Capitol - Sarotti-Schriftzug mit Werbetafeln voraussichtlich einige Wochen nicht zu sehen

Sarotti-Mohr vorübergehend verhüllt

Von 
Angela Boll
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Mannheim. Neuer Akt im Drama um den Sarotti-Mohren über der Capitol-Bar: Die umstrittene Leuchtreklame wird voraussichtlich mehrere Wochen, mindestens aber bis 8. März, nicht sichtbar sein. Sowohl die früher gelb leuchtenden Buchstaben der Schokoladen-Marke wie auch die prägnanten Tafeln mit dem berühmt-berüchtigten Mohren sind nun in Jute gehüllt und mit Schnüren verpackt.

Capitol-Geschäftsführer Thorsten Riehle präsentiert am Mittwoch-Mittag die Installation von Georg Veit allerdings nicht als endgültige Lösung, sondern als vorübergehende künstlerische Interpretation. Anlass dieser Darbietung sei zum einen die anhaltenden Diskussionen um den Sarotti-Mohren, zum anderen der Beginn der „Aktionstage gegen Rassismus im Capitol“.

Bewusste Auseinandersetzung

Die Veranstaltungsreihe sei aufgrund der Debatte um die Leuchtreklame entstanden, berichtet Riehle. Im Oktober 2018 war während einer Veranstaltung der Flüchtlingsinitiative „Mannheim sagt ja!“ Teilnehmern der Veranstaltung der Sarotti-Mohr als „problematisch“ aufgefallen. In der Folge gab es zahlreiche hochemotionale Reaktionen in den sozialen Netzwerken, aber auch Gespräche in einem sogenannten Beratergremium. Im Frühjahr 2019 hatte das Capitol erstmals zu Veranstaltungen unter dem Motto „Kein Platz für Rassismus“ eingeladen. Im November traf Riehle, trotz anhaltender Diskussion, die Entscheidung, den Sarotti-Mohren an Ort und Stelle zu belassen.

In der Auseinandersetzung, die vor allem in den sozialen Netzwerken sehr emotional geführt werde, hätten sich zwei Meinungen herauskristallisiert, erklärt Riehle am Mittwoch bei der Kunstpräsentation. Die einen wollten den Sarotti-Mohren behalten, andere sehnten sein Verschwinden herbei. „Es herrscht eine scheinbare Unvereinbarkeit“, gibt Riehle seinen Eindruck wieder. Das Capitol habe nun bewusst einen ganz anderen Weg gewählt. Mit der aktuellen Installation wolle man die Auseinandersetzung mit dem Thema am Laufen halten. Zum gegebenen Zeitpunkt – festlegen möchte sich Riehle noch nicht – werde die Werbeanlage dann auch wieder enthüllt, kündigte er an. Und spätestens zu den nächsten „Aktionstagen gegen Rassismus“ werde das Capitol eine weitere künstlerische Interpretation im Umgang mit dem Sarotti-Mohren präsentieren.

Neben Georg Veit, dem künstlerischen Leiter des Capitols, stünden bereits zwei weitere Künstler aus der Region und deren Werke für die Veröffentlichung fest. Namen wollte Riehle nicht nennen. Die Sarotti-Werbeanlage komplett zu entfernen, komme für ihn nicht infrage, betont Riehle: „Wir möchten irritieren, wir gehen bewusst in die Auseinandersetzung. Das Entfernen löst das Problem ja nicht.“ Dass sich nach der Enthüllung erneut Menschen beim Anblick des Sarotti-Mohren diskriminiert fühlen könnten, „das nehme ich in Kauf“, so der Capitol-Chef. Er sieht die Verhüllung als eine Art „Mahnmal“, als „Stolperstein“ – „keiner kann uns in Abrede stellen, dass wir bei diesem Thema nicht das Gespräch gesucht haben“.

Grünen-Stadtrat Gerhard Fontagnier, der die Diskussion um den Sarotti-Mohren mitinitiiert hatte, betrachtet die vom Capitol vorgestellte „Lösung“ kritisch. „Diejenigen, die sich davon rassistisch berührt fühlen, werden sich nicht damit zufrieden geben, wenn die Werbetafel einfach nach ein paar Wochen wieder enthüllt wird“, ahnt er. Er hätte sich gewünscht, dass der Sarotti-Mohr dauerhaft verdeckt oder am besten komplett entfernt wird. „Von dieser Vorgehensweise bin ich nicht begeistert“, fügt er hinzu.

Viel Projektionsfläche

Für Künstler Georg Veit garantiert sein Kunstwerk vor allem eines: Platz für Diskussionen. Deshalb habe er bewusst hellen Stoff zum Verhüllen ausgewählt: „Das bietet Projektionsfläche.“ Die Schnüre seien vor allem aus einem Grund schwarz: „Schwarz spricht nicht. Alle anderen Farben drücken etwas aus. Und das wollte ich nicht.“

Dass der Sarotti-Mohr bald wieder für einige Zeit enthüllt sein wird und erst danach wieder künstlerisch umgestaltete werden soll, nage auch an ihm, gibt er zu. „Das Original dazwischen beißt“, so umschreibt er es, „und es fordert heraus. Und das ist es ja, was wir wollen.“

Die Geschichte des Sarotti-Mohren

  • Die 1852 eröffnete, orientalisch dekorierte „Confiseur-Waren-Handlung Felix & Sarotti“ in Berlin wird 1872 in die Mohrenstraße verlegt.
  • Zum 50-jährigen Firmenjubiläum am 27. August 1918 wird das neue Markenzeichen angemeldet: ein Mohr mit Pluderhosen, Schnabelschuhen, Turban und Tablett.
  • Später trägt er mal eine Flagge, mal ein Tablett. In den 1960er Jahren wandert der Sarotti-Mohr von der Mitte der Verpackung auf das Medaillon.
  • 1998 übernimmt Stollwerck die Marke von Nestlé, rückt den Mohren zunächst wieder in den Vordergrund.
  • 2004 verwandelt Stollwerck den Mohren in den Sarotti-Magier; schlanker, Gesicht und Hände in Gold getaucht statt Schwarz, balanciert er auf einer Mondsichel und jongliert mit Sternen.
Mannheim

„Aktionstage gegen Rassismus im Capitol“

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Redaktion Lokalredakteurin, Gerichtsreporterin, Crime-Podcast "Verbrechen im Quadrat"

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