschäftsmann ließ mein Vater bereits Zimmer mit eigenem Badezimmer mit Badewanne bauen und wurde dafür mit Erstaunen von seinen Kollegen gefragt, wer sich dieses wohl leisten könne", weiß Baßler. Nach dem Tod des Vaters wurde er Pächter des ihm und seinen drei Schwestern gehörenden Hauses. Die wollten das Hotel aber nicht mitbetreiben, und allein konnte er durch den "rasanten Fortschritt besonders im technischen Bereich (Internet, HD-TV) und nicht zuletzt wegen gesetzlicher Vorschriften das Haus in dieser Form mehr nicht wirtschaftlich betreiben", begründet er den Verkauf.
Übernommen haben es die Betreiber des "Guesthouse" in O 7. "Wir sind noch in der Planungsphase, wollen es aber auf alle Fälle wieder als Hotel eröffnen - völlig saniert, auf heutigem Stand", so Markus Gehl zum "MM". Doch man müsse mit einem Jahr Bauzeit rechnen.
Der Bedarf dafür sei da, so Achim Ihrig, Vorsitzender des Vereins "Hotels im Quadrat". Rechne t man noch die beiden von Diringer & Scheidel geplanten Großprojekte in Q 6/Q 7 sowie am Hauptbahnhof dazu, sei nach deren Realisierung "dann langsam die Grenze erreicht", sprich der Markt gesättigt.
Hotels in Zahlen
Laut Statistischem Landesamt gibt es in Mannheim 58 Beherbergungsbetriebe mit 6959 Betten. Dazu werden aber auch Gasthöfe, Pensionen, Jugendherberge und Campingplätze gezählt.
Als Hotels nennt die Statistik 22 Betriebe mit 3843 Betten, als Hotels garni 18 mit 1458 Betten.
2013 gab es in Mannheim 1,15 Millionen Übernachtungen, im Jahr zuvor 1,16. Die Auslastungsquote lag zuletzt in Mannheim bei 62,7 Prozent., die durchschnittlich erzielte Zimmerrate bei 85 Euro ohne Frühstück.
Die letzten Neueröffnungen waren 2013 das "Luxa" (U 1, zuvor P 5/Fressgasse), das "Wyndham" mit 151 Zimmern, (früher Wartburg), der Speicher 7 (20 Zimmer) und das Hotel Corniche mit 31 Zimmern (Industriestraße).
Im Quartier Q 6/Q 7 ist ein Vier- Sterne-Superior-Hotel mit 225 Zimmern geplant. Es wird als "Radisson Blu" ein neues Flaggschiff von Carlson Rezidor, einem der weltweit größten Hotelkonzerne, sein. Betreiben will es die Diringer & Scheidel-Tochter Ariva Hotel GmbH.
Auf dem Postareal am Hauptbahnhof will Diringer & Scheidel neben Wohnungen für Senioren, Studenten-Apartments sowie Büroflächen ein Business-Hotel mit rund 200 Zimmern realisieren. pwr
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