Mannheim. Um 17.15 Uhr brennt die Sonne auf den Mannheimer Marktplatz. Doch das hält am Montag rund 8000 Menschen – wie die Polizei schätzt – nicht davon ab, sich zur Kundgebung einzufinden. Dazu aufgerufen hat ein Bündnis aus Oberbürgermeister, Gemeinderatsfraktionen und Religionsgemeinschaften. Sie wollen ein Zeichen für Frieden und Zusammenhalt in dieser Stadt setzen.
Überraschend angereist ist auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Ihr Stuttgarter Amtskollege Thomas Strobl (CDU) und Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) sind ebenfalls da.
Der evangelische Dekan Ralph Hartmann spricht zur Begrüßung von einer entsetzlichen Gewalttat, die sich im „Herzen unserer Stadt ereignet“ habe. Ausgerechnet wieder am Marktplatz, der jetzt von einem hier nie gesehenen Polizei-Großaufgebot bewacht wird. Dabei galt er bis Freitag manchen gar als Symbol für Polizeigewalt, weil hier vor zwei Jahren ein psychisch Kranker nach Faustschlägen ums Leben kam.
Doch mit dem 29-jährigen Beamten, der nun von einem mutmaßlichen Islamisten mit Messerstichen getötet wurde, bekommt der Marktplatz plötzlich eine ganz andere Symbolik. Auch wenn beide Vorfälle nur eines gemein haben: Der eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Den heftigsten Applaus gibt es für die Redepassagen mit Polizei-Lob
Christian Specht spricht den Hinterbliebenen sein tiefes Mitgefühl aus und der Polizei mehrfach seine höchste Wertschätzung. „Unsere Gesellschaft tut gut daran, den Beamtinnen und Beamten genauso wie den Einsatzkräften von Feuerwehr und Rettungskräften die Wertschätzung und Dankbarkeit entgegenzubringen, die sie verdienen.“ Bei der Polizei gewidmeten Passagen ist der Applaus besonders laut.
In seiner eindringlichen Rede hofft der CDU-Oberbürgermeister auf eine harte Strafe für den Täter. Dem 25-Jährigen aus Heppenheim, 2014 aus Afghanistan nach Deutschland gekommen, wirft er einen verstörenden und empörenden „Missbrauch unserer Humanität“ vor.
Specht warnt aber auch vor falschen Schlüssen. „Wir lassen uns nicht spalten von Menschen“, für die Merkmale wie Religionszugehörigkeit, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung „Ausschlusskriterien unserer Gesellschaft“ seien. Mannheim stehe dafür, wie Menschen unterschiedlichster Herkunft in Frieden zusammenleben könnten.
Weil sie solche Worte hören wollen, sind etwa Rolf Höge aus Sandhofen und seine Begleiter gekommen. „Die Spaltung der Gesellschaft nimmt immer zu“, klagt er. Auch Desi Fontanella ist vor allem hier, um für „ein friedliches Miteinander einzustehen“. Khalil Khalil, der den Arbeitskreis islamischer Gemeinden in Mannheim leitet, äußert die Befürchtung, die schreckliche Bluttat an dem Polizisten könne ein „Nährboden für Hass und Hetze“ werden.
Auch damit das nicht passiert, sprechen die Vertreter der großen Religionsgemeinschaften nacheinander ihre Gebete auf der Bühne. Dann legen sie gemeinsam Blumengebinde vor dem Brunnen nieder. Strobl, der als einziger außer Specht eine kurze Rede hält und dem Oberbürgermeister für die klaren Worte dankt, Aras und Faeser gehen mit. Die Bundesinnenministerin allerdings auf Krücken, angeblich ein Bänderriss vom Treppensteigen. Dann sind die prominenten Gäste wieder weg. Und als sich weit nach Ende auch die Polizei zurückzieht, gibt es nochmal warmen Applaus.
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