Mannheim. „Es war ein Zufall“, erinnert sich Carola Hoécker. Aber als sie dann merkte, dass sie auf der richtigen Spur war, dann wollte sie nicht nachlassen. „Ich saß bis 5 Uhr morgens ’dran“, erinnert sich die Heidelberger Historikerin an den besonderen Moment. Sie hat ein historisches Bild entschlüsselt und darauf bekannte Mannheimer identifiziert. Darüber hält sie am Donnerstag, 26. September, 19 Uhr einen Vortrag, wo sie mehr Details verraten will.
Es handelt sich um ein großformatiges Ölgemälde über den Durchzug der Freischaren in Lörrach am 20. April 1848 und damit „ein zentrales historisches Ereignis während des ersten Badischen Aufstands“, so die Historikerin. Gemalt wurde es von Hofmaler Friedrich Kaiser, einem der bekanntesten Illustratoren der Revolution in Baden 1848/49, der in Karlsruhe, Paris und München ausgebildet wurde. Sein Bild ist bereits im Oktober 1848 im Karlsruher Kunstverein ausgestellt worden, also kurz nach dem Ereignis.
Es hing zuletzt zeitweise im Haus der Geschichte Baden-Württemberg und in der Schirn Frankfurt. Immerhin handele es sich „um eines der wenigen Gemälde, auf dem ein zeitgenössischer Künstler die Revolution 1848 in Deutschland zwischen friedlichem und gewaltsamem Radikalismus repräsentativ dargestellt hat“, so die Historikerin. Heute befindet sich das Werk als Leihgabe im Dreiländermuseum Lörrach. „Es gleicht einem Wimmelbild“, sagt Carola Hoécker über die unzähligen Personen, die auf dem Bild zu sehen sind.
Ein Kämpfer für die Freiheit und die Republik
Sie zu entschlüsseln, war zunächst gar nicht ihre Absicht. Zunächst befasste sie sich für eine Forschungsarbeit nur mit dem ehemaligen Freischärler, Abgeordneten des Badischen Landtages und dann des Reichstags Markus Pflüger, Mitgründer der 1871 in Mannheim entstandenen Rheinischen Hypothekenbank. Der wiederum hat seinerzeit enge Kontakte zu Revolutionsführer Gustav Struve, ab 1836 Rechtsanwalt in Mannheim und als Publizist einer der Kämpfer für Freizeit und Republik. 1831 war er Teilnehmer an den Verhandlungen des Bundestages in Frankfurt, 1848 ruft er in Lörrach die Republik aus, fordert in einem Manifest „Wohlstand, Bildung, Freiheit für alle“.
Zunächst ist es Carola Hoécker gelungen, Struve mitten auf dem Gemälde zu entziffern, dann auch den Maler selbst mit seiner Familie und weitere Schlüsselfiguren „Erst vor wenigen Wochen habe ich auch, direkt hinter Struve, seine Frau Amalie Struve entdeckt“, so die Historikerin.
Dann stellte sie einen weiteren Mannheimer Bezug fest: Die Schwester des Malers, die mit ihrem kleinen Sohn porträtiert ist, heiratete in die Hitzig-Pfarrerdynastie ein und starb in Mannheim. Ihr Sohn wurde Stadtpfarrer an der Trinitatis-Kirche. Damit sind drei Hitzig-Generationen auf dem Gemälde vertreten: der Großvater, ein enger Freund Johann Peter Hebels, der Sohn und der Enkel Wilhelm Hitzig, später Stadtpfarrer in Mannheim.
Als Carola Hoécker die ganzen Zusammenhänge Kunsthistoriker Andreas Krock, Sammlungsleite Gemälde an den Reiss-Engelhorn-Museen, erzählte, erkannte der sofort, wie interessant das ist. Er stellte dann den Kontakt zum Mannheimer Altertumsverein her. Nun wird die Historikerin am Donnerstag im Florian-Waldeck-Saal im Museum Zeughaus C 5 in seiner Vortragsreihe sprechen. Der Eintritt ist frei.
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